Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)
Hörensagen, Lipstick dagegen ist in ihr zu Hause.“
Lipstick wartete schon an der Kneipe. „Was habt ihr denn mit Malvyn angestellt?“ fragte er erstaunt, Ed und B warfen ihm einen grimmigen Blick zu.
„Was ist mit mir?“ fragte ich.
„Ich hab nur gedacht, ach, nicht so wichtig.“
Sandwich hieß die Kneipe, wahrscheinlich, weil man sich darin ebenso fühlte. Es hatte Platz für vier Tische, aber sie servierten gutes Essen. Lothar hieß die Bedienung, er war auch einer der Eigentümer. Edvard kannte ihn aus seiner „wilden Zeit“, wie Bernhard das nannte. Bei dem Wort „kannte“ zog er die Augenbrauen hoch.
Ed grüßte Lothar, küßte ihn links und rechts auf die Wange. Ich tat es ihm ganz selbstverständlich nach. Lothar muß das gefallen haben, denn er umfaßte meine Hüften und zog mich zu sich heran.
„Was hast du denn da für ein süßes Schokofrüchtchen geerntet?“ fragte er Ed. „Darf man da mal dran knabbern?“
„Malvyn ist mein Neffe“, sagte Ed scharf und drängte sich freundlich lächelnd zwischen uns. „Er ist nur zu Besuch. Wenn du dich mit ihm unterhalten möchtest, mußt du schon Englisch sprechen.“ Das war gelogen, und ich wollte gerade Widerspruch einlegen, da hielt mir Ed den Mund zu und schob mich nach hinten an einen der Tische.
Lothar rümpfte die Nase: „Pfff. Spielverderberin.“ Dann warf er zickig eine Schulter in die Höhe und wendete sich ab. „Setzt euch. Ich komm dann schon.“
Als Lothar wiederkam, sprach er zuerst mich an, und zwar in einem gebrochenen, schauderhaften Englisch: „Lieber Gast. Herzlichen Willkommen in meinem Geschäft. Was darf ich dir zu trinken bringen?“ Er hatte ein schönes Lächeln.
Lipstick klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. Ich applaudierte, und weil mir das Herz schon im Hals pochte, streckte ich meine Hand nach ihm aus. „He, du gefällst mir“, sagte ich. „Du bist richtig nett.“
„Herr Gott! Der spricht ja doch deutsch. Und du läßt mich so einen Affen aus mir machen.“ Von da an hatte Lothar nur noch Augen für mich: „Gell, wir zwei sprechen uns noch.“
„Gerne“, antwortete ich. Ed trat mir gegen das Schienbein, dann tauschte er mit Bernhard Blicke aus.
Nachdem wir bestellt hatten, flüsterte mir Edvard ins Ohr: „Paß auf, was du sagst. Wenn du in schwulen Lokalen jemanden anlächelst, anfaßt oder nette Sachen sagst, dann denkt der andere, du willst was von ihm.“
Bei diesen Worten pochte es mir nicht nur im Hals.
„Hast du das verstanden?“
War das jetzt als Aufforderung gemeint? „Ja“, antwortete ich und wartete ab.
„Tu es nur, wenn du Sex mit dem anderen willst, okay?“
Dann boxte ihn Bernhard in die Rippen: „Nein, Malvyn, falsch“, korrigierte er meinen Onkel. „Tu es nicht. Sei einfach überhaupt nicht freundlich, zu niemandem. Okay?“ Er hatte sein ernstes, autoritäres Lehrergesicht aufgesetzt.
„Okay, Bruder. Wenn du meinst.“
Wir aßen und unterhielten uns. Lipstick war schon in Afrika herumgereist und hatte einige Länder kennengelernt. Es fehlte also nicht an Gesprächsstoff. Dabei wurde das Sandwich immer voller, und mir fiel auf, daß jeder ein freundliches Lächeln für mich übrighatte.
Nach dem Essen gingen wir endlich in eine Bar. Ich war so aufgeregt, daß ich einen Schluckauf bekam. Die Männer standen dicht gedrängt, und als wir uns in die Menge hineinquetschten, spürte ich Hände auf meinem Hintern. Ich drehte mich um und schaute in ein freundlich lächelndes Gesicht.
Hier trafen wir Jay Pee und Barbarella, den Blumenhändler, von dem Edvard seine Ladendeko binden ließ. „Huschig“, bezeichnete ihn B, was immer das bedeutete. Ich fand Barbarella einen lustigen Namen für so ein Ungetüm von Mann. Er war bestimmt so groß wie B, ein bißchen klotziger, eckiger, vielleicht, aber er sprach mit einer sehr hohen Stimme, und wenn er sich bewegte, wäre er glatt als Frau durchgegangen.
„Jean-Paul, darling. Schön, dich zu sehen“, sagte Edvard und küßte ihn. Dann drängte sich B an mir vorbei und küßte Jay Pee. Hm, der Kuß kam mir sehr innig vor. Ob B wohl wirklich nie von anderen Männern träumte?
„Wenn du hier aufs Klo gehst, Malv, dann geh in eine Kabine“, sagte B. „Da über den Pißbecken ein Spiegel angebracht ist, kann jeder deinen Schniedel sehen.“
Wenn der andere meinen sah, dann konnte ich doch auch seinen sehen. Wo war das Problem? wollte ich fragen. Aber da hatte er sich mit Jay Pee schon einen Platz an der Bar
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