Einen Stein für Danny Fisher: Roman
die sich weiter aufwärts, in der Nähe des Gymnasiums, befinden. Ich beschleunige meine Schritte. Es gibt hier auch nicht viel zu sehen, um meine Aufmerksamkeit zu erregen und mich zum Stehenbleiben zu veranlassen.
Ich bin bereits eine halbe Stunde unterwegs, wenn ich die sechs Ecken erreiche, wo sich Flatbush und Nostrand treffen. Es ist die Endstation der Flatbush-U-Bahn.
An dieser Ecke befinden sich zahlreiche Lebensmittelgeschäfte: A&P; Bohack; Roulston; Daniel Reeves; Fair-Mart. In das letzte trete ich ein. Ich durchschreite einen langen, schmalen Geschäftsraum.
Ein Mann hinter dem Ladentisch sieht auf und schreit mich an: "Beeil dich, Danny. Wir haben eine Menge auszuliefern."
Ich rase ins Hinterzimmer des Geschäfts. Dort lege ich meine Schulbücher auf ein Regal, nehme meine Schürze herunter und binde sie um, während ich schon in den vorderen Raum zurücklaufe. Die Lieferware steht neben der Tür am Boden, und ich trage sie zu dem Handwagen hinaus, der vor der Tür steht.
Einer der Schreiber kommt heraus und prüft mit mir gemeinsam die Rechnungen nach. Dann übergibt er mir das genau abgezählte Wechselgeld für die Nachnahmewaren, und ich mache mich auf den Weg. Der Handwagen und ich schlängeln uns in die Straßen hinein und wieder heraus, und so geht es den ganzen Nachmittag, mitten durch den Verkehr, bis die Sonne untergeht und es sechs Uhr schlägt. Dann nehme ich einen schweren Besen und fege den Laden aus.
Um sieben Uhr kann ich meine Schürze abnehmen. Ich lege sie sauber gefaltet auf das Regal, um sie morgen wieder griffbereit zu haben. Ich greife nach meinen Schulbüchern und eile in das vordere Geschäftslokal; der Geschäftsführer läßt mich hinaus und sperrt die Tür hinter mir sorgfältig zu. Ich gehe eilends die Nostrand Avenue nach Newkirk hinauf. Ein Bus wartet beim U-Bahn-Ausgang und ich steige ein. Ich stehe, denn der Bus ist mit Menschen überfüllt, die alle von ihrer Arbeit heimfahren.
An meiner Ecke steige ich aus und gehe noch einen Häuserblock hinauf. Meine Füße schmerzen und meine Hals- und Schultermuskeln sind empfindlich von dem Heben schwerer Kisten. Aber ich vergesse meine Schmerzen, wenn Rexie die Straße heruntergelaufen kommt, um mich stürmisch zu begrüßen. Sie wedelt in ihrer Aufregung glückselig mit ihrem Schwänzchen, und ich streichle ihren Kopf. Noch immer lächelnd und erwärmt von der freudigen Begrüßung, betrete ich mein Haus.
Ich schütte eine Handvoll Kleingeld auf den Küchentisch. Langsam rechne ich die Fünf- und Zehn-Cent-Stück zusammen. Fünfundachtzig Cent. Heute sind die Trinkgelder gut gewesen. Ich stecke fünfundzwanzig Cent in meine Tasche und fülle den Rest des Kleingelds in das Glas oberhalb des Spültisches.
Mamma hat mir dabei zugeschaut. Jetzt sagt sie: "Geh hinauf, Danny, und wasch dich. Das Nachtmahl wartet."
Papa sitzt schon beim Tisch. Er sagt nichts, eben sowenig wie ich. Wir wissen aber beide, was in uns vorgeht. Ich bin zufrieden.
Denn ich bringe tagtäglich das kleine Bächlein Kleingeld nach Hause, und am Samstag, wenn ich einen ganzen Tag von sieben Uhr morgens bis elf Uhr nachts gearbeitet habe, gibt mir der Geschäftsführer meinen Wochenlohn. Dreieinhalb Dollar. In guten Wochen verdiene ich zusammen mit den Trinkgeldern zehn Dollar.
Es ist gut, daß ich in der Schule so leicht lerne, denn meistens schlafe ich bei meinen Hausaufgaben ein und muß sie am nächsten Tag während der Schulpause fertigmachen. Ich sinke immer ins Bett und schlafe den Schlaf des Erschöpften, wenn ich aber am nächsten Morgen erwache, bin ich wieder frisch und munter. Mir kommt die unerschöpfliche Kraft der Jugend zugute.
Natürlich gibt's Zeiten, in denen ich gern mit den andern Jungen mitspielen möchte, besonders, wenn sie auf der Straße Football spielen. Manchmal erwische ich so einen Football, den einer der Jungen verfehlt hat. Dann hebe ich ihn auf und streiche mit den Fingern zärtlich über das weiche, glatte Schweinsleder. Ich erinnere mich, wie heftig ich mir gewünscht hatte, ins Schulteam aufgenommen . zu werden. Dann werfe ich den Ball zurück. Ich sehe ihm nach, wie er spiralförmig durch die Luft segelt, bis er in die Hände des andern Jungen gelangt. Dann wende ich mich ab. Ich habe keine Zeit für Spiele. Ich bin in düsterer, gedankenvoller Stimmung, denn ich bin an einem weit größeren Spiel beteiligt. Ich arbeite, um mein Heim zu schützen und es mir zu erhalten.
Aber es sind Kräfte am Werk, von denen
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