Eine zweite Chance für den ersten Eindruck (German Edition)
allen denkbaren Beilagen. Für fünf Erwachsene und ein Kind bei Weitem zuviel, aber meine Mutter kocht immer für eine ganze Armee an den Feiertagen. Nach dem Essen sitzen mein Vater und ich vor dem Fernseher und sehen uns ein Footballspiel an, während die Frauen sich um das Chaos in der Küche kümmern. Lucy sitzt zu meinen Füßen und spielt gedankenverloren mit ihren unzähligen Geschenken.
„Nina is a keeper“, sagt mein Vater und nippt an seinem Bier. So kenne ich ihn. Ich weiß, dass er sich sehr um uns Kinder und meine Mutter sorgt, doch er war nie ein Mann großer Worte und geht mit offensichtlichen Liebesbeweisen sehr sparsam um.
„I know, Dad. She’s perfect. For me and for Lucy.”
Bei der Erwähnung ihres Namens sieht meine Tochter verwirrt zu mir auf. Ich streiche ihr über den Kopf und ermuntere sie, weiterzuspielen.
„You have to tell her. She’s also sensitive and she needs to hear it. Work it out. She’s absolutely worth it.”
Mein Vater starrt wieder auf den Fernseher und gibt mir damit zu verstehen, dass ich heute nicht mehr von ihm bekommen werde. Für ihn war das schon ein Gefühlsausbruch. Es muss etwas mit seiner Zeit in der Army zu tun haben, wodurch er so hart geworden ist.
Meine drei Frauen kommen glücklicherweise in dem Moment aus der Küche und tragen jede ein Tablett. Cheesecake and egg-nog. Ich habe verdammt viel Training vor mir, nach den Feiertagen, aber das ist es wert.
Nina setzt sich neben mich und reicht mir Glas und Teller. Sie hat ein zufriedenes Lächeln auf dem Gesicht und scheint Spaß in der Küche gehabt zu haben. Ich weiß, dass meine Mutter absolut angetan von ihr ist. Kathy ist da etwas verschlossener. Sie hat doch viel Ähnlichkeit mit meinem Vater. Sie hegt keine schlechten Gefühle gegen Nina, nur macht sie sich mehr Sorgen um mich und Lucy, als sie eigentlich sollte.
„Ich liebe deine Mutter“, flüstert sie mir ins Ohr, bevor sie sich über ihren Kuchen hermacht. That’s cool, beautiful girl. And I love you.
„Lucy, möchtest du bei uns schlafen? Dann muss Daddy nicht heute noch deine ganzen Geschenke rübertragen und er hat noch ein bisschen Zeit für Nina.“ Meine Mutter ist ein Engel.
Lucy nickt eifrig und flüstert lautstark zu meiner Mutter: „I think, he wants to kiss her, granny.“
Der ganze Raum schmunzelt, nur Nina vergräbt ihr hochrotes Gesicht an meiner Schulter. Nach dem, was wir schon alles gemeinsam getrieben habe, hätte ich nicht geglaubt, dass die Erwähnung eines Kusses sie zum Erröten bringt.
Ich will es mir gerade mit meinem Mädchen im Wohnzimmer gemütlich machen, doch sie hat etwas anderes im Sinn. Sie nimmt die große Decke von der Couch und zieht mich auf meine Terrasse.
„What are you doing? It’s damn cold out here.“
„Deswegen habe ich ja die Decke mitgenommen.“ Sie legt sich auf die Sonnenliege und wartet mit ausgestreckten Armen, dass ich mich zu ihr lege. Ich lasse mich nicht zweimal bitten und wickele schnell die Decke um uns, damit sie nicht friert.
„Was hast du vor?“, frage ich, neugierig, warum sie bei diesem Wetter draußen liegen will.
„Es schneit gleich. Ich kann es fühlen und riechen. Magst du mit mir auf den Schnee warten?“
„Natürlich. Dann habe ich einen Grund mehr, dafür zu sorgen, dass dir nachher wieder warm wird“, sage ich mit einem Zwinkern.
„Ich habe ein Geschenk für dich“, flüstert sie so leise, dass ich es beinahe überhört hätte.
„Du sollst mir nichts schenken. Dich hier zu haben, ist mehr als genug.“
„Das sagst du immer“, reagiert sie schnippisch und kramt in ihrer Hosentasche. „Ich habe so lange überlegt, was ich dir holen soll, aber ich hatte einfach keine Idee. Alles war zu bedeutungslos. Ich wollte etwas mit Bedeutung und ich hoffe, es ist nicht zuviel. Du musst es nicht nehmen. Es sieht auch dämlich aus, weil es eigentlich gar kein richtiges Geschenk ist.“
Ich lege einen Finger auf ihre Lippen, um ihren Redefluss zu stoppen.
„Whatever it is, it’s perfect.“
Nina drückt mir einen metallischen Gegenstand in die Hand, der durch ihre Körperwärme schon fast heiß scheint. Ich muss meine Hand unter der Decke rausnehmen, um zu erkennen, was sie mir gegeben hat.
„A key?“, frage ich verwundert.
„Ja, ein Schlüssel. Er ist für meine Wohnung und du musst ihn nicht nehmen. Du sollst nur wissen, dass du jederzeit bei mir willkommen bist und ich dich nicht als Gast betrachte. Das gilt natürlich auch für Lucy.“
Ich
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