Eine Welt für Menschen
aufschnappen, aus dem sich eine feindselige Absicht gegenüber den Herren von Qahir herauslesen ließ.
Er begann zu sprechen. Der Plan selbst ließ sich mit wenigen Worten abhandeln. Schwieriger war, Lukas auseinanderzusetzen, welche Wirkungen er hervorrufen würde und warum sie samt und sonders als positiv zu bezeichnen seien. Mitten im Vortrag kamen ihm Bedenken. Die Aspekte kannten die Mentalität der Qahiren. Sie mußten wissen, wie die Herrliche, wie Pellgon und Maronne und all ihre arroganten Zeitgenossen auf das Ergebnis seines Vorhabens reagieren würden. Wie konnte er so verrückt sein, zu hoffen, daß Lukas sich täuschen lassen würde? Oder waren die Inhibitoren auf reine Formalismen programmiert? Registrierten sie einen Plan nur dann als feindselig, wenn der Begriff »feindselig« bei seiner Beschreibung explizit gebraucht wurde?
Die Zweifel hätten Ashley um ein Haar aus dem Gleichgewicht gebracht. Aber er fing sich wieder. Er sprach in glühenden Worten der Begeisterung von seinem Unternehmen, das »zur Stabilisierung des Wohles aller, zur Etablierung der Menschenwürde und zu dauerndem Frieden« führen würde. Der Friede war das einzige qahirische Ideal, das er zitierte. Schönheit und Harmonie ließ er dort, wo sie hingehörten: auf dem Abfallhaufen der Plattheiten.
Er schloß seinen Bericht mit den Worten:
»Und deswegen glaube ich, daß die Bewußtseine, die in dem Aspekt namens Lukas vereint sind, meinem Vorhaben den entsprechenden Wert beimessen und mir bei seiner Verwirklichung helfen.«
Dann schwieg er. Seine Spannung war so groß, daß er den Schlag des eigenen Herzens hörte und nur noch mit Mühe atmen konnte, als preßte ihm jemand den Brustkorb zusammen.
Eine halbe Minute verging in banger Stille. Ashley spürte, wie ihm die Beherrschung allmählich entglitt. Er ballte die Hände zu Fäusten, bis ihm die Nägel ins Fleisch drangen, und biß sich auf die Lippen. Wenn Lukas nicht bald sein Urteil sprach, dann …
»Dein Plan hat vieles für sich«, sagte die Stimme. »Du willst ihn selbst ausführen?«
»Ja, ich selbst. Wir dürfen keine Zeit verlieren, nicht wahr?«
»Es bleiben uns noch zwei Stunden.«
»Dann … dann hast du dich entschlossen, mir zu helfen?« stotterte Ashley voller Aufregung.
»Du siehst den Sessel dort«, sagte Lukas. »Setz dich hin.«
Ashley gehorchte, und die Knie zitterten ihm dabei.
Ashley Benjamin Bannister hatte einen Traum. Er war auf einer von Sonnenlicht und Wärme erfüllten Welt. Er lag im Gras, die Hände unter dem Kopf verschränkt, den Blick auf ferne Berge gerichtet, die im Dunst der feuchten Luft bläulich schimmerten. Der Duft exotischer Blüten zog ihm in die Nase. Insekten summten, Vögel zwitscherten. (Auf Qahir gab es weder Insekten noch Vögel.)
Während er noch die seltsam zerrissenen Konturen der Berge musterte, tauchte eine Gestalt in wehendem Gewand am Rand seines Blickfelds auf. Sie kam näher. Sie bewegte sich mit weiten, schwebenden Sprüngen – so wie er es damals Pellgon hatte tun sehen, als er sich zum Stelldichein mit Maronne einfand. Je näher die Gestalt kam, desto stärker wurde der Eindruck, den ihre faszinierende, exotische Schönheit auf Ashley machte. Es war eine Frau, ohne allen Zweifel. Teile ihres Gewandes wurden transparent, während sie sich bewegte. Sie hatte einen schlanken, ungewöhnlich langen Hals. Die Züge ihres Gesichts waren von vollendeter Harmonie, und im Ausdruck der großen, dunklen Augen glaubte er, Sehnsucht zu erkennen.
Nofretete! dachte er.
Aber es war nicht die Königin des ägyptischen Altertums, nicht die Gemahlin Amenhotep des Vierten, der sich Echnaton nannte. Es war Tajsa, die Herrliche – und sie kam zu ihm, wie sie damals zu ihm gekommen war, an Bord der CONQUEST, als sie die grellviolette Blüte bei sich trug.
Sie sprach zu ihm in Worten so süß, wie er sie nie zuvor gehört hatte. Zu Anfang war er mißtrauisch und hielt nach der rosafarbenen Wolke Ausschau, die bald auftauchen und mit ihrem über den Wolkenrand ragenden Gesicht des Konzil-Aspekts der Wonne ein Ende machen würde. Aber es kam keine rosarote Wolke, und je länger sie ausblieb, desto mehr war Ashley Bannister bereit, seinen Traum für die Wirklichkeit zu halten. Er hielt das herrlichste Wesen in den Armen, das der Kosmos je hervorgebracht hatte. Er warf die Bedenken beiseite und gab sich den Freuden des Augenblicks hin.
Er erinnerte sich später nicht mehr, wieviel subjektive Traumstunden er im Zustand
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