Einen Stein für Danny Fisher: Roman
Brooklyns, die sie bisher nie gesehen hatte. Ich hob die Hand und wies auf die gegenüberliegende Straßenseite. "Siehst du es?" fragte ich.
Sie blickte hinüber, dann sah sie mich wieder mit verwunderter Miene an. "Was soll ich denn sehen?" fragte sie. "Da ist doch nichts als ein leerstehendes Haus."
Ich lachte. "Stimmt." Ich nickte glücklich. "Schön, was?"
Sie sah wieder hinüber. "Aber es wohnt doch niemand drin", sagte sie enttäuscht. Auch ich blickte wieder auf das Haus. "Deshalb sind wir ja hierhergefahren", sagte ich. Einen Moment hatte ich fast vergessen, daß sie bei mir war. Ich starrte fasziniert auf das Haus. Ich glaubte, daß es kaum schwierig sein könnte, das Haus zurückzubekommen, wenn Papa Mr. Golds Job bekam.
Nellies Stimme unterbrach meine Gedanken. "Und deshalb sind wir mitten in der Nacht hierhergefahren, Danny?" fragte sie. "Nur um ein leerstehendes Haus anzuschauen?"
"Das ist kein beliebiges leerstehendes Haus", sagte ich, "es ist mein Haus. Hier hab ich gewohnt, und vielleicht werden wir bald wieder hierherziehen können."
Plötzlich kam die Erleuchtung über sie. Sie sah nochmals auf das Haus und dann zurück auf mich. Ihr Mund war ganz weich. "Es ist ein wunderschönes Haus, Danny", sagte sie mit tiefstem Verständnis.
Ich umschloß ihren Arm noch fester. "Papa schenkte es mir zu meinem achten Geburtstag", erklärte ich ihr. "Und am ersten Tag, gleich nachdem wir eingezogen waren, fiel ich in eine Grube. Dort fand ich ein kleines Hündchen, und meine Eltern mußten die Polizei holen, um mich wiederzufinden." Ich holte tief Atem. Hier war die Luft frisch und rein. "Das Hündchen starb an dem Tag, an dem wir von hier wegzogen. Die kleine Rexie wurde in der Stanton Street überfahren. Ich hab sie dann hierhergebracht und begraben. Es ist das einzige Heim, das wir beide je gekannt haben, und ich hab das kleine Hündchen über alles geliebt. Deshalb hab ich sie hierhergebracht. Es ist der einzige Ort, an dem sie ... an dem wir glücklich waren."
Sie sah mich mit leuchtenden Augen zärtlich an. "Und jetzt möchtest du wieder hierher zurückziehen", flüsterte sie und lehnte ihr Gesicht an meine Schulter. "O Danny, ich wäre so glücklich für dich!"
Ich sah sie liebevoll an. Beglückende Wärme erfüllte mich. Ich hatte gewußt, sie würde mich verstehen, wenn ich es ihr sagte. Ich hob ihre Hand und drückte sie an meine Lippen. "Okay, Nellie, jetzt können wir wieder zurückfahren." Irgendwie hatte ich jetzt nichts mehr dagegen, zurückzufahren, denn ich wußte, es war nicht mehr für lange.
ich stand unter der Tür und blinzelte in dem grellen Licht der Küchenbeleuchtung. Mamma und Papa starrten mich an, als ich eintrat. "Du bist heute aber bald zu Hause", sagte ich lächelnd zu meinem Vater. Vielleicht, vielleicht brachte er bereits die gute Nachricht!
Doch sein Gesicht war gespannt und ärgerlich. "Dafür kommst du reichlich spät", schnauzte er mich an. "Wo warst du?"
Ich schloß die Tür hinter mir und sah ihn an. Er benahm sich durchaus nicht so, wie ich erwartet hatte. Vielleicht war doch etwas schiefgegangen? Vielleicht hatte Mr. Gold mich doch erkannt? "Ach, etwas rumgebummelt", sagte ich vorsichtig. Besser ist's, jetzt nicht mehr zu sagen.
Nun begann aber sein Zorn über seine Selbstbeherrschung Oberhand zu gewinnen. "Rumgebummelt?" schrie er plötzlich. "Was ist das für eine Antwort? Deine Mutter war den ganzen Abend vor Angst außer sich, und du kommst nicht nach Haus, sagst kein Wort, sondern bist einfach herumgebummelt!? Wo warst du? Antworte mir!"
Ich preßte die Lippen eigensinnig zusammen. Es mußte etwas schiefgegangen sein. "Ich hab der Mamma doch gesagt, daß mir nichts fehlt, folglich braucht sie sich keine Sorgen zu machen."
"Warum bist du dann nicht zum Nachtmahl nach Hause gekommen?" brüllte er mich an. "Deine Mutter wußte nicht, was mit dir geschehen ist. Du hättest auf der Straße tot umfallen können, und wir hätten nichts davon erfahren. Sie war ganz krank vor Angst."
"Tut mir leid", sagte ich mürrisch, "ich hab doch nicht gewußt, daß sie sich Sorgen machen wird."
"Es braucht dir nicht leid zu tun", schrie mich Papa an. "Ich will bloß eine Antwort! Wo warst du?"
Ich sah ihn einen Moment an. Es hatte keinen Sinn, ihm jetzt in dieser Verfassung etwas zu sagen. Er war krebsrot vor Wut. Ich drehte mich um und wollte wortlos aus dem Zimmer.
Plötzlich fühlte ich aber Papas Hand schwer auf meiner Schulter; er wirbelte mich zu sich herum. Ich
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