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Eine wie Alaska

Titel: Eine wie Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Green
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Verlegenheit zu lindern.
    »Tut mir leid, wenn ihr euch unwohl fühlt«, sagte er. »Kommt euch sicher fremd vor.«
    »Mir nicht«, zwitscherte Alaska.
    »Aber du wohnst nicht in einem Trailer«, widersprach der Colonel.
    »Arm bleibt arm.«
    »Na gut«, sagte der Colonel.
     
    Alaska beschloss, Delores beim Kochen zu helfen. Sie meinte zwar, es sei sexistisch, die Kocherei den Frauen zu überlassen, aber besser ein gutes, sexistisches Essen als mieser, von Jungs zubereiteter Fraß. In der Zwischenzeit saßen der Colonel und ich auf der ausziehbaren Couch im Wohnzimmer, spielten Videospiele und redeten von der Schule.
    »Ich hab den Aufsatz fertig. Muss ihn nur noch auf deinem Computer abtippen, wenn ich zurück bin. Ich glaube, auf die Klausuren bin ich ganz gut vorbereitet. Was nicht unpraktisch ist, wenn man bedenkt, dass ich noch einen Streiheichlefeich zuhulefu plahalefanen habe.«
    »Deine Mutter versteht keine Räubersprache?« Ich grinste.
    »Nicht, wenn ich schnell rede. Verflucht, sei bloß still.«
    Das Essen – frittierte Okra, Maiskolben und ein Schweinebraten, der so zart war, dass er auf der Plastikgabel zerfiel – überzeugte mich, dass Delores noch besser kochte als Maureen. Selbst das Gemüse war knuspriger als in Culver Creek. Außerdem war Delores die lustigste Mutter, die ich kannte. Als Alaska fragte, was sie beruflich machte, grinste sie. »Ich bin im kulinarischen Ingenieurwesen tätig, wenn ihr wisst, was ich meine. Burger-Köchin beim Waffle House.«
    »Das beste Waffle House in Alabama.« Der Colonel lächelte, und plötzlich kapierte ich, dass er kein bisschen verlegen war. Vielmehr hatte er Angst gehabt, dass wir uns wie aufgeblasene Privatschüler aufführten. Ich hatte immer gedacht, er trug ein bisschen dick auf mit seinem Reichen-Hass, bis ich ihn mit seiner Mutter sah. Er war immer noch der gleiche Colonel, aber in einem völlig anderen Zusammenhang. Und so begann ich zu hoffen, dass ich eines Tages auch Alaskas Familie kennenlernen würde.
     
    Delores bestand darauf, dass Alaska und ich uns das Bett teilten und sie auf dem Ausziehsofa schlief, während der Colonel draußen im Zelt übernachtete. Ich wollte zwar nicht, dass er fror, aber ich wollte mir natürlich auch nicht entgehen lassen, mit Alaska in einem Bett zu schlafen. Obwohl wir jeder eine Decke hatten und nie weniger als drei Schichten zwischen uns waren, ließ mich der Gedanke an die Möglichkeiten die halbe Nacht kein Auge zu machen.
Sechsundvierzig Tage vorher
    Es war das beste Thanksgiving-Essen aller Zeiten. Keine Preiselbeersoße. Stattdessen dicke Stücke saftiges, weißes Truthahnfleisch, Mais und grüne Bohnen mit so viel Bacon, dass sie herrlich ungesund schmeckten, Maisbrot und Bratensoße, Kürbiskuchen zum Nachtisch und für jeden von uns ein Glas Rotwein dazu. »Ich glaube«, sagte Delores, »dass man zu Geflügel eigentlich Weißwein trinkt, aber – ich weiß ja nicht, wie’s euch geht – mir ist das völlig schnurz.«
    Wir lachten und tranken unseren Wein, und nach dem Essen sagten wir der Reihe nach unsere Dankgebete. In meiner Familie sprachen wir die Fürbitten an Thanksgiving immer vor dem Essen, und jeder beeilte sich dabei, weil wir so schnell wie möglich zum Essen übergehen wollten. Doch diesmal saßen wir vier satt und zufrieden um den Tisch und hörten einander wirklich zu. Ich dankte für das gute Essen und die gute Gesellschaft und dafür, dass ich hier an Thanksgiving doch noch ein Zuhause gefunden hatte. »Wenn auch nur einen Wohnwagen«, spottete Delores.
    »Also gut, ich bin dran«, sagte Alaska. »Ich danke für das schönste Thanksgiving-Fest seit zehn Jahren.«
    Dann war der Colonel dran: »Ich bin einfach nur dankbar, dass ich dich hab, Mom«, und Delores lachte und sagte: »Damit lockst du niemand hinterm Ofen vor, Junge.«
    Ich wusste nicht genau, was sie meinte, aber offensichtlich hieß es: »Reicht nicht«, denn der Colonel erweiterte seinen Spruch und sagte, er sei dankbar, das »schlauste Menschenwesen im ganzen Trailer Park« zu sein, und Delores lachte und sagte: »Das reicht.«
    Und Delores? Sie war dankbar, dass man ihr das Telefon wieder angestellt hatte, dass ihr Junge bei ihr war, dass Alaska beim Kochen geholfen und ich den Colonel solange unterhalten hatte, dass sie einen festen Job hatte und nette Kollegen, dass sie ein Dach über dem Kopf hatte und einen Jungen, der sie liebte.
    Später, als ich auf der Rückbank der Rostlaube saß und der Colonel uns nach Hause

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