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Einen Stein für Danny Fisher: Roman

Einen Stein für Danny Fisher: Roman

Titel: Einen Stein für Danny Fisher: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harold Robbins
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ich nichts ahne. Der kalte, leidenschaftslose Mechanismus des Finanz- und Kreditwesens, von Handel und Verkehr, der das Niveau aller Gesellschaftsschichten im Gleichgewicht hält, bedeutet für mich nichts als Worte aus einem Lehrbuch. Aber es gibt Menschen, die diesen Mechanismus aufmerksam beobachten.
    Es sind Menschen, genauso wie Papa und Mamma, wie Mimi und ich. Sie sind gleichermaßen Opfer wie Vollzugsorgane. Sie sind den Vorgesetzten ebenso unterworfen wie die Menschen, auf die sie sie anwenden. Ist das Niveau zu stark aus dem Gleichgewicht geraten, notieren sie etwas auf einem Blatt Papier. Diese Notiz geben sie an andere Leute weiter. Stimmt sie mit den Aufzeichnungen der ersten Beobachter überein, werden wieder andere Papiere ausgefüllt und abgeschickt. Und dann entfallen alle Regeln. Denn das, was sie tun, stört das Gleichgewicht so sehr, daß es unmöglich ist, die Balance wiederzufinden.
    Dann werden wir zur Statistik.
    Statistiken sind sehr kalte Angelegenheiten. Hier handelt sich's um Balancen ganz andrer Art, die von Archivaren aufgestellt werden. Und danach werden viele Entscheidungen getroffen. Begründungen werden daraus abgeleitet und Schlüsse gezogen, so auch die Ursache für unser Versagen, in unserm Wirtschaftsleben ein gleichmäßiges Niveau aufrechtzuerhalten. Aber nichts davon rechnet mit meinen Gefühlen und Stimmungen, wenn ich von diesem Versagen höre. Weder mit meinen noch mit denen meiner Familie. Denn sie interessieren sich lediglich für ihre Kalkulationen, nicht aber für das, was wir fühlen.
    Und bestimmt nicht für die Art der Gefühle, die ich Ende Oktober an jenem Abend empfand, als ich nach Hause zurückkehrte und meine Mamma weinend vorfand.

15
ICH WAR NICHT DABEI, ALS . . .
    Mamma sah auf die Uhr. In wenigen Minuten würde es Zeit für den Lunch sein. Sie überlegte, wo der Vormittag hingekommen war. Sie war mit so bösen Vorahnungen, mit dem unabweisbaren Gefühl bevorstehenden Unheils, das sie bedrohte, erwacht, daß sie sich die ganze Zeit zu einer Beschäftigung zwingen mußte, um ihren Gedanken zu entrinnen. Sie hatte jeden Winkel des Hauses durchstöbert und geputzt, ja sie war sogar in den Keller hinuntergestiegen und hatte die Asche durchgesiebt, um die halbverbrannten Kohlestückchen, die beim Rütteln des Rostes durchfielen, herauszuklauben. Aber trotz aller Geschäftigkeit war sie das unheimliche Gefühl nicht losgeworden.
    Sie kehrte in die Küche zurück, stellte einen Topf Wasser auf den Herd und zündete das Gas an. Vom Flur her hörte sie ein Geräusch. Es war Rexie, die unter dem Küchentisch hervorgekrochen und zur Tür gelaufen war, wo sie schweifwedelnd stehenblieb und Mamma ansah.
    "Du willst wohl hinaus, was?" fragte Mamma den Hund, während sie ihm die Küchentür öffnete.
    Der Hund lief bellend hinaus, und sie wandte sich wieder dem Herd zu. Sie legte ein Ei ins Wasser, das eben zu kochen begann.
    Nachdem sie gegessen hatte, räumte sie den Tisch wieder ab und stellte die Teller auf den Spültisch. Sie war müde und starrte auf die Teller hinunter. Nein, sie war zu müde, um sie abzuwaschen.
    Plötzlich begann ihr Herz so heftig zu klopfen, daß ihr ganzer Körper zu vibrieren schien. Sie bekam Angst. Sie hatte oft gehört, daß Menschen ohne jede Warnung von Herzkrämpfen überfallen wurden. Sie begab sich ins Wohnzimmer, setzte sich auf die Couch und lehnte sich in die Kissen zurück. Ihre Handflächen waren in Schweiß gebadet. Sie schloß die Augen, um zu ruhen.
    Langsam beruhigte sich ihr Herz. Der Atem ging wieder leichter und das Angstgefühl verschwand. "Ich bin einfach übermüdet", sagte sie laut. Die Worte hallten in dem menschenleeren Zimmer. Sie beschloß ein warmes Bad zu nehmen; das würde sie bestimmt entspannen und ihr guttun. Nichts als Nerven, sagte sie sich. Während sich die Badewanne füllte, entkleidete sie sich im Badezimmer, faltete ihre Kleider sauber zusammen und legte sie über die Handtuchstange. Darm betrachtete sie sich im Spiegel.
    Sie berührte überrascht ihr Haar. Soviel Grau war darin und das Schwarz sah verblichen und stumpf aus. Und doch war es ihr, als wäre es noch gestern voll Leben und glänzend schwarz gewesen. In ihr Gesicht hatten sich winzige Fältchen gegraben, und ihre Haut war nicht mehr so weich und glatt, wie sie sie im Gedächtnis hatte. Ihr war beinahe so, als sähe sie jemand andrer aus dem Spiegelglas an.
    Sie hakte ihren Büstenhalter auf. Die Brüste, ihrer mechanischen Stütze beraubt,

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