Eine zweite Chance für den ersten Eindruck (German Edition)
zu.
„Hat Thorsten den Karton mit Kinderbüchern aus dem Keller geholt?“, frage ich ihn. Ich habe vor ein paar Wochen auf dem Flohmarkt einige Bücher für den Kindergarten erstanden und wollte meine Genesungszeit nutzen, um sie durchzusehen.
„Er hat ihn ins Schlafzimmer gestellt. Bist du sicher, dass du alleine klarkommst? Wir können immer noch absagen?“
Thorsten und David haben schon vor Monaten ein Wochenende in Paris geplant. Um ein paar romantische Tage weg von neugierigen Augen zu verbringen, aber auch, damit Thorsten Davids Eltern kennenlernen kann.
David stellt mir eine Flasche Wasser auf den Tisch und hockt sich dann neben mich.
„Fahrt ihr ruhig. Ich komme schon klar. Fernsehen, Bücher, Handy, Zettel vom Lieferservice. Ich bin versorgt. Ihr habt euch das verdient. Besonders du hast es dir verdient. Macht euch ein schönes Wochenende, aber bringt mir was Tolles mit.“
David drückt mir einen Kuss auf die Stirn.
„Ich bringe dir doch immer etwas mit, Kleine. Wenn was ist, rufst du bitte Jule an.“
„Wird gemacht.“
David verabschiedet sich und somit bin ich auf mich allein gestellt. Wirklich fit bin ich noch nicht. Nach Bedarf nehme ich noch Schmerzmittel und einen Marathon laufen könnte ich jetzt auch nicht. Ich schlafe viel und mein Kreislauf hängt ziemlich in den Seilen. Jetzt habe ich zwei große OP-Narben auf meinem Bauch. Noch habe ich es vermieden, mich komplett im Spiegel zu betrachten, denn der Gedanke alleine treibt mir schon wieder die Tränen in die Augen. Nein, eigentlich möchte ich nicht alleine sein, aber ich kann den beiden einfach nicht das Wochenende vermiesen. Ich beschließe, nach einem kleinen Nickerchen Jule anzurufen, damit sie mir ein bisschen Gesellschaft leistet.
Das kann er nicht ernst meinen. Manchmal frage ich mich ernsthaft, ob Thorsten etwas zu oft einen Schlag auf den Kopf bekommen hat. Beinahe 20 Jahre Football müssen ja irgendwelche Spuren hinterlassen haben. Ratlos stehe ich vor meinem Bett. Mein geniales Bruderherz hat den bleischweren Bücherkarton mitten auf meinem Bett platziert. Ich bin ja so schon nicht die Stärkste. Wie soll ich das verdammte Ding mit einer frischen Narbe am Bauch vom Bett stemmen? Hoffentlich hat Jule gleich Zeit, sonst kann ich heute Nacht auf der Couch schlafen.
Die Türklingel reißt mich aus meinen Überlegungen. In meinen verschlissenen Yogaklamotten schlurfe ich zur Haustür, im festen Glauben, dass es der Postbote ist, der mal wieder ein Paket für meine Nachbarn abgeben möchte.
Ich reiße die Tür auf und vor mir steht … Eric.
„Hey darlin’.“ Er steht mit einem verschämten Lächeln vor mir und hält mir einen Zettel unter die Nase.
„Was ist das?“, frage ich gereizt. Es ist nicht so, dass ich nicht gerne mit ihm zusammen bin, aber ich sehe gerade aus wie ausgekotzt und fühle mich auch so.
„Der Trainingsplan für deinen Bruder. Er macht aber nicht auf. Da dachte ich, ich könnte ihn vielleicht bei dir lassen. Wie geht es dir heute?“
Er zieht mich an sich und drückt mir einen Kuss auf die Haare.
„Igitt.“ Ich schiebe ihn von mir und mache einen Schritt rückwärts.
„Was ist denn jetzt los? Do I smell bad?“ Er schnüffelt unauffällig unter seinen Achseln.
„Nein, du nicht. Ganz im Gegenteil. Aber ich stinke. Ich habe seit fast einer Woche nicht mehr geduscht.“
Eric schüttelt den Kopf und zieht mich wieder in seine Arme.
„Silly girl. You smell perfect.“
„Willst du reinkommen?“, frage ich unsicher.
„Ist dein Bruder nicht zuhause? Ich will dich auch nicht stören.“
„Nein, er ist das ganze Wochenende weg. Liebesurlaub in Paris oder so was Ähnliches.“
Eric nickt wissend und folgt mir dann in die Wohnung. Er schaut sich neugierig um, als wäre er zum ersten Mal hier. Beim letzten Mal hatte er vermutlich auch anderes im Kopf.
Ich lasse mich vorsichtig auf die Couch sinken und deute Eric, sich neben mich zu setzen. Er legt gleich den Arm um meine Schultern und zieht mich an sich.
„How are you? I missed you.“
Ich sehe verwundert zu ihm auf. „Es geht schon, aber Schmerzen habe ich immer noch. Wir haben uns doch gestern Abend noch gesehen, wie kannst du mich da vermissen?“
Wie kann er mich überhaupt vermissen, wenn da doch sicher schon eine Reihe Groupies hinter mir warten.
„Silly, silly girl“, flüstert er in meine Haare. „Hast du heute schon etwas gegessen?“
„Frühstück im Krankenhaus. Ich habe aber auch noch keinen großen
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