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Eine zweite Chance

Eine zweite Chance

Titel: Eine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Alvtegen
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Themawechsel.«
    Ihre Blicke verhakten sich eine Spur zu lange ineinander. Er wusste, was das bedeutete, und entschied sich dafür auszuweichen. Wenn sie miteinander ins Bett gingen, wäre alles zerstört. Er wollte es rein halten, frei von Komplikationen, sich nicht in andere Verpflichtungen verstricken, als Hotelzimmer zu streichen. Alles war schon verwirrend genug, so wie es war.
    Mit dem Blick auf den Tisch drehte er das Weinglas in seiner Hand. Das Licht in der Laterne erlosch.
    Er musste sich eingestehen, dass es verlockend war. Dachte an das Versprechen, das er sich selbst gegeben hatte, es nicht abzulehnen, etwas Neues zu probieren. Die Wahrheit war, dass der Verzicht das Neue wäre. Der gewöhnliche Anders Strandberg hätte kaum gezögert. Er hätte sich vom Stuhl erhoben, seine Hand ausgestreckt und sie wortlos die Treppe hinaufgeführt. Morgen früh hätte er seine Tasche gepackt und wäre bereits auf dem Weg nach Stockholm, wenn sie aufwachte.
    Doch der neue Anders wollte nicht verlieren, was er gefunden hatte.
    Er lehnte sich im Stuhl zurück. »Es ist spät geworden. Ich glaube, es ist für mich an der Zeit, ein bisschen zu schlafen. Ich habe morgen ja noch ein paar Hotelwände zu streichen.«
    Sie schaute auf die Uhr. »O je, ich hätte nicht gedacht, dass es schon so spät ist.« Sie stand sofort auf, und es klirrte, als sie die Weingläser einsammelte. Mit raschen Schritten ging sie herum und blies die Kerzen aus. »Um wie viel Uhr willst du frühstücken?«
    »Darum musst du dich nicht kümmern, das mache ich mir selbst.«
    »Dann gute Nacht, und danke für heute Abend.«
    »Ich habe zu danken.«
    Ihr Blick wich ihm aus. Er hatte sie in den Arm nehmen wollen, hielt aber inne. Sie verschwand in die Küche, und er blieb noch eine Weile sitzen, bevor er die Treppe hinaufstieg.
    Obwohl er sehr langsam ging, holte sie ihn nicht ein.
    Die Farbrolle tanzte vor seinen Augen. Der optische Eindruck, der seinen Tag erfüllt hatte, war noch zurückgeblieben. Dann schlief er ein – die Belohnung für das, was er am Tag geleistet hatte.
    Die Nacht ging, und die Dämmerung kam. Wie immer, wenn er zu viel Wein getrunken hatte, wachte er früh auf. Ein leichtes Kopfweh ließ ihn die Nachwirkungen des Alkohols spüren. Mittlerweile vertrug der Körper weniger als früher. Ein Glas zu viel oder ein paar verlorene Stunden Schlaf hinterließen tiefere Spuren. Früher war so etwas leicht abzuschütteln gewesen.
    Er lag eine Weile da und dachte an den Vorabend. Wie wohl er sich gefühlt hatte. Sowohl beim Kochen als auch beim anschließenden Essen. Eine angenehme Ruhe, für Helena und Emelie eine Selbstverständlichkeit, für ihn war sie nur geborgt. Der Blick, den sie ihm gegen Ende des Abends zugeworfen, den er abgelehnt und von dem er sich zurückgezogen hatte, beschäftigte ihn noch immer.
    Er hoffte nur, dass nichts zerstört worden war.
    Dieser Gedanke trieb ihn aus dem Bett. Er ging zum Fenster und zog den Vorhang zur Seite. Das Tageslicht drang ein, und er blinzelte, der Himmel war klar, und die ersten Strahlen der Sonne sickerten durch den Wald auf die Gipfel in der Ferne. Es versprach, ein schöner Tag zu werden.
    Im Badezimmer wusch er sich, übersprang aber das Rasieren. Er wollte in den Stall und mit seiner Arbeit anfangen. Sich unentbehrlich machen. Er wollte noch einige Zeit hierbleiben, die Erfahrung auskosten zu sein, wer er wollte. Helena und der fremde Ort waren die Voraussetzung dafür. Im Zusammenspiel mit ihr konnte er sich selbst spiegeln und seine neue Verhaltensweise erproben. Er zog den Blaumann an und schlich hinunter in die Küche. Dort füllte er die Kaffeemaschine und bereitete das Frühstück für Helena und Emelie vor, strich ein paar Butterbrote und trank ein Glas Milch. Danach ging er zum Stall.
    Als er über den Hof lief, entdeckte er Verner. Mitten auf dem Acker, vor einer Staffelei und einer Malerleinwand, mit einer Palette in der einen Hand und einem Pinsel in der anderen. Auf dem Boden standen ein kleiner Rucksack und ein Klappstuhl. Anders blieb stehen. Der Besuch in Verners Häuschen schien bereits weit entfernt, so viel war in der Zeit danach passiert, dass sie ihm viel länger vorkam, als sie es tatsächlich war. Er erinnerte sich an das peinliche Angebot, das er für die Gitarre gemacht hatte. Eine Habgier, die er bisher betäubt hatte, regte sich bei der Erinnerung daran. Vielleicht wäre es doch einen neuen Versuch wert? Ein anderer Teil von ihm war von diesem Gedanken

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