Eine Welt für Menschen
der zweiten Spielphase, bei der jedermann glaubte, die Hilfeschreie der in Not geratenen Unabhängigen Terraner zu hören und ihre Verzweiflung zu empfinden, war kurzfristig abgebrochen worden. Niemand hatte sich einen Reim darauf machen können. Erst Ashley brachte die Erklärung. Nachträglich hatte das unheimliche Erlebnis eine Menge Nachdenklichkeit hervorgerufen. Man konnte sich logisch einreden, die Emotion der Angst und der Verzweiflung sei von den Qahiren synthetisch erzeugt, mit dem mentalen Bild der verirrten Unabhängigen gekoppelt und in die Bewußtseine der Bewohner von Manhattan projiziert worden. Aber die Frage blieb: Wie ging es Kurica Mellon, Birte Danielsson und ihren Begleitern wirklich? War es so abwegig, zu glauben, das peinigende Mentalbild entspreche in etwa der Wirklichkeit? Rufe wurden laut, dem Treck der Unabhängigen zu folgen und ihnen Hilfe zu bringen. Bob Koenig mußte all seine Autorität aufwenden, um die Besorgten von der Unsinnigkeit ihres Vorhabens zu überzeugen.
»Ich will ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes lenken«, sagte Ashley Bannister. »Wenn mein Plan Erfolg hat, werden wir uns nicht nur um die Unabhängigen, sondern auch um alle andern kümmern können, die die Willkür der Qahiren auf diesem Planeten festhält.«
»Erzähl mir von deinem Plan«, forderte Bob Koenig ihn auf.
Ashley machte eine abwehrende Geste.
»Jetzt noch nicht«, sagte er. »Wir können unserer Sache nicht völlig sicher sein. Weiß der Himmel, durch wie viele Kanäle die Information an falsche Ohren gelangen könnte. Das Netz der Aspekte ist unübersehbar und millionenfach verflochten. Habe ich recht, Kepler?«
»Du hast recht – wie so oft«, antwortete die Stimme aus der Kante zwischen Decke und Wand.
»Okay«, brummte Bob mürrisch. »Aber sag mir wenigstens, wie lange wir zu warten haben.«
»Ein paar Tage, mehr nicht. Ich möchte, daß in diesem Raum eine ständige Wache eingerichtet wird. Du, Chet Sawyer, Guido, Wilson, Patrick, Debby und zwei oder drei von den Broadwayanern, ihr bildet eine Gruppe, von der zu jeder Zeit wenigstens drei Mitglieder hier anwesend sein sollten.«
»Und du?«
»Ich rühre mich nicht mehr von diesem Ort«, antwortete Ashley fast feierlich. »Ich will auf jeden Fall dabei sein, wenn es soweit ist.«
Bob Koenig bewegte sich in Richtung der Tür.
»Ich veranlasse das Nötige«, sagte er. »Sie werden mir ein Loch in den Bauch fragen wollen. Bist du sicher, daß du nicht wenigstens mit einer Andeutung über deinen Plan herausrücken kannst?«
»Absolut sicher«, antwortete Ashley.
Drei Tage vergingen. Die Welt schien zum Stillstand gekommen. Die Qahiren rührten sich nicht. Sie hatten es aufgegeben, mit den Neophi zu spielen. Mochte es daran liegen, daß die vermeintlich willenlosen Opfer beim letzten Spielversuch kräftig zurückgeschlagen hatten – oder daran, daß die Welt mit angehaltenem Atem auf die Ankunft des Nächstherrlichen wartete: Die Manhattaner waren es zufrieden, daß man sie in Ruhe ließ. Sie genossen die Nächte, in denen sie ruhig schlafen konnten, ohne von Alpträumen geplagt zu werden, und die Tage, an denen sich absolut nichts ereignete.
Und dennoch war die Atmosphäre von einer Art verhaltener Spannung erfüllt. Die Nachricht, daß etwas Entscheidendes im Gang sei und man auf den kritischen Augenblick warte, war nicht über den Kreis derer hinausgedrungen, die sich unmittelbar an Ashley Bannisters permanenter Wache beteiligten. Aber der Mensch ist nicht dumm. Er nimmt aus den Augenwinkeln Dinge wahr, die seiner Aufmerksamkeit eigentlich hätten entgehen sollen, und macht sich seinen Reim darauf. Es fiel auf, daß man Ashley nicht mehr zu sehen bekam. Man munkelte, daß in seiner Unterkunft eine Art ständiger Konferenz stattfinde, deren Teilnehmer sich Mühe gaben, mit einem Minimum an Schlaf auszukommen. Man brachte, ohne auch nur einen einzigen logischen Anhaltspunkt zu haben, diese Dinge mit der erstaunlichen Inaktivität der Qahiren in Verbindung und gelangte zu dem Schluß, es werde in Kürze etwas Drastisches geschehen.
Inzwischen verstrichen in Ashley Bannisters Quartier die Stunden. Die einzige Abwechslung bot Kepler, der seine Zurückhaltung endgültig aufgegeben hatte und bereit war, zu jedem zu sprechen. Ashley sah darin ein gutes Zeichen. Wenn der Aspekt nicht mehr darauf bestand, daß seine Existenz unter allen Umständen geheimzuhalten sei, dann konnte das nur bedeuten, daß er an Zuversicht gewonnen hatte. Wer
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