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Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Titel: Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Niederwieser
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wir werden uns um dein Söhnchen kümmern.“
    „Er hat mir schon erzählt, wie gut es ihm bei euch gefällt. Ich habe ein schlechtes Gewissen, dir das alles so zu überlassen. Sag mir, wenn ich was tun kann …“
    „Hat er genug Geld? Es wäre gut, wenn er nicht von uns abhängig ist.“
    „Er hat eine Kreditkarte. Damit kann er alles bezahlen oder auch Bargeld abheben. Sein Rückflugticket ist ein Jahr gültig. Wenn es dir mit ihm zu viel wird, schick ihn zurück.“
    „Wie ist das mit der Aufenthaltserlaubnis?“
    „Mit seinem Visum kann er drei Monate bleiben. Wenn er länger bleiben will, wird sich unser Vater drum kümmern. Aber ich hoffe ja doch, daß er bald wiederkommt.“
    Ich mußte sofort an Hannah denken und die Perspektive, daß Kim sie uns entreißt. „Vermißt du ihn?“ fragte ich; eine ziemlich dämliche Frage.
    „Natürlich, Edvard. Was meinst du, wie schwer es mir gefallen ist, ihn gehenzulassen. Nicht nur nach Deutschland, aber in ein Leben, von dem ich so wenig weiß. Nur wenn du siehst, wie die jungen Leute hier sterben wie die Fliegen …“
    Aids. Ich dachte zurück an all die Freunde, die ich verloren hatte. In den Achtzigern legte ich jedes Jahr ein neues Adreßbuch an, weil ich den Anblick von all den durchgestrichenen Namen nicht ertrug. Und Adrian schoß mir in den Kopf, wie mager er bei unserer Hochzeit schon war. Inzwischen mußte es schlimmer sein; ich ging nicht mehr hin, ich konnte es einfach nicht mehr mit ansehen.
    „Kommst du denn mit ihm zurecht?“
    Bis auf den Saustall, den er immer fabrizierte und die laute Musik. Aber das wollte ich ihr nicht auf die Nase binden; das wußte sie ohnehin. „Wir kommen gut mit ihm aus. Er ist ja wirklich ein Schatz.“
    „Paß auf ihn auf“, sagte Angelika, und ihre Stimme brach. „Versprichst du mir das?“
    „Mach dir keine Sorgen“, sagte ich. „Wir werden ihn schon verderben.“ Ich meinte es als Scherz, aber sie lachte nicht.
    „Ich melde mich nächste Woche wieder“, sagte sie. „Aber wenn was passiert oder ich was für euch tun kann, ruf mich an. Meine Nummer hast du ja jetzt.“
    „Alles klar. Mach dir keine Sorgen, Angelika. Auf bald.“
    „Auf bald.“
    Das war geklärt. Als nächstes mußte Malvyn die schwule Welt kennenlernen, verstehen, wie sie funktionierte und wo er hingehen konnte. Und natürlich mußte er das erste Mal Sex haben. Das würde bestimmt noch lustig werden.

Malvyn *
     
    „Wenn wir ihm nicht zeigen, wo Schwule hingehen, wird er es selbst rauskriegen. Und wer weiß, in welchem Darkroom er dann landet!“
    „O Gott, ich sehe es schon kommen.“
    „Stell dir nur vor, wenn er jemand kennenlernt! Ach, was sag ich? Alle werden ihm hinterherlaufen. Ich will mir gar nicht ausmalen, was passieren könnte, wenn er mit dem Falschen mitgeht; der kann doch einen Skin nicht von einer Glatzenschwuchtel unterscheiden.“
    „Selbst wenn er an Otto-Normal-Schwul gerät, das erste Mal sollte einfach was Besonderes sein.“
    „Ja, Papi.“
    Kichern.
    „Haha, sehr lustig. Du wirst dir doch auch den ersten Kerl vorknöpfen, den Hannah mit nach Hause bringt.“
    Ich hockte vor der Schlafzimmertür und lauschte; das hatte ich in den letzten Wochen schön öfter getan. Abends lagen sie immer eine halbe Stunde wach und sprachen über Dinge, die sie beschäftigten. Ich stellte mir vor, wie sie sich dabei an den Händen hielten oder der eine im Arm des anderen lag. Es mußte wunderbar sein, wenn man einen Menschen hatte, den man so lieben konnte.
    Ed und B waren großartig. Innerhalb einer Woche lehrten sie mich alles, was ich über die schwule Welt wissen mußte – streng nach Lehrplan, den B aufstellte, versteht sich.
    Lektion eins: Sex, Eds Part.
    B legte ein großes Buch auf den Tisch.
    „Ja, Herr Rektor“, sagte Ed, nahm das Buch und, sobald B sich in sein Arbeitszimmer zurückgezogen hatte, schob es zur Seite. Anstatt es mit mir durchzugehen, erzählte er mir von seinem Coming-out – was mir besser gefiel, als ein Buch zu lesen. Dabei ging er nach und nach auf alles ein, was einem begegnen konnte: Ich war sehr erstaunt zu hören, daß Schwule mehr taten, als „Schwänzchen in den Mund nehmen“ und „Salami verstecken spielen“. Es war ja auch wichtig, daß ich alle Ausdrücke auf deutsch lernte, damit ich wußte, worauf ich mich einließ. Dachte ich wenigstens, bis ich die Ausdrücke hörte: „fisten“, „rimming“, „dirty“. Englisch war anscheinend die Hochsprache des Sex. Bei den meisten

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