Eine wie Alaska
sind. Aber ihr Haar lieben sie, weil sie nicht intelligent genug für ein interessanteres Hobby sind. Und deshalb treffen wir sie genau da, wo es wehtut: an der Kopfhaut.«
»Ooo-kaay«, sagte ich, doch ich hatte keinen Schimmer, wie wir sie an der Kopfhaut treffen könnten.
Sie stand auf, ging zum Fenster, bückte sich und kletterte hinaus. »Glotz mir nicht auf den Hintern«, sagte sie, und so glotzte ich auf ihren Hintern, der eine herrliche Kurve unter ihrer schmalen Taille bildete. Mühelos machte sie einen Purzelbaum durchs Fenster. Ich versuchte es mit den Füßen zuerst, so dass ich, als ich mit den Füßen draußen war, mit dem Oberkörper Limbo tanzen musste.
»Das sah komisch aus«, sagte sie. »Komm, lass uns zur Grotte gehen.«
Auf dem ganzen Weg zur Brücke schlurfte sie mit den Füßen im Staub wie eine Langläuferin und wirbelte trockene, orange Staubwolken auf. Dann, an der Böschung über der Grotte, drehte sie sich um und sah mich an.
»Ich frage mich, wo man wohl extrastarke blaue Farbe herbekommt«, sagte sie und hielt einen Ahornzweig für mich zurück.
Achtundvierzig Tage vorher
Zwei Tage später – Montag, dem ersten echten Ferientag – arbeitete ich morgens an meinem Aufsatz für Religion und besuchte Alaska am Nachmittag in ihrem Zimmer. Sie lag im Bett und las.
»W.H. Auden 2 «, verkündete sie. »Was waren seine letzten Worte?«
»Keine Ahnung. Nie von ihm gehört.«
»Nie von ihm gehört ? Armer, analphabetischer Junge. Hier. Lies diese Zeile.« Ich kam zu ihr und folgte ihrem Zeigefinger.
»Liebe deinen räudigen Nachbarn/ mit deinem räudigen Herzen«, las ich vor. »Ja. Ganz nett.«
»Ganz nett? Na klar, und Bufritos sind auch ganz nett. Sex ist ganz lustig. Die Sonne ist ganz angenehm. Mein Gott, das Gedicht sagt so viel aus über Liebe und Gebrochensein – es ist vollkommen.«
»Mm-hm.« Ich nickte wenig begeistert.
»Du bist ein hoffnungsloser Fall. Wollen wir auf Pornojagd gehen?«
»Was?«
»Wie können wir unsere Nachbarn lieben, wenn wir nicht wissen, wie räudig ihre Herzen sind? Oder stehst du nicht auf Porno?«, fragte sie grinsend.
»Äh«, antwortete ich. Ehrlich gesagt hatte ich in meinem Leben noch nicht viel davon gesehen, aber die Vorstellung, mit Alaska Pornos zu sehen, hatte einen gewissen Reiz.
Wir begannen im Fünfzigerhaus und arbeiteten uns von dort durch das ganze Schlafsaal-Sechseck – sie schob die Fenster hoch und ich stand Schmiere.
In den meisten Zimmern war ich nie gewesen. Nach drei Monaten kannte ich zwar fast alle Schüler vom Sehen, aber ich redete nur mit wenigen – eigentlich nur mit dem Colonel, Takumi und Alaska. Jetzt aber lernte ich meine Schulkameraden in wenigen Stunden ziemlich gut kennen.
Wilson Carbod, der Center der Culver-Creek-Nullen, hatte Hämorriden, zumindest versteckte er Hämorriden-Salbe in der untersten Schublade seines Schreibtischs. Chandra Kilers, hübsches Mädchen, der Mathe ein bisschen zu viel Spaß machte und die Alaska für die zukünftige Freundin des Colonels hielt, sammelte Glücksbärchis. Ich meine nicht, sie hatte Glücksbärchis gesammelt, als sie fünf war. Sie sammelte sie jetzt – Dutzende – rosa Bärchis, lila Bärchis, weinende und lachende, Geburtstagsbärchis, Freundschaftsbärchis und Schlummerbärchis. Holly Moser, eine Tagestäterin aus der Zwölften, zeichnete mit Kohlestift Aktbilder von sich selbst, auf denen sie ihre üppigen Kurven in allen Einzelheiten festhielt.
Ich staunte, wie viele Leute Alkohol versteckten. Selbst die Tagestäter, die jedes Wochenende nach Hause fuhren, hatten überall Bier und Schnaps, in den Spülkästen der Klos und unten in ihren Wäschekörben.
»Gott oh Gott, ich hätte sie alle verpfeifen können«, flüsterte Alaska, als sie eine Magnumflasche Malt Whiskey im Schrank von Longwell Chase zu Tage förderte. Ich fragte mich, warum sie dann ausgerechnet Paul und Marya verraten hatte.
Alaska kam den dunklen Punkten der Leute so schnell auf die Spur, dass ich den Verdacht schöpfte, dass sie das hier nicht zum ersten Mal tat, doch das Geheimnis von Ruth und Margot Blowker hätte sie unmöglich kennen können. Die Zwillinge waren neu hier, sie gingen in die Neunte und mischten sich noch weniger unter die Leute als ich. Kaum waren wir drin und Alaska hatte sich eine Minute umgesehen, ging sie zielstrebig aufs Regal zu. Sie betrachtete die Bücher, zog die Bibel heraus und fand: eine lila Flasche Bacardi Breezer.
»Schlau«, lobte sie, als sie den
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