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Einer kam durch

Titel: Einer kam durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: von Werra Franz
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Geleitschutz.
    Die zweiunddreißig Flugzeugführer hatten sich fertiggemacht und stiegen in die Cockpits ihrer Maschinen. Mit Schwimmweste, FT-Haube, Atemmaske und Signalpistole passten sie gerade noch in den schmalen Sitz des Flugzeugs. Sie starteten von der französischen Ortschaft Samer, südöstlich von Boulogne, in Richtung auf den Ärmelkanal. Die Maschinen waren eingeteilt in drei Staffeln und einen Stabsschwarm, der vorausflog und die Gruppe führte.
    Die letzte Maschine der Gruppe startete um 8.31 Uhr genau.
    Wenige Minuten später hatten sie, in Staffeln geordnet, eine Höhe von viertausendfünfhundert Metern über Cap Gris Nez erreicht – jener Landzunge am Ärmelkanal, von der aus man die weißen Kreidefelsen bei Dover erkennen kann, 32 Kilometer entfernt. Der Adjutant wackelte mit seiner Maschine und sagte in den Sprechfunk: »Von Stella zwo an Stella eins. Sie kommen links.«
    »Stella eins, schon gesehen«, antwortete der Kommandeur. { * }
    Wie ein glitzernder Heerwurm schob sich eine Schlange von Flugzeugen in dreitausend Meter Höhe von Frankreich her auf die Jagdgruppe zu.
    Es waren zweimotorige Bomber vom Typ Heinkel 111, wie die Möbelwagen beladen mit Benzin und Öl, mit Spreng- und Brandbomben in den vertikalen Bombenschächten. Wo der Heerwurm erschien, erzeugte er ein dumpfes, murmelndes Geräusch, das noch drei Kilometer tiefer die Fensterscheiben zum Klirren brachte. Die Bauern auf den Feldern blieben stehen, hielten die flache Hand gegen die Sonne und betrachteten die schmalen Silhouetten der Maschinen, die dicht aufgeschlossen flogen. Manchmal wackelte ein Jäger. Dann spiegelte er das Licht der Sonne wider und blitzte auf wie der Sprengpunkt einer Granate. Drei Gruppen von Jägern hingen an dem Kampfverband. Je links und rechts, die dritte tausend Meter höher und hinter ihm, um die gefährlichen Angriffe aus der Sonne abzufangen. Die Jäger hatten ihre Motoren gedrosselt. Sie schlichen neben den Bombern her.
    Eine Last von 200 Tonnen Dynamit und Stahl marschierte geradlinig auf London zu. Der Auftrag des Morgens lautete, einen Scheinangriff auf den britischen Flugplatz Croydon auszuführen, abzudrehen und den Flugplatz Biggin Hill der Royal Air Force mit einem Teppichwurf einzudecken. Während die Maschinen ihrem Ziel entgegenkrochen, erklangen in ganz Kent, Essex und London die Sirenen. Menschen strömten in die Bunker, britische Jagdflieger stürzten sich in ihre Maschinen und hoben ab, um rechtzeitig die erforderliche Höhe zu erreichen. Die Flak bei Dover eröffnete das Feuer und malte eine breite Chaussee von grauen Sprengwolken in den Himmel, die bald verwehten und das Kielwasser der großen Armada bezeichneten.
    Es ging alles so rasend schnell, daß Franz von Werra gar keine Zeit fand, zu überlegen. Eben noch hatte der Stabsschwarm an der Spitze der II. Gruppe des dritten Jagdgeschwaders die linke Flanke des Bomberverbandes abgedeckt. Die Flieger beobachteten aufmerksam einen Pulk Spitfires, der sich von weitem näherte. Dann überstürzten sich die Meldungen. Ein Verband Hurricane von hinten und ein weiterer Verband, der fast senkrecht vor der Kommandeurmaschine auf die Bomber herabstürzte. Von Seiles Stimme im Sprechfunk: »Von Stella eins: Tiger und Panther abwarten, Löwe angreifen.« Franz von Werra sah, wie Hauptmann von Seile vor ihm die Maschine drückte, um den Hurricane-Jägern das Handwerk zu legen. Er schickte sich an, ihm zu folgen. Niemand sah den zweiten Pulk Hurricanes, der von rechts oben direkt aus der Sonne kam. Sie nahmen Hauptmann von Seile aufs Korn, doch da er bereits stürzte und die schmale Silhouette zeigte, verfehlten sie ihn. Dafür schlug eine Garbe in die Maschine des Adjutanten.
    Werra hörte das hässliche ›Klack-Klack‹ der Geschosse, blickte nach hinten und sah die spitze Nase einer Hurricane, die an seinem Heck klebte, Werra schwenkte nach links ab, schob die Pulle rein und versuchte einzukurven, um hinter den Engländer zu kommen. Doch sein Motor gab eine Reihe von Fehlzündungen von sich.
    Motortreffer!
    Werra drückte auf den Knopf des Sprechfunks, aber das vertraute Knacken blieb aus. Die FT-Anlage war ebenfalls getroffen worden. Werra blickte wieder zurück und sah, daß die ›Hurricane‹ ebenfalls eingekurvt hatte. Der Engländer schoß jetzt wieder, und seine weiße Leuchtspur zischte an der Kanzel der Me 109 vorbei. Um mehr Fahrt aufzunehmen ohne den Motor zu belasten, stellte Werra die Maschine auf den Kopf. Es ging in scharfen

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