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Eines Abends in Paris

Eines Abends in Paris

Titel: Eines Abends in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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der Regisseur und die Regieassistenz, die persönliche Assistentin von Solène Avril – und die Schauspieler natürlich. Man kann es ja eigentlich in jedem Filmabspann lesen, dennoch macht man es sich selten klar, wie viele Menschen für einen Film oder auch nur einige Szenen darin vonnöten sind.
    Am Anfang und in der behaglichen Atmosphäre eines Abendessens mit Allan Wood und Solène Avril waren die Filmarbeiten eine tolle Sache gewesen, aber jetzt, da sie unmittelbar bevorstanden, graute mir etwas vor dem ganzen Trubel – so wie mir eigentlich vor allem graute, was meinen normalen Tagesablauf durcheinanderbrachte.
    Anders als Robert, Madame Clément und François, die diesem Event gespannt und mit den unterschiedlichsten Erwartungen entgegensahen, hatte ich beschlossen, mich in den kommenden Tagen möglichst vom Kino fernzuhalten.
    »Vom 3. bis 7. Mai bleibt das Kino wegen Dreharbeiten geschlossen.« – Schon als ich das Schild mit gemischten Gefühlen an die Eingangstür hängte, blieben ein paar Passanten neugierig stehen, aber auch ohne diesen Hinweis hätte man sofort bemerkt, dass etwas anders war als sonst. Bereits jetzt war ein Teil der schmalen Straße abgesperrt, ein Wohnwagen, der wie ein Fremdkörper wirkte zwischen den alten Gebäuden, parkte an der Seite, dahinter der Wagen eines Cateringunternehmens und der Produktionswagen.
    Am Montag würde ich sicherlich im Kino vorbeischauen, um alle kurz kennenzulernen – darauf hatte Solène bestanden –, aber der Gedanke, nun bereits am Sonntag einen mehrstündigen Ausflug mit der ganzen Truppe zu machen und dann auch noch zum Montmartre, verursachte mir Magenschmerzen.
    Von weitem ist die weiße Zuckerbäckerkirche, die hoch über der Stadt auf dem berühmten Hügel liegt, den man auch mit dem Funiculaire, einer kleinen Drahtseilbahn, erreichen kann, ja noch erträglich. Doch vor Ort und vor allem tagsüber ist der Montmartre eine etwas trostlose Angelegenheit. Unten, am Fuße des Hügels, reihen sich Billigläden aneinander und zweifelhafte Gestalten wühlen in den Bergen von Unterwäsche, die draußen auf den Tischen angeboten wird. Weiter oben quetschen sich viel zu große Touristenbusse durch die engen Gässchen und an den Restaurants vorbei, und in jedem hat mindestens ein großer Maler gegessen, gemalt oder getrunken, wie man sofort auf den ausgehängten Schildern zu lesen bekommt.
    Auf den Treppen unterhalb der Kirche sitzen verliebte Studenten und mit Photoapparaten behängte Touristen aus aller Welt und sind ein wenig enttäuscht, dass man den Eiffelturm von hier aus gar nicht sehen kann.
    Horden von Zigeunermädchen stürzen sich wie die Tauben von San Marco auf alles, was sich bewegt, und wollen aus der Hand lesen, die Brieftasche oder eine Unterschrift für eine Petition, vielleicht auch alles drei. Die meisten Menschen, die hier oben mit suchenden Blicken umhergehen, verstehen nichts, denn die meisten Menschen sind Touristen, und nirgendwo in Paris fällt das mehr auf als hier. Im Bannkreis der Kirche Sacre-Coeur kann man leicht den Eindruck gewinnen, dass nur die Kellner in den Bars und Restaurants Einheimische sind, und dieser Eindruck ist nicht mal so verkehrt.
    Auf der pittoresken Place du Tertre versuchen Maler mit mehr oder weniger gelungenen Bildern die Tradition von einst aufrechtzuerhalten. Rund um den Platz, auf dem stets ein buntes Treiben herrscht, drängen sich Besucher und kleine Restaurants gleichermaßen.
    Bei Nacht und im schmeichelnden Licht der alten Laternen hat Montmarte unzweifelhaft auch heute noch etwas sehr Malerisches und der Zauber alter Zeiten scheint unzerstörbar. Doch im hellen Licht des Tages erinnert es an eine zu stark geschminkte Frau, die ihre beste Zeit schon hinter sich hat.
    Montmarte bei Tag deprimiert mich und ich war eh schon in melancholischer Stimmung. Also sagte ich Solène ab und wünschte ihr viel Spaß.
    Eine halbe Stunde später rief Allan Wood und fragte, ob ich wirklich nicht mitkommen wolle. Es sei doch so ein perfekter Tag für den Montmartre. Man habe drei Wagen plus Fahrer gemietet, um das Viertel der Maler und Künstler zu erkunden, und alle seien schon völlig aus dem Häuschen.
    Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es so etwas wie einen perfekten Tag für den Montmarte gab, aber schließlich war ich auch kein amerikanischer Tourist. Also schwieg ich höflich.
    »Solène hat uns vorgeschwärmt, wie schön es dort ist«, sagte Allan Wood. Er wirkte völlig enthusiasmiert, und ich nahm

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