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Eine Versammlung von Krähen (German Edition)

Eine Versammlung von Krähen (German Edition)

Titel: Eine Versammlung von Krähen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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wie mit einem Florett. »Husch! Weg!«
    Als sie den Schirm senkte, waren die Vögel verschwunden. Fünf identische Männer hatten ihren Platz eingenommen, alle vollständig schwarz angezogen. Sie schienen sich lediglich in der Körpergröße zu unterschieden. Einer von ihnen hob die Hand und sprach. Seine Stimme erinnerte an eine rostige, quietschende Türangel.
    »Hallo.«
    Melanie blieb nicht einmal Zeit, ein weiteres Mal zu schreien.
    Randy erwachte frierend, durchnässt und vollkommen verwirrt. Sein Schädel brummte. Die Schmerzen schienen sich in seinen Schläfen zu bündeln. Er schlug die Augen auf und sah sich mit dem Anblick des Nachthimmels konfrontiert. Stecknadelkopfgroße Sterne funkelten ihm entgegen. Er lag auf etwas Hartem. Straßenpflaster? Asphalt? Randy zitterte in der nasskalten Luft. Was tat er hier draußen? Und was war das für ein furchtbarer Geruch?
    Stöhnend quälte er sich in eine aufrechte Haltung. Hände, Hose und T-Shirt fühlten sich klebrig an. Stirnrunzelnd blickte er auf die Feuchtigkeit hinab und stellte fest, dass es sich um Blut handelte. Überall lagen Trümmer herum.
    Das Blut stammte nicht von ihm. Ihn entsetzte dennoch, wie viel es davon gab. Es sickerte aus dem demolierten Auto, war auf die Straße geströmt und …
    Mit einem Schlag kehrte seine Erinnerung zurück.
    Randy sog die kalte Luft ein, vergrub das Gesicht in den blutigen Händen und brüllte – er stieß klägliche, unverständliche Laute aus, bis sich seine Kehle ganz wund anfühlte. Er wünschte, ihn würde wieder eine gnädige Ohnmacht umfangen, doch das geschah nicht, also brüllte er weiter. Randy hörte erst damit auf, als er über sich etwas flattern hörte. Erschrocken schaute er auf und bemerkte eine kleine Fledermaus. In seinem Garten hatte er die Biester häufig beobachtet, aber ihm war nicht bewusst gewesen, dass sie dermaßen flott fliegen konnten. Dieses Tier raste förmlich durch die Luft. Sekunden später krachte es gegen die unsichtbare Barriere. Wie ein Stein fiel es zu Boden und platschte auf die Straße. Randy erkannte, dass der Aufprall die Fledermaus getötet hatte. Sie war zu schnell unterwegs gewesen, genau wie Stephanie und Sam.
    Er wischte sich die Nase ab und rang ein Schluchzen nieder. Im Augenblick konnte er nichts für sie tun. Nicht für Stephanie. Nicht für Sam. Nicht für seine Eltern. Für niemanden.
    Während Randy zusah, stieg eine dünne Rauchsäule vom Kadaver der Fledermaus auf und kräuselte sich gen Himmel. Die formlose, flüchtige Schwade verharrte einen Moment lang, dann wurde sie wie von einem Magneten in Richtung der Barriere gezogen. Kurz blitzte Licht auf, dann verschwand die weiße Ranke – worum auch immer es sich gehandelt haben mochte – spurlos. Randy überlegte einen Augenblick und gelangte zu dem Schluss, dass ihm sein Kreislaufkollaps womöglich das Leben gerettet hatte. Sonst wäre er genau wie die Fledermaus der unsichtbaren Begrenzung zum Opfer gefallen.
    »Was zum Geier ist hier los? Was ist das für eine verdammte Scheiße?«
    Randy starrte die tote Fledermaus an. Sie war bei Weitem nicht das einzige verendete Tier, das am Fuß der Barriere lag. Etliche tote Vögel bedeckten den Boden – Rotkehlchen, Spechte, Spatzen, Krähen, Tauben, Finken und sogar eine weiße Ente. Und es waren nicht nur Vögel. Er registrierte einen Rotfuchs, zwei Murmeltiere, ein Stinktier und eine Opossummutter, an deren Rücken sich mehrere Jungtiere klammerten. Als noch seltsamer empfand er die kleinen Aschehaufen zwischen den Kadavern. Woraus mochte dieser Staub bestehen, und vor allem: Wo kam er her?
    Offensichtlich kam man hier nicht aus der Stadt heraus. Randy hatte sich nie besonders viel aus Science-Fiction gemacht – weder besonders viele Comics gelesen noch wie seine Freunde jeden erstbesten Horrorfilm im Kino angeschaut. NASCAR-Rennen oder Football waren ihm schon immer wichtiger gewesen. Trotzdem hatte er genügend Videospiele gespielt, um zu wissen, dass nicht normal war, was hier vor sich ging. Etwas hatte Brinkley Springs regelrecht versiegelt. Berührte man die Barriere oder kam man ihr zu nahe, zog sie einem die Energie aus dem Körper heraus – oder was immer es mit diesen weißen Schwaden auf sich haben mochte. Für ihn bestand kein Zweifel daran, dass sich die unsichtbare Grenze bis weit in den Himmel erstreckte. Er fragte sich, ob sie auch unter die Erde reichte, doch fehlte es ihm an Werkzeug, um zu graben und es herauszufinden. Zudem hielt er ein

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