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Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Titel: Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Niederwieser
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fühlten sich nicht nach Max, dem Zyniker, an, nicht nach Max, der immer schwarze Kleidung trug und so etwas ausstrahlte wie „Faß mich ja nicht an!“. Aber vielleicht war es ja auch nur die Situation. Ich hatte es ja auch vorher schon genossen, wenn mich jemand in den anderen Bars angefaßt hatte. Berührt zu werden fand ich einfach klasse. O Mann, wie würde Sex sich dann erst anfühlen?
    Ich drehte mich nach Max um und sah Schrecken in seinen Augen, als hätte ich ihn bei etwas erwischt. Schnell wendete er sich ab und sprach mit jemandem, der neben uns stand. Ed zupfte an meinem häßlichen T-Shirt und bedeutete mir, ihm zu folgen. Ich schaute noch einmal Max an, hätte gerne seine Augen gesehen, aber er kehrte mir den Rücken zu. Ja, das war Max; jetzt erkannte ich ihn wieder.
    Die Disco war eine finstere, kleine und sehr niedrige Bude. Ich hatte ständig Angst, mir den Kopf anzustoßen. Es hockten hauptsächlich Typen herum, die aussahen, als verbrächten sie den ganzen Tag im Fitneßstudio. Sie trugen entweder gar kein T-Shirt oder ärmellose Unterhemden, damit man ihre Tätowierungen, Muskeln und Piercings sehen konnte. Sie lehnten mit dem Rücken an der Bar und schauten mir in die Augen, zwinkerten mir zu oder lächelten mich an. Ich wäre mit keinem mitgegangen, weil es mich ein bißchen an eine Straße in Harare erinnerte, durch die ich mal mit Schulfreunden gefahren war. Dort verkauften Frauen Sex für Geld, und bezahlen wollte ich nicht.
    Die Tanzfläche war proppenvoll, eine Lampe schickte grelle, weiße Blitze durch den Raum und ließ die Gesichter der Tanzenden im schnellen Rhythmus aufleuchten. Es roch nach diesem scharfen Zeug, das Ed und B mir zu Hause unter die Nase gehalten hatten und das angeblich eine erotisierende Wirkung haben soll – als ob das bei mir nötig gewesen wäre. Ich fand, daß es furchtbar stank, obwohl hier, in diesem Ambiente, roch es nach Aufregung, nach Verbot, nach der Erfüllung von Träumen.
    Ed zog mich an der Hand durch den Laden. Andauernd stellte er mich jemandem vor, er kannte viele hier. Aber es war zu laut, um sich zu unterhalten. Sie guckten alle so komisch, als sie sahen, daß Ed mich an der Hand hielt, was Ed zu gefallen schien. Ich verstand wenig von dem, was gesprochen wurde, aber ein paar Stichworte schnappte ich auf: „Na“, sagte einer zu ihm. „Hast du heute mal Ausgang?“
    Und während sich Ed unterhielt, flüsterte mir B immer wieder Sachen zu: daß die Typen hier sehr arrogant seien; sie würden sich nicht unterhalten und immer cool an einem vorbeischauen. Das stimmte auch: Keiner würdigte B eines Blickes, entweder redeten sie mit Ed oder Max, oder sie starrten mich an.
    Nachdem wir einmal durch den ganzen Laden gelaufen waren, blieb Ed vor einem Durchgang stehen. Er zog mein Ohr an seinen Mund heran und schrie, um die Musik zu übertönen: „Siehst du diese Öffnung dort? Das nennt man Darkroom.“ Seine Augen leuchteten.
    „Das macht Sinn“, schrie ich als Antwort, denn dahinter war es noch dunkler als in dem Gang, in dem wir standen.
    „Dort geht man rein, wenn man anonymen Sex haben will.“ Eds Augen hatten einen weichen Blick, als betrachteten sie etwas sehr Schönes. Wieder pochte mir das Herz im Hals, und es wurde plötzlich eng in meiner Hose.
    „Wirklich?“ fragte ich. Ich fühlte mich Ed so nah, er schien meine Aufregung zu verstehen, ja, sie sogar zu teilen. Vom Blick in seine Augen wußte ich, daß er mich jetzt am liebsten hineinziehen würde und mir alles zeigen, aber dann steckte B seinen Kopf dazwischen.
    „Denk an Lektion zwei: Krankheiten!“ schrie er uns entgegen. Okay, es war laut, aber es klang sehr bedrohlich. Er hob den Zeigefinger und wedelte ihn vor unseren Nasen.
    Das Klopfen in meinem Hals begann zu schmerzen, es war, als würde ich daran ersticken. Ich nickte, aber dieses schwarze Loch zog mich an wie ein Magnet. Was fand darin statt? Wieso mußte man hier mehr an Krankheiten denken als anderswo? Und wenn es so war, warum gingen so viele Männer hinein?
    B zog mich an der Hand Richtung Treppe. „Das reicht für heute“, schrie er.
    „Und wen darf ich mit nach Hause nehmen?“ fragte ich und schaute mich um.
    B machte ein finsteres Gesicht, Ed schaute weder mich noch B an. Er ging einfach die Treppe nach oben; er schien irgendwie beleidigt. Dann ging auch B, ich blieb stehen und verstand gar nichts mehr. Ich wollte doch nur Sex haben, ich wollte mich doch nur verlieben und auch jemanden kennenlernen. Wieso

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