Eine Vorhaut klagt an
Pomponkopf nickte aufgeregt. Ich nickte mit, obwohl mir in der Seele schwarz wurde. Karamell tropfte ihm wie Blut von der Zahnspange, und vereinzelte Kekskrümel klammerten sich verzweifelt an den Rand seines klaffenden Mauls, während Gott die Hand nach meiner Brust ausstreckte, sie durch mein Fleisch bohrte und mein noch schlagendes Herz herausriss.
Ich dachte den ganzen Tag darüber nach und auch noch, als ich an dem Tag von der Schule nach Hause ging. Das hatte doch keinen Sinn. Ich verstand es ja, wenn Gott mich letzte Woche oder die Woche davor hätte bestrafen wollen. Da war unser Haus mit Pornographie überschwemmt gewesen; unser Zuhause war eine Lasterhöhle, ein Nest der Unreinheit, eine Ranch des Bösen mit versetzten Geschossen gewesen. Die Weisen sagen, den Samen vergießen sei ein schlimmeres Verbrechen als Mord, daher verstand ich, dass Gott mich dafür bestrafte, dass ich sozusagen eine Waffe ins Haus gebracht hatte. Aber ich hatte doch alles letzten Abend verbrannt, bis auf die letzte Seite – warum bestrafte Er mich also jetzt, nachdem ich meine Seele und mein Haus gereinigt hatte? Weil , erkannte ich und blieb am Anfang der Pine Road abrupt stehen, weil noch mehr Porno im Haus war .
Ich rannte.
Es war Freitagnachmittag, und mir blieben gut zwei Stunden, bis jemand nach Hause kam. Hastig suchte ich jeden Zentimeter ab – den Schrank oben und den Schrank unten, über der Kommode und unter der Kommode, unter den Betten, unter den Matratzen, unter den Schreibtischen, unter den Nachttischen. Ich suchte das Badezimmer ab – die Hausapotheke, hinter der Hausapotheke, unten im Wäschekorb, unter dem Wäschekorb. Schließlich suchte ich auch noch die Waschküche ab.
Unter der Waschmaschine lag eine Zeitschrift namens Swank , die ich einmal dort versteckt und dann vergessen hatte, und unter dem Trockner eine Juggs – ebenfalls von mir. Aber hinterm Boiler entdeckte ich eine Leg Show und hinterm Nähtisch eine Nugget , beide hatte ich nie zuvor gesehen. Auf dem Titel von Nugget urinierte ein Mann auf eine nackte Frau. Es schien ihr zu gefallen, so dass es mir wegen mir gleich ein klein wenig besser ging, aber deutlich schlechter wegen meiner Familie. Wem gehörten diese Zeitschriften? Meinem Bruder? Meinem Vater? Wer genau wollte auf wen pinkeln?
Ich ging mit den Zeitschriften nach draußen, besprühte sie mit Feuerzeugbenzin und steckte sie an. Zeit zum Beten hatte ich nicht. – Drei von fünf, schrie ich zu Gott hinauf, während ich wieder hineinrannte. – Drei von fünf!
Ich rannte zur Garage, nahm einen Schraubenzieher vom Lochbrett und lief nach oben. Es ließ sich nicht bestreiten, dass Dov dank Leg Show und Nugget und einem ordentlichen Maß an persönlichem Charme im Wettlauf um Deenas Hand einen ziemlichen Vorsprung hatte. Doch das Rennen war noch nicht vorbei, dachte ich, als ich die Treppe hinaufhetzte. Wenn ich Haarschaum nehmen musste, dann nahm ich in Gottes Namen eben auch Haarschaum.
Die Tür zum Schlafzimmer meiner Eltern war wie üblich abgeschlossen. Ich ging nach draußen auf die Veranda, schob einen Stuhl an ihr Badezimmerfenster, keilte den Schraubenzieher unter den Rahmen des Fliegenfensters und stemmte es auf. Rasch schob ich das Fenster hoch, rutschte auf dem Bauch durch den Rahmen aufs Waschbecken darunter, machte eine Rolle vorwärts und landete auf dem Fußboden. Ich hängte das Fliegenfenster wieder ein, schloss das Fenster und öffnete das Schränkchen überm Waschbecken. Es gab Haarschaum für Volumen, Haarschaum für extra Sitz, Haarschaum für extra Körper und Haarschaum für extra Körper sowie extra Sitz. Ein »Klacks«? Wie viel war ein Klacks? Ich nahm die Dose für extra alles, öffnete die Badezimmertür und wollte schon zur Tür ihres Schlafzimmers, als mir etwas unterm Rand der Matratze meines Vaters auffiel.
– Mach ruhig, sagte die böse Neigung. – Du hast Zeit.
Die Zeitschrift hieß Penthouse . In seinem Nachttisch war eine andere Zeitschrift, überwiegend mit schmutzigen Geschichten, sie hieß Variations . Ich fragte mich, in wie vielen Prüfungen mein Vater versagt hatte. Vor welcher Prüfung stand er – der zehnten? Der zwanzigsten? Wie bestrafte Gott ihn? Mit mir? Mit einem Sünder als Sohn? Würde auch ich einen Sünder als Sohn haben? Unter den Hemden in seiner Kommode entdeckte ich ein Buch namens 101 Sexual Positions und stellte mir kurz Deena in allen 101 vor, bevor ich ihre Schlafzimmertür aufmachte und hinausging.
– Und sie?,
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