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Einen Stein für Danny Fisher: Roman

Einen Stein für Danny Fisher: Roman

Titel: Einen Stein für Danny Fisher: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harold Robbins
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riß die Augen vor Überraschung weit auf. Papa hielt seinen Ledergürtel in der Hand und schwenkte ihn drohend.
    "Du gehst nicht hinaus, ohne mir geantwortet zu haben!" schrie er. "Ich hab dein hochmütiges Wesen jetzt satt! Seitdem wir hierhergezogen sind, glaubst du, du könntest hier ein und aus gehen, wie dir's beliebt, und brauchst niemandem Rechenschaft zu geben. Nun, jetzt hab ich's aber satt! Du wirst gefälligst auf die Erde zurückfinden, und wenn ich dich herunterprügeln müßte! Antworte mir!!"
    Ich preßte die Lippen noch fester zusammen. Papa hatte mich nie im Leben im Zorn geschlagen. Ich konnte nicht glauben, daß er's jetzt tun würde, wo ich soviel größer war als er selbst und schweigend auf ihn hinuntersah.
    Er schüttelte mich heftig. "Wo warst du?!"
    Ich antwortete nicht.
    Der Gürtel kam durch die Luft gepfiffen. Er traf mich auf der Wange. Funken sprühten vor meinen Augen, und ich hörte, wie meine Mutter entsetzt aufschrie. Ich schüttelte den Kopf und öffnete die Augen.
    Mamma packte ihn am Arm und bat ihn, sofort aufzuhören. Er stieß sie von sich und schrie: "Ich hab's satt, sag ich dir, ich hab's satt! Jeder Mensch kann nur ein bestimmtes Maß erdulden... von seinem eigenen Sohn kann man aber den gebührenden Respekt verlangen!" Damit wirbelte er wieder zu mir herum, und der Gürtel kam wieder durch die Luft gesaust.
    Ich hob die Arme, um mich zu schützen, doch der Gürtel fand den Weg zu meinem Gesicht. Die Schnalle traf mich an der Stirn, und ich stürzte wie betäubt zu Boden.
    Durch ein Meer von Schmerzen sah ich zu meinem Vater auf. Ich mußte mich nicht schlagen lassen, denn ich konnte ihm den Gürtel einfach wegnehmen, sobald es mir paßte. Dennoch tat ich es nicht. Ich rührte mich nicht einmal, um den nächsten Schlag abzuwehren. Der Gürtel kam wieder heruntergepfiffen, und ich knirschte vor Schmerz mit den Zähnen.
    Mamma umklammerte seinen Arm mit beiden Händen. "Hör auf, Harry! Du bringst ihn ja noch um!" schrie sie außer sich.
    Er schüttelte sie jedoch ab, und sie fiel hilflos in einen Sessel. Er starrte mich wütend an. Seine Augen waren rotgerändert und verschwollen, als hätte er geweint. Der Gürtel hob und senkte sich, hob und senkte sich, bis mir schien, als hätte ich mein ganzes Leben in dieser seltsamen Welt der Schmerzen verbracht. Ich schloß die Augen.
    Jetzt hörte ich wieder seine Stimme. "Wirst du mir jetzt endlich antworten?"
    Ich sah zu ihm auf. Papa schien drei Köpfe zu haben, und alle drei bewegten sich kreisförmig zuerst aneinander vorbei, dann schob sich einer durch den andern. Ich schüttelte den Kopf, um wieder klar zu sehen. Da hob Papa drei Hände. Und drei Gürtel sausten auf mich nieder. Rasch schloß ich wieder die Augen.
    "Ich war beim Haus drüben!"
    Der Schlag, den ich erwartet hatte, erfolgte nicht, und ich öffnete die Augen. Die drei Gürtel schwebten über meinem Kopf in der Luft. Papas Stimme ertönte wie aus weiter Feme: "Bei welchem Haus?"
    Jetzt erst kam mir zu Bewußtsein, daß ich geantwortet hatte. Ich seufzte tief. Meine Stimme war kaum noch ein Krächzen, ich erkannte sie nicht wieder. "Bei unserm Haus", antwortete ich. "Ich bin hingefahren, um nachzuschauen, ob schon jemand drin wohnt. Ich dachte, wenn Mr. Gold weg ist, wird Papa Geschäftsführer, und wir können zurückziehen."
    Tiefe Stille senkte sich über den Raum, die sich unendlich lang hinzuziehen schien. Das einzige Geräusch war das Rasseln meines Atems. Dann lag Mamma am Boden neben mir und zog meinen Kopf an ihre Brust.
    Ich öffnete wieder die Augen und sah zu Papa hinüber. Er war völlig erschöpft in einen Sessel gesunken und starrte mich mit weit aufgerissenen, entsetzten Augen an. Er schien vor meinen Augen zu altern und einzuschrumpfen. Seine Lippen bewegten sich fast unhörbar. Ich konnte ihn kaum verstehen.
    "Wie kommst du auf diese Idee?" sagte er. "Gestern abend sagte mir Gold, daß das Geschäft Ende des Monats zugesperrt wird. Sie haben dabei nur Geld zugesetzt, und ich verliere am Ersten meinen Job."
    Ich konnte es nicht glauben. Ich konnte es einfach nicht. Tränen strömten mir aus den Augen und glitten über meine Wangen. Nach und nach begann ich zu verstehen. Das war es also gewesen, weshalb Gold meinen Vater gestern zur Registrierkasse gerufen hatte. Und deshalb hatte Papa so niedergeschlagen ausgesehen.
    Alles wurde mir jetzt klar. Papas Zorn, Mammas bekümmerter Blick heute morgen, ihre Geistesabwesenheit, als sie beim Herd stand.

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