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Eine Vielzahl von Sünden

Eine Vielzahl von Sünden

Titel: Eine Vielzahl von Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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an. »Wehe, du bleibst nicht dran, bleibst du wohl dran, verdammt «, kommandierte sie. »Genau. Genau so. Da ist es. Jetzt kann ich dich sehen. Da bist du. Keiner ist wie du, Howard. Keiner. Howard. Keiner!«
    Er glaubte ihr das tatsächlich. Dass es durch einen verblüffenden Zufall tatsächlich unter allen Männern keinen Einzigen gab wie Howard Cameron. Ja, er war genauso unersättlich wie sie im Bett; ja, er hatte das Bedürfnis, die Energie, die Naivität – plus die konkrete Bestückung, um die Sache anständig zu erledigen. Er hatte nie viel über seine Bestückung nachgedacht. Sie kam ihm einfach normal vor, in Anbetracht seiner Körpergröße. Und doch, eigentlich war es kein großes Rätsel, warum andere Männer es nicht brachten. Das Leben war nicht fair. Hatte ja auch keiner behauptet oder verlangt.
    Frances dagegen entsprach uneingeschränkt seinem sexuellen Ideal. Das stand unwiderlegbar fest. Er hatte nie gewusst, dass es überhaupt ein Ideal gab oder dass er sich diese Version davon immer gewünscht hatte (so ausgeprägt waren seine sexuellen Erfahrungen nicht). Ihr sexueller Appetit kam direkt und mit Vollgas zur Sache, und sie war arrogant genug zu sagen, wenn all das nicht so absolut fantastisch wäre, würde sie keine Zeit darauf verschwenden. Bloß dass es eben so fantastisch war. Frances und der Sex mit ihr berührten ihn auf eine Weise, wie er es im Leben nicht erwartet hätte.
    Natürlich führte so ein Erlebnis nicht zur Ehe oder auch nur zu irgendeiner dauerhaften Beziehung. Er erinnerte sich daran, was sie über das altnordische Wort gesagt hatte. Sie hatte eine Menge Ahnung. Sie und der arme lahme Ed hatten wahrscheinlich höflichen, seltenen Sex miteinander, genau wie seine Eltern, und sie drängte ihre Anfälle von sexuellem Heißhunger ständig in den Hintergrund, aus Respekt davor, dass er immer noch zu gebrauchen war, wenn auch in jämmerlich eingeschränktem Maße. Und er, begriff Howard, hatte das Glück, eine Miniaturrolle in dem kleinen Alltag ihres Lebens zu spielen. Und die war viel zu gut, um auf sie zu verzichten.
    Eins hatte ihn überrascht. Nach ihrem ersten wilden Treffen im Howard Johnson’s im September – und zwar nach drei Wochen glühend heißer Verabredungen in anrüchigen Bars und Straßencafés irgendwo in den Kleinstädten am Arsch von Connecticut zwischen Willamantic und Pawcatuck – waren sie aus dem Zimmer in das laserstarke Sonnenlicht auf dem Parkplatz getreten, der Verkehr von der Interstate 95 donnerte fast über sie hinweg. Er hatte nach oben in den blassen, oxidierten Himmel geschaut, sich die Augen gerieben, die noch an die Dunkelheit des Zimmers gewöhnt waren, und ohne groß nachzudenken verkündet: »Mann, das war vielleicht was.« Er hatte es als Kompliment gemeint.
    »Was soll das heißen, vielleicht was ?«, sagte Frances mit ihrer rauen Blondie-Stimme – einer Stimme, die ihn im Bett elektrisierte, die für Sex gemacht war, aber auf dem schroffen, brütenden Asphalt draußen plötzlich ganz anders klang. Sie trug eine rote Sonnenbrille, einen kurzen blauen Lederrock, der ihre Schenkel betonte, und eine inzwischen restlos verknitterte weiße Beffchenbluse. Ihre Haare waren an den Seiten flach gedrückt, und sie schwitzte. Sie sah benommen aus, als wäre sie heftig rangenommen worden, und er fühlte sich genauso. Platt gefickt hätte es auch getroffen.
    Er lächelte unbehaglich. »Ich meine nur, na ja … du machst das echt gut. Weißt du?«
    »Ich mache das nicht gut«, fauchte Frances. »Ich bin mit dir gut. Und nicht, weil ich in dich verliebt wäre. Das bin ich nicht.«
    »Klar. Ich meine, nein. Genau«, sagte er, unfroh, ausgeschimpft zu werden. »Es braucht immer zwei, stimmt’s?« Er lächelte, Frances aber nicht.
    »Manche vielleicht.« Sie runzelte die Stirn hinter ihrer Sonnenbrille, als wollte sie ihn im Laufe eines Augenblicks noch einmal ganz neu einschätzen. Als gäbe es eine Person, die man kennen lernte und vielleicht mochte und fand, sie sah okay aus und lustig, und mit der man es trieb – eine Art von Howard; und als gäbe es dann noch einen anderen Howard, den man nie gemocht hatte und der sofort anfing, einen mit anderen Frauen zu vergleichen, kaum dass man es mit ihm trieb, und der einen ankotzte. Diesen Howard hatte sie gerade kennen gelernt. Das war ihre »zähes Frettchen«-Seite, und sie meinte es todernst.
    Aber vielleicht, überlegte er, wollte Frances bloß klarstellen, dass hier nur einer das »zähe Frettchen«

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