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Einem Tag mit dir

Einem Tag mit dir

Titel: Einem Tag mit dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Jio
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Erschro cken wich ich zurück, als eine kleine Echse herausge schossen kam. Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, hob ich die Decke an, um mehr Licht zu haben. Ganz hinten unter dem Bett entdeckte ich ein Stück Sackleinen. Aber das Gemälde war verschwunden.
    Ich stand auf und ließ mich, von Gefühlen überwältigt, auf den Stuhl sacken. Natürlich war das Bild nicht mehr da. Wie naiv von mir zu erwarten, dass ich es noch vorfinden würde.
    Als ich mich wieder erhob, quietschten die Dielen unter meinen Füßen. Ich musste lächeln, als ich an unseren Briefkasten dachte. Albern, die Vorstellung, dass sich noch Briefe darin befinden könnten. Trotzdem konnte ich nicht widerstehen und hockte mich hin, um nachzusehen. Ich kämpfte mit den Tränen, als ich das Dielenbrett anhob. Vorsichtig langte ich mit der Hand in den dunklen Hohlraum und tastetete darin herum, bis meine Finger einen Gegenstand fühlten.
    Ein Buch. Nein, ein dickes Notizheft. Ich nahm das in Leder gebundene Heft heraus und wischte den viele Jahre alten Staub ab.
    Das Licht war dämmrig, und bald würde die Sonne untergehen. Mit zusammengekniffenen Augen las ich die erste Zeile auf der ersten Seite:
    Briefe an Anne von Westry …
    O Gott. Er war hierher zurückgekehrt, wie er es angekündigt hatte .
    Ich blätterte die Seite um, begierig zu lesen, was er geschrieben hatte, doch in dem Moment hörte ich von draußen eine Stimme.
    »Ms. Calloway?«
    Es war Greg. Widerstrebend schlug ich das Buch zu und steckte es ein. »Ja«, rief ich und stand auf. »Ich bin hier.«
    Als ich an die Tür trat, sah ich Greg und seine Frau näher kommen. »Wir wollten Sie lieber nicht allzu lange allein im Dschungel lassen. Kommen Sie, ich helfe Ihnen herunter.«
    Er packte mich mit seinen starken Armen an der Taille und hob mich auf den Boden.
    Loraine betrachtete die Hütte, dann schaute sie mich an. »Haben Sie dort drinnen gefunden, was Sie gesucht haben?«
    Ich drehte mich noch einmal nach der Hütte um. »Nein«, antwortete ich. »Aber dafür habe ich etwas noch viel Besseres gefunden.«
    Loraine lächelte, als wüsste sie mehr als ich. »Hätten Sie Lust, mit zu uns zu kommen und auf der Veranda einen Tee mit uns zu trinken? Wir wohnen nur ein Stück den Strand hinunter.«
    Ich nickte. »Gern, danke.«
    Loraine schenkte aus einer blau-weiß gemusterten Kanne schwarzen Tee ein. »Milch und Zucker?«
    »Ja, bitte«, sagte ich.
    Das Haus, in dem die beiden wohnten, war klein. Ein einfaches Häuschen mit zwei Zimmern, einer Küche und einer großen Veranda.
    »Wir wohnen seit fünfunddreißig Jahren hier«, erzählte Greg. »Früher haben Loraine und ich in New York gearbeitet, aber nach einem Urlaub, den wir hier verbracht ha ben, wussten wir, dass wir nicht mehr in der Großstadt leben wollten.«
    »Also sind wir zurückgekehrt und geblieben«, sagte Loraine. »Wir haben ein paar Kilometer von hier entfernt ein Restaurant eröffnet.«
    Ich beneidete die beiden. Das war das Leben, das ich mit Westry hätte haben können, das Leben, nach dem ich mich gesehnt hatte.
    Ich trank einen Schluck Tee und stellte die weiße Porzellantasse vorsichtig auf der Untertasse ab. »Sie erwähnten eben, dass Sie Westry kennen«, sagte ich leise. Ich fürchtete mich ein bisschen vor dem, was sie mir antworten würden.
    Greg schaute erst Loraine, dann mich an. »Ja«, sagte er. »Wir waren viele Jahre lang befreundet.«
    O Gott. Er sprach in der Vergangenheit . »Sie waren befreundet?«, fragte ich.
    »Ja«, sagte Loraine. »Er kam jedes Jahr hierher. Seine jährliche Pilgerfahrt nannte er das.«
    »Pilgerfahrt?«
    Greg lächelte. »Eine Pilgerfahrt in der Hoffnung, Sie hier anzutreffen.«
    Ich sah zu, wie die Milch in meinem Tee sich spiralförmig drehte wie ein Bild meiner inneren Verwirrung. Ich ließ Gregs Worte einen Moment lang sacken, dann schüttelte ich den Kopf. Ich dachte an Kitty, daran, wie Kitty und Westry sich damals in Paris im Krankenhaus angeschaut hatten.
    »Ich verstehe das nicht«, sagte ich, während ich versuchte, die Geschichte, die ich für die Wahrheit hielt, mit dem in Einklang zu bringen, was die beiden mir da erzählten.
    Greg trank einen Schluck Tee. »Er hat uns Ihre Geschichte erzählt«, sagte er. »Wie Sie sich hier auf der Insel ineinander verliebt haben und wie der Krieg Sie dann getrennt hat.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Aber warum hat er nicht versucht, mich in Seattle zu finden? Warum hat er mir nie geschrieben?«
    »Er war der Meinung, dass er

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