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Eine Zuflucht aus Rosen

Eine Zuflucht aus Rosen

Titel: Eine Zuflucht aus Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen Gleason
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Christus diverse Dämonen exorziert hatte.
    Der Legende nach waren die Gebeine dieses Weibes – die Gebeine der Heiligen Hure, wie Fantin sie sich gerne vorstellte – in der Nähe von Vézelay in Frankreich begraben. Zufälligerweise war das auch das Dorf, aus dem seine Mutter stammte, und war daher auch der Ursprung ihrer Verehrung der Magdalena. Die Legende prophezeite, dass das Blut der Heiligen in Fantins Adern floss – und er wusste, dass Gott ihn aus diesem Grund erwählt hatte.
    Er erhob sich und genoss dabei den Schmerz, der ihm das linke Bein hinab fuhr und in dem Wissen, dass – schon bald – dieser Schmerz ihn nie wieder behelligen würde, ... in dem Wissen holte Fantin einmal tief Luft, vor Lust und vor Freude. Der schale, modrige Duft der unterirdischen Kammer stieg ihm in die Nase und er atmete tief ein, sog all diese Energie in sein eigenes Wesen hinein.
    Es war wahrhaftig kein angenehmer Geruch hier: von köchelnden Blättern, verbranntem Fleisch und geschmolzenem Metall. Das gab er offen zu. Es war im Grunde so schlimm, dass es einem den Magen verdrehte. Aber Gott hatte ihn hier auf Erden mit voller Absicht erschaffen. Jeder Aspekt seiner Schöpfung, jedes Wesen, jede Kreatur diente einem eigenen Zweck in der Welt Gottes ... und Fantin selbst diente dem allerhöchsten dieser Zwecke.
    Er lächelte und dachte darüber nach, als er an den Tisch zurückkehrte, wo die allerneueste Aufgabe, mit der er sich befasst hatte – die glatte, seidene Rinde einer Birke mit Metallflocken von Silber und Bronze zu einer Paste zu zermahlen –, nur zur Hälfte fertig war.
    Jahrelang hatte er nach dem Geheimnis des Grals geforscht: Die vollkommene Verbindung von Alchemie, welche einen Stoff erschaffen würde, der ihm bei der bloßen Berührung die Unsterblichkeit verleihen würde. Er würde Metall jedweder Art in Gold verwandeln.
    Es würde Fantin ein Leben ungeahnter Machtfülle verschaffen, wodurch er dann Gott noch besser dienen könnte.
    Er forschte und studierte und betete, um die genauen Mengen jedes einzelnen Elements zu bestimmen, das man brauchte, um den uralten Prozess zu vollenden. Metalle, Holz, Erde, Wasser ... Feuer ... alle oder ein paar dieser Elemente würden sich eines Tages vereinen und jenes Wunder hervorbringen, nach dem Fantin suchte – das Wunder, das ihm durch die Abstammung versprochen worden war: Das Wunder des Heiligen Grals und das manche als den Stein der Weisen bezeichneten.
    Neben einer Schale voller Birkenrinde, die sich zusammenrollte, und Metallflocken, sickerte Blut zähflüssig aus dem leblosen Körper einer Natter in eine andere Schüssel – diese hier aus Metall, damit die dunkle, weinähnliche Flüssigkeit aufgefangen wurde, ohne dass die Essenz aufgesogen wurde. Eine weitere Zutat, die man der Mixtur beimengte ... vielleicht würde er diesmal die Antwort finden.
    Die Natter, so reflektierte Fantin weise, war das Symbol der Versuchung Evas und ein ausgezeichnetes Instrument bei seiner Arbeit, die der Reinigung und der Verwandlungskunst geweiht war.
    Sein Laboratorium, das man unterhalb des Steinbodens von Tricourtens Großer Halle gegraben hatte, war Fantins Zuflucht und Seelenrettung gewesen, seit er begriffen hatte, dass er der Auserwählte Gottes war – und ganz besonders seit dem Verlust seines geliebten Eheweibes und seiner Tochter. Drei lange Tische standen an den Wänden der Kammer, die besser erleuchtet war, als die Halle darüber, dank der fünfzig Pech-Fackeln, die Tavis jeden Morgen anzündete und bis spät in die Nacht am Brennen hielt.
    Ordentliche Stapel von Schüsseln – aus jedem nur erdenklichen Holz, Gestein und Metall hergestellt – befanden sich am Ende jeden Tisches. Kelche, Häute, Schachteln, Messer, Zangen, Löffel ... alles befand sich an dem dafür vorgesehenen Platz, stets auf die Art und Weise angeordnet, wie es Gott zum höchsten Wohlgefallen diente. Gläser und Tiegel von Kamille, Rosmarin, Ginster-Blätter, Belladonna, Bergamotte, Hundszahngras, Jakobskraut sowie hunderter weiterer nützlicher Pflanzen waren auf Regalen aufgereiht, dicht an der großen Steinwand, nahe bei den Eisenketten und Eisenfesseln. Er hatte darauf Acht gegeben, dass die Regale sich sicher außer Reichweite jener Unglücklichen befanden, die vielleicht von den Ketten Gebrauch machten – er wollte nicht, dass seine Kräutersammlung von einem verärgerten oder verängstigtem Gast zu Boden geschleudert wurde und dort zerschellte.
    Fantin benutzte einen Stock, um das

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