Eine Vorhaut klagt an
nichtauserwähltes Leben führten. Ich schloss die Augen, holte tief Luft und schob so viel von dem Slim Jim in den Mund, wie ich konnte, rollte es in meinem Mund auf wie einen Gartenschlauch mit Schweinegeschmack, zwang die letzten paar rotbraunen Zentimeter mit den Spitzen meiner unreinen, zitternden Finger hinein und versuchte dabei vergeblich, die Lippen zuzudrücken.
– Hungrig?, fragte Vinnie.
Ich zuckte die Achseln und versuchte ein Lächeln, doch meine Augen hatten sich schon mit Tränen gefüllt und meine Nasenlöcher mit dem Gestank von tausend ofengeräucherten Schweinen. Dicker brauner Saft sickerte mir aus dem Mundwinkel und kroch mir übers Kinn. Er tropfte auf mein T-Shirt und landete mit einem scheußlichen Klatschen auf dem M des Wortes »Messiah«.
Vinnie lächelte.
Tiffany verzog das Gesicht.
Mir drehte sich der Magen um. Ich rannte zum nächsten Abfalleimer, einer schwarzen Metalltrommel, die von Bienen und Fliegen nur so wimmelte und erbärmlich stank, und beugte mich darüber.
– Igitt, hörte ich Tiffany wimmern. – Eklig, der Kleine.
Fiese Wespen, von Gott zu meiner Bestrafung geschickt, umkreisten meinen Kopf, doch ich blieb noch ein bisschen länger hängen, versuchte, zu Atem zu kommen, und hoffte, dass irgendwann alle wegschauten. Als ich mich schließlich wieder aufrichtete, starrten Tiff und Vinn mich an.
Ich lächelte und versuchte, cool zu sein, verschränkte die Arme über der Brust und lehnte mich lässig gegen die Tonne. Etwas in meiner Hose verschob sich. Meine Kipa rutschte heraus und fiel auf die Erde.
Tiffany verdrehte die Augen.
Vinnie lächelte und nickte.
– Jimmys, sagte er und schüttelte wissend den Kopf. – Gegen die Jimmys kommst du nicht an.
Eine Woche später war ich wieder im Snack Shack und mehrmals noch den ganzen Sommer hindurch. Normale Slim Jims, scharfe Slim Jims, Slim Jims mit Käsearoma. An einem beinahe katastrophalen Nachmittag ging ich mit meiner älteren Schwester hin, die eine Cola und eine Packung Erdnüsse wollte.
– Jimmy?, fragte der Snack-Shack-Mann.
– Wer ist Jimmy?, fragte sie.
– Woher soll ich das wissen?, sagte ich.
Ich lebte in beständiger Angst, erwischt zu werden. Meine Freunde in der Jeschiwe würden das nie verstehen. Ich konnte von Glück sagen, wenn sie überhaupt noch mit mir redeten. Wenn ihre Eltern herausbekamen, dass ich trefe war, würden sie ihren Kindern den Umgang mit mir verbieten. Mein Rabbi würde um meine Vergebung beten. Mein Vater würde mich vor die Tür setzen. Und meine Mutter? Meine Mutter würde mich in der Erde vergraben, bis ich wieder koscher war.
Ich gab mein Taschengeld für Three Musketeers aus und aß sie heimlich in dem Wald hinter unserem Haus hoch oben in einer Kiefer. Ich versteckte Mallow Cups bei meinen Socken. Ich versteckte Nacho Cheese Doritos bei meiner Unterwäsche. Ich fuhr mit meinem Fahrrad zum Supermarkt in der Nähe, kaufte zwei Moon Pies und fuhr wieder zurück, die ganze Strecke in Panik, ich könnte von einem Auto überfahren werden und sterben und meine Mutter würde sie bei mir in der Tasche finden. Das wäre ja so typisch Gott.
Ich versuchte, mir einzureden, dass es nur eine Phase war. Ich kann jederzeit wieder aufhören. Ich versuchte, nicht daran zu denken, versuchte, mich mit Challa und Kascha vollzustopfen, doch es war zwecklos. Im Supermarkt trottete ich neben meiner Mutter Gang um Gang mit den Flossenlosen, den Schuppenlosen, den Gespaltenen-Huf-losen, vorbei an Reihe um Reihe mit Sachen, die aus Schwein, Schweinefett oder Gelatine hergestellt waren, und mühte mich nach Kräften, sie davon zu überzeugen, dass sie koscher waren.
– Wie wär’s mit Franken Berry?, fragte ich.
– Das ist nicht koscher.
– Aber da ist ein K drauf.
– K ist nicht koscher. Da muss ein OK drauf sein oder ein OU .
– Und TM ? Auf Franken Berry ist ein TM .
– Das steht für Trademark.
– Und ein OC ?
– Das steht für Copyright.
– Und Lucky Charms, können wir Lucky Charms kaufen?
– Nein.
– Warum nicht?
– Die sind trefe , sagte sie.
– Was ist daran denn trefe ?
– Da sind Marshmallows drin.
– Wirklich? Wow! Wo?
– Die kleinen Stückchen da, sagte sie. – Das sind Marshmallows.
– Die rosa Herzen?
– Ja, genau. Die rosa Herzen.
– Dann esse ich die rosa Herzen nicht. Können wir es kaufen, wenn ich die rosa Herzen nicht esse? Ich esse bloß die gelben Monde, okay?
– Lass mich endlich in Frieden. Auch die gelben Monde sind
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