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Eine zweite Chance

Eine zweite Chance

Titel: Eine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Alvtegen
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empört und wollte lieber hingehen und sich entschuldigen. Unentschlossen blieb Anders stehen. Sein altes festgefahrenes Ich wehrte sich zum ersten Mal gegen all das Neue und Ungewohnte. Wer war dieser Fremde, der sich seiner bemächtigt hatte, Wände strich und sich bei allen einschmeichelte? Zumindest jemand, dem es sehr viel besser ging.
    Fest entschlossen ging er hinaus auf den Acker, setzte den Weg fort, den er zuvor bereits gewählt hatte.
    Er sprang über einen Graben, folgte einer Ackerfurche und stieg über Büschel von Stoppeln. Die Erdkruste war hart, aber zu dünn, um ihn zu tragen, die Gummistiefel versanken in lehmiger Erde. Verner stand mit dem Rücken zu ihm. Der Atem kam wie Rauch aus seinem Mund. Ein Vogelschwarm erschrak über Anders’ Schritte, hob mit erregtem Geschrei vom Boden ab und suchte in dem Baum auf dem Hof der Anderssons Zuflucht. Das brachte Verner dazu, sich umzudrehen. Beim Anblick von Anders hob er grüßend die Hand. Anders war beruhigt, wäre Verner wütend, würde er ihm wohl kaum winken. Am einfachsten wäre es wohl, wieder von vorne anzufangen, so zu tun, als hätte es ihre frühere Begegnung nicht gegeben. Verner hatte ihm wieder den Rücken zugedreht und sich wieder seiner Staffelei zugewandt.
    »Hallo Verner, so früh schon am Werk?«
    »Sie sind also noch hier in der Gegend? Letztes Mal hatten Sie es so eilig, dass ich geglaubt habe, Sie würden bis nach Stockholm laufen.«
    Anders, der gerade bei ihm angekommen war, schaute zu Boden. Er erinnerte sich, wie er auf dem rutschigen Boden durch den Wald gerannt war. Die Trauer, die ihn überwältigt hatte. Ein merkwürdiges Gefühl, als sei es ein anderer gewesen, der geflüchtet war. »Ich habe mir ein Zimmer im Hotel genommen, und jetzt bin ich dort als Maler angestellt.«
    Verner ließ den Pinsel sinken, drehte sich um und unterzog ihn einer gründlichen Prüfung. Ein bisschen sehr ausführlich, fand Anders. »Sieh mal an.« Verner wandte sich wieder der Staffelei zu. »Sie sind es also, der Helena bei der Fertigstellung hilft. Schön zu sehen, dass es Ihnen besser geht.«
    Anders sah zum ersten Mal auf das Bild. Schon auf dem Weg über den Acker hatte er sich ein paar passende Worte überlegt, um Verners Malkunst zu ermuntern, aber die reichten nun nicht mehr. Das Gemälde war herausragend. Er war in der Kunst nicht ganz unbewandert, aber selbst ein Laie konnte erkennen, dass es mit großem Geschick gemalt worden war. Anders hob den Blick zu dem Vorbild seines Motivs. Die beiden Wohnhäuser und der große Baum auf dem Hof der Anderssons, schräg gegenüber der Straße, die etwa hundert Meter von dem Platz entfernt waren, an dem sie standen. »Das ist ja ganz phantastisch.« Sein Blick kehrte zu dem Bild zurück. Die Häuser, die eigentlich rot waren, hatten auf dem Gemälde einen grauen Ton bekommen. Geschundene Skelette, wie aus Asche gebaut. Mit verzerrten Winkeln schienen sich die Häuser im Zorn voneinander weg zu lehnen. Die Fenster waren schwarz vor Trauer. Der mächtige Baum war das Einzige, was Farbe trug. In vollster Pracht mit weißen Blüten übersät schien er fast aus sich selbst heraus zu leuchten. Die Farben der Blätter brachten Anders dazu, auf Verners Palette zu schielen, in Verwunderung darüber, wie viele grüne Schattierungen es tatsächlich gab. Er kehrte zu dem Gemälde und zu der trügerischen Schönheit des Baums zurück. Denn unter dem Boden verborgen streckten sich vermodernde Wurzeln zu beiden Häusern hin und erfüllten sie mit Bosheit. »Na so was, Verner, ich wusste gar nicht, dass Sie Maler sind. Dieses Bild kaufe ich gern, wenn es fertig ist.«
    Die Worte kamen von Herzen. Selten empfand er etwas für Kunst ohne beglaubigten Wert, aber dieses Bild wollte er weiter betrachten können, wenn auch nur als Erinnerung an eine besondere Zeit.
    Er hörte Verner schnauben. »Sie sind ja sehr erpicht darauf, Sachen zu kaufen.«
    Da kam also doch eine Erinnerung. Auch Verner hatte sie nicht vergessen.
    »Ich dachte nur, falls Sie verkaufen wollen, dann würde ich es gerne haben.«
    »Es steht nicht zum Verkauf.« Verner besserte eine sich schlängelnde Wurzel nach.
    Anders dachte, es wäre vielleicht trotzdem gut, den Kauf eines Bildes anzubieten, auch wenn es nicht gerade dieses war. Allein schon um seine Wertschätzung zu zeigen.
    »Ich würde gerne eins von Ihren Bildern kaufen. Sie haben kein anderes, das Sie verkaufen wollen?«
    »Ne, das ist das einzige Bild, das ich habe.«
    Anders schaute erst

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