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Eine Vielzahl von Sünden

Eine Vielzahl von Sünden

Titel: Eine Vielzahl von Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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Frances Bilandic. »Das verstehe ich.«
    »Hm?«, fragte Howard. Er drehte sich zur Tür um, als wäre gerade jemand hereingekommen und Frances hätte etwas zu ihm gesagt, wer auch immer es war. Das rote Nachrichtenlämpchen am Telefon blinkte, wie schon die ganze Zeit, seit er vom Abendessen hereingekommen war. Zu spät, jetzt noch zu Hause anzurufen, hatte er beschlossen, der Zeitverschiebung wegen.
    Nur war niemand ins Zimmer gekommen. Vor der Tür hing die Sicherheitskette. »Hast du mit mir gesprochen?«
    »Ich bin wohl ziemlich erledigt«, sagte Frances. »Ich muss im Sitzen eingeschlafen sein.« Sie lächelte und wusste, es war ein süßes, wahrscheinlich albernes Lächeln. Das war ihr Kapitulationslächeln, und sie wollte, dass er jetzt damit aufhörte, so reserviert zu sein. Es war gar nicht angenehm gewesen, das Gesicht von Howards Frau vorwurfsvoll aus dem Himmel herabschauen zu sehen. Nicht das Ende der Welt, aber ein bisschen schwummrig machte es sie schon. Aber das würde sich geben, sobald sie Howard so weit hatte, sie aufs Bett zu werfen und zu bumsen, so verflucht beängstigend fast, wie sie zu Hause in Connecticut auch losgelegt hatten.
    »Ich fühle mich gerade so frei«, sagte Howard plötzlich. Seine großen glatten Ballspielerhände umklammerten seinen winzigen Plastikbecher voller Billigwein. Er schaute Frances direkt an, sein längliches, nicht besonders gut aussehendes Gesicht voller Verwunderung, seine sinnlichen Lippen leicht geöffnet zu einem dümmlichen Lächeln. »Wirklich. Ich kann’s nicht erklären, aber es ist so.«
    »Das ist gut«, sagte sie. Sie hoffte, er würde jetzt keine Rede schwingen.
    Howard schüttelte den Kopf, leicht erstaunt. »Nicht, dass ich das je wirklich anders empfunden hätte. Aber das ist hier kein Nebenschauplatz. Das ist mein reales Leben, ja. So frei und so gut, wie es je werden kann. Kurz, ich glaube – das ist es.« Er nickte, statt seinen angetüterten Kopf zu schütteln. »So real wie die Ehe, das ist mal sicher.«
    »Viele Dinge sind so real.«
    »Okay«, sagte Howard. »Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das je begriffen hab.«
    »Musst halt das Kleingedruckte lesen«, sagte Frances. Das war noch so eine von den Polacken-Maximen ihres Vaters. Wann immer man von etwas Unangenehmem überrascht wurde, hatte man irgendwo versäumt, das Kleingedruckte zu lesen . Ehe, Kinder, Arbeit, Altern. Im Kleingedruckten stand die Wahrheit, immer, und die war nie das, was man erwartet hatte.
    »Ich mag dich wirklich«, sagte Howard. »Ich weiß nicht genau, ob ich das schon mal so gesagt habe.«
    »Ich mag dich auch«, sagte Frances. »Sonst würde ich nicht mit dir vögeln.«
    »Nein. Natürlich nicht.« Sein Grinsen zeigte seine großen weißen Zähne hinter seinen fast femininen Lippen. »Gilt wahrscheinlich auch für mich.«
    »Na, dann vögeln wir doch einfach jetzt.« Sie riss ihre hübschen blauen Augen deutlich auf, um zu zeigen, dass das auch real war.
    »Okay, mach ich«, sagte Howard Cameron, kam näher, berührte ihr Knie, ihre Brust, ihre weichen Wangen, ihre Lippen in einem schnellen, atemlosen Überfall. »Ich will es«, sagte er. »Den ganzen Tag habe ich es gewollt. Ich weiß nicht, warum wir bis jetzt gewartet haben.«
    »Jetzt ist okay«, sagte Frances. »Jetzt ist perfekt.« Und so war es auch.
    Eine Eigenschaft, die er an Frances Bilandic mochte, war die direkte, beinahe strenge, aber leidenschaftliche Art, frei von jedem Schuldbewusstsein, mit der sie sich daran machte, ihn um seinen Verstand zu ficken. Sexuell neigte er eher zu einer Menge lautstarkem Gerammel und feurig-lärmendem Abtauchen; Mary nannte ihre frühen Liebesnächte immer das Begleitprogramm . Das war ihm peinlich. Frances dagegen gab dem Ficken eine neue Bedeutung. Sie fixierte ihn mit einer Intensität, die manchmal geradezu einschüchternd war, sie erreichte eine andere Dimension der Sexualität, gab selbstbewusste Erläuterungen von sich, wie sie im Einzelnen vorhatte, von ihm Besitz zu ergreifen und umgekehrt, heisere Anstachelungen, als Anweisungen formuliert, wie schwungvoll genau sie von ihm ihre Erfüllung erwartete; plus ein schier grenzenloses körperliches Durchhaltevermögen und verblüffende Originalität und Abwechslungsreichtum ihrer Orgasmen. »Nicht so, nicht so, nein, nein, nein. Gott noch mal, Herrgott«, schrie sie ihm ins Ohr, just dann, wenn er glaubte, er hätte sie am Haken. Allein schon diese beharrliche, kompromisslose Stimme machte ihn wahnsinnig

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