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Eines Abends in Paris

Eines Abends in Paris

Titel: Eines Abends in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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saßen noch lange im La Palette. Und wir hätten wohl noch bis zum frühen Morgen dort gesessen, Wein getrunken, uns an den Händen gehalten, gescherzt, geredet, gelächelt und geschwiegen, wenn die Kellner nicht angefangen hätten, eine gewisse Unruhe zu verbreiten. Sie rückten die leer geworden Holzstühle an den Tischen zurecht. Sie klapperten mit den Gläsern. Sie lehnten an der Theke, schauten gähnend zu uns herüber und warteten.
    Sie zeigten wirklich viel Verständnis für einen Mann und eine Frau, die gerade dabei waren zu vergessen, dass es überhaupt noch etwas auf der Welt gab außer ihnen beiden. Wer hatte noch geschrieben, dass die Liebe ein Egoismus zu zweien sei?
    Doch schließlich kam einer der Kellner an unseren Tisch und räusperte sich.
    »Pardon, Monsieur. Wir würden jetzt gerne schließen.«
    Wir blickten überrascht auf und bemerkten erst jetzt, dass wir die letzten Gäste waren.
    »Meine Güte, es ist ja schon halb zwei«, sagte Mélanie. Sie lächelte dem Kellner entschuldigend zu, löste ihre Hand aus der meinen und griff nach ihrem roten Mantel, den sie sorgsam über die Stuhllehne gelegt hatte. Ich stand auf, um ihr in den Mantel zu helfen, dann zog ich meine Brieftasche aus der Jacke und zahlte.
    »Vielen Dank für die Einladung. Das war ein sehr schöner Abend«, sagte Mélanie, als der Kellner hinter uns die Tür zusperrte. Sie sah mich an und knöpfte umständlich ihren Mantel zu. Erst jetzt fiel mir auf, wie altmodisch er geschnitten war und wie gut er zu ihr passte.
    »Ja, ein ganz besonders schöner Abend«, wiederholte ich. »Und viel zu schnell vorbei.« Es war mitten in der Nacht, ich war kein bisschen müde und ich wollte nichts weniger, als dass der Abend vorbei sein sollte – er hätte von mir aus immer weiter gehen können, so wie bei den Helden aus Before Sunrise, diesen zwei Studenten, die einen Tag und eine Nacht in Wien umherwandern und sich nicht voneinander trennen können. Nur konnte ich Mélanie ja kaum bitten, mit mir in die Tuilerien zu schlendern und dort ganz romantisch in meinen Armen zu liegen bis zum Morgengrauen. Dazu war es definitiv zu kalt.
    In diesem Moment wünschte ich mir, ich hätte etwas mehr von Roberts unbekümmerter »Zu-dir-oder-zu-mir«-Mentalität gehabt. Andererseits war ich mir nicht sicher, ob dieses Mädchen in seinem altmodischen Mantel die Art Frau war, die man mit solchen Avancen für sich gewinnen konnte. Und zudem war dies hier der Anfang von etwas ganz Besonderem, nicht irgend so eine Geschichte, das spürte ich genau.
    In der nächtlichen Stille um uns herum schien jedes Wort wieder so viel schwerer zu wiegen als drinnen in dem behaglichen Bistro, wo wir eben noch an dem dunklen Holztisch gesessen und geredet hatten und sich unsere Hände immer wieder berührten. Jetzt standen wir voreinander auf der Straße und ich wollte mich nicht verabschieden und war mit einem Mal so schüchtern wie ein Schüler.
    Ich überlegte schon, Mélanie für den nächsten Abend ins Kino einzuladen – ein wenig origineller Vorschlag für den Besitzer eines Kinos. Unschlüssig vergrub ich meine Hände in den Hosentaschen und suchte nach dem einen großartigen Satz.
    »Also dann …«, sagte Mélanie und zog fröstelnd ihre Schultern hoch. »Ich muss in diese Richtung.« Sie wies mit der Hand zum Boulevard Saint-Germain hinüber. »Und Sie?«
    Meine Wohnung lag nur wenige Minuten vom La Palette entfernt in der Rue de l’Université, und sie lag unzweifelhaft genau in der entgegengesetzten Richtung, aber das war ganz egal.
    »Na, so was, ich auch«, log ich und sah, wie Mélanie erfreut lächelte. »Tja, also … Ich muss genau in dieselbe Richtung. Dann kann ich Sie ja noch ein Stück begleiten, wenn Sie wollen.«
    Sie wollte. Sie hakte sich bei mir ein, und so gingen wir ohne Eile die Rue de Seine hoch bis zum Boulevard Saint-Germain, der auch um diese Uhrzeit noch belebt war, kamen an dem jetzt verlassenen Crêpes-Stand vorbei, der sich seitlich an den kleinen Garten der alten Kirche von Saint-Germain-des-Prés schmiegte und vor dem tagsüber immer eine Schlange von Menschen stand, die angelockt durch den Duft eine Crêpe mit Maronencrème oder eine mit Schokolade bestrichene Waffel kaufen wollten.
    Vor der Brasserie Lipp, die noch hell erleuchtet war, warteten ein paar Taxen auf späte Kunden. Wir wechselten die Seite und gingen weiter den Boulevard Saint-Germain hoch, überquerten schließlich den Boulevard Raspail und bogen kurze Zeit später in

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