Einem Tag mit dir
erwiderte Schwester Hildebrand.
Kurz darauf kamen zwei Männer mit einer Trage und hoben Kitty, die wieder zu sich gekommen war, darauf.
»Anne«, sagte Kitty und sah mich benommen an, »was ist passiert?«
Ehe ich antworten konnte, war Colonel Donahue zur Stelle. »Es sind immer die Hübschesten, die in den Tropen in Ohnmacht fallen«, sagte er grinsend.
Mir gefiel sein Ton nicht, aber Kitty strahlte. »Gott, wie peinlich. War ich lange weg?«
Der Colonel erwiderte ihr Lächeln. »Nur lange genug, um nicht mitzubekommen, dass wir heute einen Tanzabend veranstalten, um Ihre Ankunft gebührend zu feiern.« So wie der Colonel das sagte, hörte es sich an, als wäre der Tanzabend allein Kitty zu Ehren geplant.
Kitty lächelte etwas zu kokett, wie ich fand. »Ein Tanzabend?«, murmelte sie matt.
»Ja«, sagte er, »ein Tanzabend.« Er wandte sich an die Soldaten. »Ihr habt richtig gehört, Männer. Heute Abend um zwanzig Uhr.«
»Danke«, gurrte Kitty immer noch lächelnd.
»War mir ein Vergnügen«, erwiderte der Colonel galant. »Ich möchte Sie nur um einen Gefallen bitten.«
»Alles, was Sie wollen«, sagte Kitty strahlend.
»Dass Sie mir einen Tanz gewähren.«
»Mit dem größten Vergnügen«, antwortete Kitty verträumt, als die Männer die Trage wegrollten.
Kitty hatte schon immer gewusst, wie man einen Auftritt inszenierte.
Die Menge begann sich aufzulösen. Ich warf einen Blick auf meinen Koffer und Kittys riesige Reisetasche und stöhnte. Die Männer hatten sich verzogen, und jetzt stand ich mit dem Gepäck allein da.
»Nicht zu fassen«, sagte jemand hinter mir. Als ich mich umdrehte, stand eine der Schwestern vor mir. Ihr braunes Haar, das ihr in weichen Locken auf die Schultern fiel, erinnerte an das von Rita Hayworth auf den Fotos im Life -Magazin, aber das war auch schon die einzige Ähnlichkeit.
»Wie bitte?«, sagte ich, denn ich wusste nicht, was sie meinte.
»Die Schau, die Ihre Freundin da eben abgezogen hat, war wirklich bühnenreif«, antwortete sie grinsend. Ein Stückchen Spitze ragte am Ausschnitt ihres Kleids heraus. Ich fragte mich, ob das Absicht war.
Eine Schwester mit glänzendem, schwarzem Haar und einem schüchternen Lächeln, anscheinend eine Freundin der anderen, gesellte sich zu uns und nickte zustimmend.
»Nein, nein, nein«, sagte ich. »Sie glauben doch nicht im Ernst, dass Kitty absichtlich ohnmächtig geworden ist?«
»Genau das glaube ich«, erwiderte die Schwester mit den Locken. »So heiß ist es nun auch nicht. Das war volle Absicht.«
»Was für ein Unsinn!«, widersprach ich. »Sie sind doch nur eifersüchtig.«
Die Dunkelhaarige schaute mich entgeistert an, aber die andere zuckte nur selbstbewusst mit den Schultern. »Eines Tages werden Sie uns noch mal dankbar sein«, bemerkte sie schnippisch.
»Wofür?«, fragte ich.
»Dafür, dass wir Ihnen die Augen geöffnet haben in Bezug auf Ihre Freundin. Ich würde sie nicht in die Nähe meines Freundes lassen.«
Ich schüttelte den Kopf, schnappte mir den Koffer und die Reisetasche und ging so schnell los, wie ich es mit dem schweren Gepäck schaffte.
»Wie unhöflich von uns«, sagte die Schwester mit den Locken. Aber anstatt sich zu entschuldigen, wie ich es erwartet hatte, fuhr sie fort: »Fast hätte ich vergessen, uns vorzustellen. Ich bin Stella, und meine Freundin heißt Liz.«
Ich ging wortlos weiter.
»Und Sie sind?«
»Anne«, fauchte ich, ohne mich umzudrehen.
Unsere Zimmer im Schwesterntrakt waren einfach, um nicht zu sagen dürftig eingerichtet: zwei grob gezimmerte Betten, eine Kommode und ein Wandschrank, an der Wand ein ovaler Spiegel. Die dünnen, blassgelben, von der Son ne ausgebleichten Baumwollvorhänge schienen weder aus reichenden Schutz gegen das Sonnenlicht noch gegen die Blicke der Männer zu bieten. Als ich ankam, stand Kitty gerade auf einem der Betten und schlug einen Nagel in die Wand. »Findest du, dass das eine gute Stelle für ein Bild ist?«, fragte sie. »Ich wollte ein Foto von meinen Eltern aufhängen.«
Ich ließ ihre Reisetasche fallen und wischte mir den Schweiß von der Stirn. »Meinetwegen«, sagte ich tonlos. »Wie ich sehe, geht’s dir schon wieder besser.«
»Ja«, erwiderte sie. »Tut mir leid, dass du das Gepäck allein herschleppen musstest. Aber Colonel Donahue hat sich einfach nicht abwimmeln lassen.«
Es ging mir schon auf die Nerven, auch nur den Namen des Colonels aus ihrem Mund zu hören, doch ich ließ mir nichts anmerken. »Ich bin nur froh,
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