Einfach Abschalten
bekommen soll. Vergeblich, das maximalistische Vorgehen ist immer noch bestimmend.
Was tun? Wir leben erst seit kurzem in der digitalen Welt, daher könnte es so aussehen, als bewegten wir uns in unkartiertem Gelände. Tatsächlich ist das nicht der Fall. Die Menschen haben seit Tausenden von Jahren Technologien genutzt, um über Raum und Zeit hinweg miteinander in Verbindung zu treten. Und jedes Mal, wenn ein neues Hilfsmittel auftauchte, hat es die Art von Herausforderungen hervorgebracht, denen wir uns heute gegenübersehen: Geschäftigkeit, Informationsüberfrachtung, das Gefühl, der Sinn des Lebens sei außer Kontrolle geraten.
Diese Herausforderungen waren vor zweitausend Jahren schon genauso gegeben wie heute, die Menschen haben sich zu allen Zeiten mit ihnen herumgeschlagen und nach kreativen Möglichkeiten gesucht, mit dem Leben in der Menge klarzukommen. Wir können aus ihrer Erfahrung und den praktischen Ideen, die daraus hervorgegangen sind, eine Menge lernen. Auch wenn am Anfang dieses Buches eine futuristische Allegorie steht, fußt es auf der Prämisse, dass eine neue Lebenshaltung für die digitale Welt – die Tür zu einem gesünderen, glücklicheren Leben – am ehesten in der Vergangenheit zu finden ist.
In Teil II untersuche ich sieben Schlüsselmomente der Geschichte, Epochen, die unserer eigenen in ihren technologischen Umwälzungen und großen Irritationen ganz ähnlich sind. Ich widme mich dabei jeweils einem Denker, der in außergewöhnlicher Art und Weise über die Hilfsmittel seiner Zeit reflektiert hat, Hilfsmittel, die in vielen Fällen heute noch in Gebrauch sind. Die Namen dieser Denker sind uns allen wohlvertraut: Platon, Seneca, Gutenberg, Shakespeare, Benjamin Franklin, Henry David Thoreau und Marshall McLuhan; ihre Einsichten in die Materie jedoch sind weniger bekannt.
Platon beispielsweise zeigt, dass sich schon im alten Griechenland die Menschen Gedanken darüber machten, welchen Einfluss die neuesten Technologien auf ihren Verstand haben würden, und nach Wegen suchten, der Masse zu entkommen. Hamlet ist eine der bekanntesten Figuren der Literaturgeschichte, aber Sie wissen vielleicht nicht, dass Shakespeare dem Prinzen von Dänemark ein abgefahrenes Gerät mitgab, ein Handgerät, das im England der Renaissance so in Mode war wie heutzutage das iPhone und das BlackBerry. Die sieben Philosophen des Bildschirms, wie ich sie nenne, gestatten uns eine Tour durch die technologische Vergangenheit mit besonderem Augenmerk auf die menschlichen Fragen, denen wir uns heute gegenübersehen. Was kann man tun, wenn das Leben zu sehr aufs Außen gerichtet ist und von der Masse bestimmt wird? Wie bringt man den geschäftigen Geist zur Ruhe? Für mich ist es bereits tröstlich und inspirierend zu wissen, dass diese Fragen schon so oft und unter ganz unterschiedlichen Umständen aufgetaucht sind.
Im letzten Teil des Buches mache ich Vorschläge, wie die Lektionen der Vergangenheit anzuwenden sind, und verwende dabei Beispiele aus der realen Welt von heute sowie eine Fallstudie aus meinem eigenen Leben. Die Grundidee ist simpel: Um in der vernetzten Welt ein glückliches und produktives Leben zu führen, müssen wir die Kunst beherrschen, auch mal ohne Verbindung zu sein. Selbst in einer so durch und durch vernetzten Welt wie der unseren ist es immer noch möglich, etwas Abstand zwischen uns und die Menge zu bringen.
Menschen wenden sich gerne nach außen. Der Impuls, Verbindungen einzugehen, bestimmt uns maßgeblich. Aber die Reise rückwärts, zurück zu uns selbst und dem Leben um uns herum, verleiht unserer Zeit vor dem Bildschirm Wert und Bedeutung. Warum sollten wir uns nicht um eine Welt bemühen, in der wir beide Bedürfnisse erfüllen können?
Der Raum fühlt sich irgendwie überfüllt an, finden Sie nicht auch? Lassen Sie uns hier abhauen.
1 Ich benutze das Wort » Bildschirm« (oder » Schirm«) hier und im gesamten Buch als Kurzformel für die digitalen Kommunikationsmittel, die in den letzten beiden Jahrzehnten weite Verbreitung gefunden haben; es umfasst Desktop- PC s und Laptops, Handys, E-Book-Reader und Tablet- PC s.
Teil I
Was für ein Spaß!
Das Rätsel des vernetzten Lebens
1 | Beschäftigt, sehr beschäftigt
Wo bleibt die Tiefe in der digitalen Welt?
Wenn ich mir so ansehe, wie viele von uns heute leben – die ganze Zeit auf Bildschirme starrend –, denke ich an meine Freundin Marie. Als ich
Weitere Kostenlose Bücher