Einfach bezaubernd
stand Elric hinter ihr und blickte gelangweilt drein.
»Tut mir leid, Maxine!«, rief Lizzie durch die geschlossene Tür. »Der Wind muss sie zugeschlagen haben. Komm morgen wieder, dann geben wir dir einen Scheck.«
»Aber ich kann nicht …« Plötzlich herrschte Stille draußen.
Lizzie wirbelte zu Elric herum. »Was haben Sie mit ihr gemacht?«
»Sie wieder zur Arbeit zurückgeschickt. Und das müssen wir jetzt auch. Kommen Sie. Ich habe keine Lust auf weitere Unterbrechungen.«
Er schob sie in die Werkstatt zurück.
»Dies ist ein ziemlich einfaches Muster.« Er zeichnete auf dem groben Holzboden ein kreisförmiges Muster. »Aber es genügt als Hilfsmittel, um die Energie zu bündeln. Wenn Sie besser werden, können Sie es auch etwas komplizierter machen,
ein Muster herausfinden, das mehr auf Sie abgestimmt ist. Es gibt da Tausende von Varianten, wie die Geschichte lehrt. Sie müssen erst herausfinden, welches das beste für Sie ist.«
Sie sah ihm zweifelnd zu. Es war schon spät, und der Wind draußen nahm zu. Sie hörte, wie die Baumzweige über dem Haus krachten, das gelegentliche Rattern der Fenster, wenn eine Böe gegen sie schlug. Sie hörte Elric nun schon stundenlang zu, und eigentlich sollte sie müde, gelangweilt und nervös sein. Und sie fühlte sich in der Tat nervös, obwohl sie nicht genau verstand, warum. Sogar Mare war ihr wie ein Störenfried vorgekommen, wie jemand, den man aus dem Weg schieben musste. Es entstand da etwas in ihr, gemeinsam mit dem aufkommenden Sturm, und sie hatte ein Gefühl, als würde sich ihr Leben grundlegend ändern.
Natürlich. Elric war dabei, ihr die Geheimnisse jener Gabe zu zeigen, mit der sie so lange gekämpft hatte, die sie so lange gehasst hatte, und nun saugte sie jedes seiner Worte mit äußerster Konzentration in sich auf, gebannt von dem Klang seiner tiefen Stimme und seinen magischen Worten.
Sie waren nun schon seit Stunden damit beschäftigt, mit wenigen kurzen Unterbrechungen, um etwas zu essen oder Tee zu trinken. Sie hatte ihm Wein angeboten, aber er warf nur einen Blick auf den gewöhnlichen Chardonnay, den Dee immer besorgte, und schüttelte den Kopf. »Mit einer Begabung wie der unsrigen zu arbeiten ist schon kniffelig genug, ohne dass Alkohol oder Drogen mit im Spiel sind. An Ihrer Stelle würde ich auf solche Dinge mindestens fünf Jahre lang verzichten, bis Sie ein Meister der Umwandlung geworden sind.«
»Fünf Jahre lang keine Drinks mehr?«, hatte sie geantwortet. »Sie machen wohl Witze?«
»Ist das ein Problem für Sie?«
Eigentlich war es keins. Von Bier bekam sie Kopfschmerzen, Wein brachte ihren Magen in Aufruhr, und härtere Sachen
ließen sie schaudern. Aber sie war nicht bereit, ihm das zu gestehen. »Als Nächstes verlangen Sie, dass ich auch noch enthaltsam leben soll«, gab sie schnippisch zurück. Und bedauerte es im nächsten Augenblick sehr, denn in seiner Gegenwart an Sex auch nur zu denken versetzte sie in innere Erregung. Sie blickte verstohlen um sich, ob irgendwo unangebracht Schuhe aufgetaucht waren, aber dieses Mal schien ihr das erspart zu bleiben.
Er schob sich das lange dunkelblonde Haar aus dem schönen Gesicht, und ein silberner Manschettenknopf glitzerte. »Das kommt ganz darauf an. Wenn Sie mit jemand wie Ihrem Verlobten schlafen, trübt das Ihre Fähigkeiten. Und irgendwann werden sie ganz verschwunden sein.«
Damit hatte ihr Instinkt Recht gehabt. Jedes Mal, wenn sie mit Charles zusammen war, schwanden ihre magischen Anwandlungen, und sie fühlte sich sicher und ruhig und dumm. »War es das nicht, was Sie eigentlich wollten?«, fragte sie. »Sie sagen doch, ich sei solch eine Gefahr.«
Nachdenklich blickte er sie an. »Es wäre ein Verlust«, meinte er schließlich. »Sie haben mehr Talent, als ich in Jahrzehnten je gesehen habe, und es wäre eine Schande, das zu verschwenden. Noch dazu an einen Volltrottel wie Ihren Verlobten.«
»In Jahrzehnten?«, wiederholte sie amüsiert. »Ich bezweifle, dass Sie schon als Kind solche Fähigkeiten hatten.«
»Nun ja, ich hatte schon als Kind außerordentliche Fähigkeiten, aber außerdem bin ich älter, als Sie glauben.«
»Wie alt sind Sie?« Er mochte vielleicht etwas über fünfunddreißig sein, doch unmittelbar hätte sie ihn eher auf Anfang dreißig geschätzt.
»Älter«, beschied er in einem Tonfall, der keine weitere Diskussion zuließ. »Wollen wir jetzt unsere Arbeit zu Ende bringen, oder wollen Sie alles der großen Liebe opfern?«
Die
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