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Eines Abends in Paris

Eines Abends in Paris

Titel: Eines Abends in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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geforscht, aber von den Leuten, die sich noch an die Familie Fontaine erinnerten, hatte keiner sagen können, wohin Mélanie nach ihrer Rückkehr aus der Bretagne gezogen war. Solène hatte die Idee verworfen, mit allen Fontaines in Paris Kontakt aufzunehmen.
    »Das können wir immer noch machen«, sagte Solène. »Aber im Moment kostet das viel zu viel Zeit. Glücklicherweise haben wir ja noch andere Optionen.«
    »Eine Option«, murrte ich.
    »Aber eine sehr aussichtsreiche. Ich tue, was ich kann, Alain, meinst du, ich will meine Schwester nicht so schnell wie möglich wiedersehen? Aber wir werden uns wohl bis zum Wochenende gedulden müssen, vorher komme ich hier nicht weg.«
    Ich stöhnte. »Das sind ja noch drei Tage!«
    »Am Wochenende fahre ich nach Le Pouldu«, wiederholte Solène. »Keine Angst, wenn ich meine Tante erst einmal ausfindig gemacht habe, werden wir auch Mélanie finden. Es ist jetzt doch nur noch eine Frage der Zeit.«
    Ich seufzte tief und trommelte mit den Fingern auf der hellen Marmorplatte herum. Ich hätte gerne eine Zigarette geraucht.
    »Diese Warterei macht mich ganz verrückt. Ich hab ein ganz komisches Gefühl, Solène. Wir sind jetzt so dicht dran. Nicht dass im letzten Moment noch etwas schiefgeht. Nachher fällt deine Tante beim Hausputz von der Leiter und bricht sich das Genick. Oder Mélanie macht eine Schiffsreise und trifft womöglich irgend so einen blöden Millionär, und dann bin ich endgültig aus dem Rennen.«
    Solène lachte. »Du guckst zu viele Filme, Alain. Alles wird gut.«
    »Ja, ja«, entgegnete ich. »Diesen Satz habe ich nun auch schon mehrere Male gehört. Ich hasse diesen Zweckoptimismus. Du kannst dich mit meinem Freund Robert zusammentun.«
    »Robert? Wer ist das?«
    »Ein Astrophysiker, der die Frauen liebt und sich seine gute Laune nie verderben lässt«, knurrte ich und musste zugeben, dass es wirklich so war. Ich hatte Robert noch niemals schlecht gelaunt erlebt. »Er wird noch sagen, dass alles gut wird, wenn er mit einem Fallschirm abstürzt, der sich nicht öffnet.«
    »Aber das klingt doch wunderbar«, meinte Solène. »Ich hoffe, du stellst ihn mir mal vor.«
    »Alles zu seiner Zeit«, sagte ich. »Jetzt müssen wir Mélanie finden.«
    Als ich das Mobiltelefon neben die Tasse legte, bemerkte ich den Blick des Professors. Ich nickte entschuldigend. Das mobile Telefonieren verführte dazu, dass man die ganze Welt mit seinen Privatangelegenheiten belästigte, so als ob man zu Hause in seinem Sessel säße.
    »Suchen Sie jemanden?« Der Blick aus seinen klaren blauen Augen war voller Mitgefühl. »Verzeihen Sie, dass ich Sie einfach so anspreche, aber ich konnte nicht umhin, Ihr Gespräch mit anzuhören.«
    Er lächelte mir freundlich zu. Und ich hatte ein Déjà-vu.
    Schon einmal hatte ich zufälligerweise mit dem Professor in diesem kleinen Café gesessen. Damals hatte er mir alles Gute gewünscht. Das war vor wenigen Wochen gewesen – als ich Mélanie zum ersten Mal angesprochen hatte.
    Ich hob die Schultern und nickte. In der Intimität des Cafés wurde der Professor plötzlich zu einem alten Vertrauten.
    »Ja«, sagte ich und seufzte. »Aber das ist eine lange Geschichte.«
    Der Professor legte die Zeitung beiseite und sah mich aufmerksam an. »Einer der wenigen Vorzüge des Alters ist es, dass man sehr viel Zeit hat. Wenn Sie mögen, höre ich gerne zu.«
    Ich blickte in die weisen Augen dieses alten Mannes, den ich eigentlich gar nicht kannte, und dachte, dass meine Geschichte bei ihm gut aufgehoben wäre. So fing ich an zu erzählen, und der Professor beugte sich ein wenig zu mir herüber, hielt eine Hand an sein Ohr und lauschte aufmerksam meinen Worten.
    »Sie kennen sie sogar«, unterbrach ich einmal meine Rede. »Es ist diese junge Frau im roten Mantel, mit der ich vor ein paar Wochen verabredet war – Sie haben sie damals im Kino gesehen, im Foyer, wissen Sie noch?« Ich seufzte. »Meine Güte, ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich in dieses Haus in der Rue de Bourgogne gegangen bin, weil ich mir sicher war, dass sie dort wohnte. Ich hatte sie doch bis nach Hause begleitet, bis in den Innenhof, wo ein alter Kastanienbaum steht. Aber sie war nicht da und keiner der Hausbewohner hatte sie gesehen. Ich habe zwischendurch schon an meinem Verstand gezweifelt.«
    Ich nahm einen Schluck aus meiner Tasse und sah, wie der Professor erstaunt seine Augenbrauen hochzog.
    »Aber sie war in der Rue de Bourgogne«, sagte er langsam. »Ich habe sie dort

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