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Eine Versammlung von Krähen (German Edition)

Eine Versammlung von Krähen (German Edition)

Titel: Eine Versammlung von Krähen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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löste sich. Der lose Fleischlappen baumelte von der Hand der schwarzen Gestalt, während dessen Besitzer über die Straße segelte und nach einer harten Landung auf Gesicht und Brust über den Asphalt schlitterte. Er zuckte noch einmal, blieb aber liegen. Die dunkle Gestalt rannte zu ihm und ging neben ihm auf die Knie. Melanie schob die Vorhänge wieder zusammen, wich zu Tode erschrocken vom Fenster zurück und biss sich auf die Unterlippe, um nicht zu schreien.
    Sie war vor einem Jahr aus New Jersey nach Brinkley Springs gezogen, um sich ihren Traum von einem kleinen Reiterhof samt Pferdezucht zu erfüllen. Neben den günstigen Grundstückspreisen hatte sie auch die Kleinstadtmentalität angelockt, die sich angenehm von der Borniertheit vieler Ostküstenbewohner unterschied. Dann allerdings schlug die Wirtschaftsflaute mit voller Härte durch, sodass ihre Träume von einem eigenen Zuchtbetrieb vorläufig zerplatzten. Stattdessen hockte sie in einem schäbigen kleinen Bauernhaus fest, in dem es im Winter zog wie Hechtsuppe und im Sommer die Insekten das Regiment übernahmen – und das alles in einem Kaff, das jeden Tag ein bisschen mehr zu sterben schien. Heute Nacht schien die Entwicklung ihren Höhepunkt zu erreichen. Nach den Geräuschen draußen zu urteilen, wurde die Kleinstadt förmlich hingerichtet. Von der Landkarte radiert.
    Auf der Straße kehrte für einen Moment Stille ein. Nach wie vor zitternd schlich Melanie auf Zehenspitzen in die Küche und holte ein großes Fleischermesser aus der obersten Schublade. Sie hatte vermutet, sich besser zu fühlen, wenn sie eine Waffe in die Hand bekam – irgendeine Waffe –, aber stattdessen verspürte sie den Drang, sich zu übergeben. Sie kehrte ins Wohnzimmer zurück. Die Anzeige auf dem schnurlosen Telefon war nach wie vor erloschen. Kein Strom.
    Melanie ertappte sich bei dem Gedanken, dass die moderne Technik oft eher Fluch als Segen war. Alte Telefone mit Wählscheibe funktionierten auch bei Stromausfall. Wobei … Als sie vorhin versucht hatte, per Handy die Polizei zu verständigen, tat ihr auch das batteriebetriebene Gerät nicht den Gefallen, zu funktionieren. Nichts weiter als ein Stück Elektronikschrott.
    Schweigend stand sie da und sehnte sich etwas herbei, was die Stille durchbrach. Das Ticken ihrer Kuckucksuhr. Das Klingeln eines Telefons. Das Motorengeräusch eines vorbeifahrenden Autos. Das Zwitschern eines Vogels. Das Kläffen eines Hundes. Alles wäre ihr lieber gewesen als die beklemmende Ruhe, die sich abrupt über die Stadt gelegt hatte. Na ja, auf einen weiteren Schrei würde sie gerne verzichten. Sie glaubte nicht, dass sie noch einen davon verkraftete. Vielleicht war der Mann in Schwarz verschwunden. Vielleicht war der fette Kerl in den Flanellboxern tot. Vielleicht war es deshalb so still draußen – der Mörder war weitergezogen, um sich sein nächstes Opfer zu suchen.
    Was, wenn er sie ins Visier genommen hatte? Was, wenn sie als Nächste auf seiner Todesliste stand? Was, wenn er sie hinter den Vorhängen bemerkt hatte und nun auf ihrer Veranda stand oder sogar durch das Fenster hereinspähte? Sie behielt das Messer in der Hand, zog ihren rosafarbenen Bademantel enger und vergewisserte sich, dass sämtliche Vorhänge im Haus zugezogen waren.
    Wenn er da draußen ist, überlegte sie, kann ich durch den Türspion spähen. Dann kann ich ihn sehen, er mich aber nicht .
    Nein, doch er würde sie hören. Die Holzdielen rings um die Tür neigten zum Knarren, wenn man darauftrat. Das musste sie um jeden Preis vermeiden. Vor ihrem geistigen Auge entstand die Vision eines schwarz gekleideten Wahnsinnigen, der ihr durch das Guckloch einen Eispickel in die Pupille rammte.
    Ihr Zittern verstärkte sich. Sie schlich zur Eingangstür und näherte sich langsam mit dem Gesicht dem Türspion. Melanie seufzte vor Erleichterung, als sie erkannte, dass niemand auf der Veranda stand – ein Seufzen, das ihr sogleich im Hals stecken blieb, denn der Mann in Schwarz war gerade damit beschäftigt, den Eingang des Hauses auf der anderen Straßenseite aufzubrechen. Er holte mit einem schwarzen Schuh aus und verwandelte das massive Eichenholz gleich beim ersten Versuch in Zunder.
    Mit wallendem Mantel stieg er über die Trümmer hinweg und verschwand im Inneren. Sie hielt den Atem an und wartete darauf, dass er wieder herauskam oder Geschrei einsetzte – doch beides blieb aus. Melanie versuchte, sich zu erinnern, ob derzeit jemand in dem Haus wohnte. So viele

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