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Eine Welt für Menschen

Eine Welt für Menschen

Titel: Eine Welt für Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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alle fünf Minuten in der Nähe des schwebenden Sitzes zu erscheinen und der Herrlichen eine Artigkeit zu sagen.
    »Hört, ich habe eine frohe Nachricht«, rief Tajsa in die Runde.
    Die Qahiren erhoben sich und bildeten einen Halbkreis vor dem schwebenden Thron.
    »Die Konzeption des Nächstherrlichen ist abgeschlossen«, erklärte Tajsa. »Ich hoffe, daß ihr mir eure Nächstenbilder bald vorlegt.«
    »Unsere Bilder sind so gut wie fertig, Herrliche«, rief ein junger Mann. »Sag uns, was wird es sein: ein männliches oder ein weibliches Wesen?«
    »Ich habe mich für einen männlichen Nächstherrlichen entschlossen«, antwortete Tajsa. »Das Geburtsdatum ist festgelegt. Noch heute gehen die Einladungen an diejenigen hinaus, die ich bei der Zeremonie anwesend sehen möchte.«
    Frohes Händeklatschen und Rufe der Begeisterung folgten. Tajsa ließ den Lärm eine Zeitlang über sich ergehen; dann gebot sie mit einer Handbewegung Schweigen.
    »Genug davon«, sagte sie. »Jetzt wollen wir sehen, was mein Mcheza-Aspekt sich ausgedacht hat. Das Spiel sollte unterdes in vollem Gang sein.«
    Sie verteilten sich alle auf der Rasenfläche. Viele legten sich nieder und verschränkten die Hände unter dem Kopf. Einige hockten sich ins Gras, und einer kam sogar bis zu dem Busch, hinter dem Ashley sich verborgen hielt.
    In drei Metern Höhe über dem Rasenplatz entstand ein leichtes Flimmern. Umrisse von Gebäuden entstanden mitten in der Luft. Fassungslos vor Staunen erkannte Ashley die zentrale Straßenkreuzung der Siedlung Manhattan. Die beiden Straßen waren leer bis auf zwei Postengänger. Ashley identifizierte Patrick O’Warrens hochgewachsene, breitschultrige Gestalt.
    »Sie verhalten sich ruhig«, sagte Tajsa, offenbar ein wenig verwundert. »Laßt uns in die Häuser hineinsehen.«
    Das Bild wechselte. Ein großer Raum erschien – die Erdgeschoß halle eines der Wohngebäude. An die hundert Menschen waren dort versammelt. Sie hockten auf dem Boden und starrten vor sich hin, ihre Gesichter reglose Masken intensiver Konzentration. Eine Denkabteilung. Der Obmann stand in der Nähe des Ausgangs. Auch seine Miene war angespannt. Ein halblautes Rumpeln war zu hören. Einige der angespannt Denkenden neigten sich zur Seite und stützten sich mit der Hand auf dem Boden ab. Das Erdbeben war noch im Gang.
    »Das ist seltsam«, sagte Tajsa. »Sie scheinen nicht im geringsten beunruhigt.«
    »Sie sind wie in Trance«, rief Pellgon.
    »Sei still«, fuhr Tajsa ihn an. »Ich kann es sehen.«
    Der Qahire, der kaum drei Meter von Ashley entfernt vor dem Busch hockte, wurde unruhig. Ashley selbst hatte plötzlich ein merkwürdiges Empfinden. Er fühlte sich angestaunt und verachtet – von Wesen, denen seine Lebensweise dekadent, frivol und unnütz erschien. Er war überrascht; aber dann begann er zu begreifen. Er war Bestandteil der Pseudowirklichkeit, in der Tajsa und ihre Gäste sich eingefunden hatten, um das Spiel zu beobachten, das ihre Mcheza-Aspekte mit den Menschen der CONQUEST trieben. Er blieb nicht verschont von dem Gefühl der Verachtung, auf das sich die Denkabteilungen konzentrierten. Er gehörte mit zur Fiktivwelt der Qahiren und empfand wie sie den Strom der Mentalimpulse, der von Manhattan ausging.
    Er sah, wie Tajsa sich in ihrem schwebenden Thronsessel aufrichtete. Ihr Gesicht war eine Maske des Unmuts.
    »Was ist das?« fragte sie mit lauter, ärgerlicher Stimme. »Sie verachten uns?«
    Die Denkabteilungen machten ihre Sache gut. Das Empfinden verächtlicher Abfälligkeit war intensiv. Es fraß sich ins Bewußtsein und legte sich auf die Seele.
    »Wie kommen sie dazu?« knurrte Pellgon zornig. »Was bilden sie sich ein?«
    »Bestrafe sie, Herrliche!« gellte ein Schrei.
    Der junge Qahire, der vor dem Busch gesessen hatte, war aufgestanden. Er hatte ein eigenartig langgezogenes, knöchernes Gesicht, das in besonderem Maß die Fähigkeit besaß, Unbehagen zum Ausdruck zu bringen. Er wirkte, als wolle er im nächsten Augenblick in Tränen ausbrechen. Die Verachtung, auf die die Menschen in Manhattan sich konzentrierten, machte ihm mehr zu schaffen, als Ashley in seinen kühnsten Träumen erhofft hatte. Seine Strategie hatte Erfolg! Die Qahiren wurden zusehends unsicherer. Welche Lektion wurde ihnen hier präsentiert! Jedesmal, wenn sie die Menschen der CONQUEST unter psychischen Druck zu setzen versuchten, liefen sie Gefahr, einen Gegenschlag zu erhalten.
    Aber die Vorstellung war noch nicht zu Ende. Ashley spürte

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