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Eine wie Alaska

Titel: Eine wie Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Green
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Füßen. »Nen Gedicht«, sagte sie. »Edna St. Vincent Millay 3 . Das hast du gelesen? Ich bin beeindruckt.«
    »Oh, nein, ich hab nur ihre Biografie gelesen. Ihre letzten Worte standen nicht drin. Ich war ziemlich enttäuscht. Aber ich erinnere mich, dass sie viel Sex hatte.«
    »Ich weiß. Sie ist mein Idol«, sagte Alaska ohne eine Spur von Ironie. Ich lachte, aber sie ignorierte mich. »Findest du es nicht komisch, dass du lieber die Biografien von großen Schriftstellern liest als ihre Werke?«
    »Kein bisschen!«, verteidigte ich mich. »Nur weil jemand ein interessanter Mensch ist, heißt das lange nicht, dass mich auch seine nächtlichen Ergüsse interessieren.«
    »Es geht um Depressionen, du Blödmann.«
    »Ach, wirklich? Mein Gott, dann ist es natürlich brillant .«
    Sie seufzte. »Na gut. Mag es auch schneien im Winter meines Missvergnügens, wenigstens leistet mir ein Zyniker Gesellschaft. Setz dich bitte.«
    Ich setzte mich im Schneidersitz neben sie. Unsere Knie berührten einander. Sie zog eine Plastikbox voller Kerzen unter ihrem Bett hervor, warf einen Blick hinein und reichte mir schließlich eine weiße Kerze und ein Feuerzeug.
    Den ganzen Morgen verbrachten wir damit, Kerzen abzubrennen – und hin und wieder zündeten wir uns eine Zigarette an, nachdem wir ein Handtuch vor den Türspalt gestopft hatten. In zwei Stunden schafften wir es, den Gipfel ihres polychromen Wachsvulkans um dreißig Zentimeter aufzustocken.
    »Mount St. Helens auf LSD«, befand sie.
    Um halb eins, nachdem ich zwei Stunden um einen McDonald’s-Besuch gebettelt hatte, verkündete Alaska endlich, es sei Mittagessenszeit.
    Auf dem Weg zum Schülerparkplatz entdeckte ich ein fremdes Auto. Klein und grün. Eine Rostlaube. Ich dachte: Das Auto habe ich schon mal irgendwo gesehen. Ich dachte: Wo habe ich das Auto bloß gesehen? Und dann sprang der Colonel aus dem Wagen und rannte auf uns zu.
    Statt einer normalen Begrüßung – »Hallo« oder so was – rief der Colonel: »Ich soll euch ausrichten, dass ihr zum Thanksgiving-Essen bei Chez Martin eingeladen seid.«
    Alaska flüsterte mir etwas ins Ohr, und ich lachte und sagte: »Ich soll dir ausrichten, dass wir die Einladung annehmen.«
    Und dann marschierten wir zu dritt zum Adler, sagten Bescheid, dass wir Thanksgiving im Trailer Park feiern würden, bestiegen die Martin’sche Rostlaube und brausten davon.
     
    Auf der zweistündigen Autofahrt in Richtung Süden klärte uns der Colonel auf. Ich hatte mich auf den engen Rücksitz gequetscht, weil Alaska als Erste Shotgun gerufen hatte. Normalerweise saß sie am Steuer, aber wenn nicht, war sie die Shotgun-Kaiserin der ganzen Welt. Als Chips Mutter hörte, dass wir in den Ferien in der Schule blieben, brachte sie es nicht übers Herz, uns Thanksgiving ganz ohne Familie feiern zu lassen. Der Colonel selbst war nicht besonders begeistert von der Idee – »Ich muss im Zelt schlafen«, knurrte er, und ich lachte.
     
    Nur dass sich später herausstellte, dass er wirklich im Zelt schlafen musste – in einem schönen grünen Viermannzelt, das aussah wie ein halbes Ei, aber es blieb ein Zelt. Seine Mutter wohnte in einem baufälligen, auf Backsteinen aufgebockten Anhänger, wie sie manchmal von Sattelschleppern gezogen werden, nur dass man diesen wahrscheinlich längst nicht mehr ziehen konnte, ohne dass er auseinanderfiel. Er war nicht mal besonders groß für einen Trailer. Wenn ich aufrecht stand, berührte ich fast die Decke. Jetzt verstand ich, warum der Colonel so klein war – sonst hätte er hier nicht mehr rein gepasst. Die Wohnung bestand aus einem einzigen langen Zimmer. Vorne stand ein Doppelbett, dann kam die Küchenzeile und am anderen Ende der Wohnbereich mit Fernseher und einem kleinen Bad – das so winzig war, dass man beim Duschen auf dem Klo sitzen musste.
    »Ein Schloss ist es nicht grade«, sagte seine Mutter (»Nennt mich Delores, nicht Miss Martin«), »aber dafür kriegt ihr nen Truthahn, der so groß ist wie meine Küche.« Sie lachte. Nach einer kurzen Wohnungsbesichtung nahm uns der Colonel mit auf einen Rundgang durchs Barrio, eine Reihe von Schotterpisten, die von Trailern und Wohnwagen gesäumt wurden.
    »Jetzt versteht ihr vielleicht, warum ich die Reichen hasse.« Ich verstand ihn. Dabei konnte ich mir kaum vorstellen, wie der Colonel in einer so winzigen Wohnung aufgewachsen war. Der ganze Anhänger war kleiner als unser Zimmer in der Schule. Ich wusste nicht, was ich sage sollte, um seine

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