Einfach ein gutes Leben
die Selbstorganisierer haben feine Antennen für diejenigen Veränderungen bewiesen, die ohnehin in der Luft liegen. Sie haben das Grün längst keimen sehen, bevor es aus den Spalten ans Licht wachsen konnte. Weil sie nach ihrer Ahnung handeln, machen sie sich zu einem Teil einer größeren Veränderung, sie erfüllen ihre eigene Vorausschau, gleichgültig, ob es eine diffuse Unruhe oder eine exakte Prognose war.
Was mein eigenes sensibles Gehör angeht: Ich habe beschlossen, dem Rasseln und Klopfen nicht bloß nervös hinterherzulauschen, sondern mich auf die Suche nach Menschen zu machen, die es ebenfalls hören, die Ursachen gefunden und etwas dafür getan haben, sie zu beseitigen. Das ist ihr Buch.
2 LEBEN IN FÜLLE
Strom kommt aus der Steckdose. Gemüse kommt vom Markt. Fleisch kommt von der Fleischtheke. Mehr müssen wir gar nicht wissen. Fleisch und Gemüse schmecken uns auch, ohne dass wir wissen, von welchem Hof sie stammen. Meistens ist es ohnehin kein Hof, sondern eine Fleischfabrik oder eine Gewächshausanlage. Mag sein, der Trend zu Lebensmitteln mit Biosiegeln hat uns gelehrt, ein bisschen genauer hinzuschauen, vielleicht sogar zu fragen, welcher Bauer unser Essen produziert hat, ob es ein regionaler Erzeuger war oder überhaupt ein Bauer und kein anonymer Großbetrieb. Und eigentlich wäre uns noch wohler, wenn wir sagen könnten, auf welchem Boden der Feldsalat gewachsen und mit welchem Dünger er in Berührung gekommen ist, welche Hände ihn geerntet haben, ob er danach ganz schnell und frisch zu uns auf den Tisch kam und ob diejenigen, die all das für uns erledigt haben, mit ihrer Arbeit zufrieden sind und fair entlohnt werden. Unsere Fragen bleiben unbeantwortet, den Feldsalat kaufen wir trotzdem.
Peter Huth muss weder fragen noch kaufen, er hat sich entschlossen, Landwirt zu werden. Gemüse selber ziehen — darüber muss er nicht nachdenken, es ist jetzt sein tägliches Geschäft. Das war es nicht immer, Huth begann sein Berufsleben einmal als Maschineningenieur. Nach der Wiedervereinigung wurde er arbeitslos. Mit einer Gruppe von Freunden zog es ihn 1992 ins Oderbruch. Der Landstrich zwischen Berlin und der polnischen Grenze hat es später durch das Oderhochwasser zu einer tragischen und kurzlebigen Medienberühmtheit gebracht. Böse Zungen behaupten sogar, er sei es gewesen, der Gerhard Schröder eine zweite Wahlperiode als Bundeskanzler beschert habe.
Peter Huth hat an der Region vor allem interessiert, dass man dort gut leben kann und es in der Nachwendezeit genug Gelegenheiten gab, einen Hof zu erwerben. Seine Freunde und er fanden einen, der ihnen zusagte, der zudem eine lange Geschichte hatte. Das Vorwerk Basta gehörte einmal zu einer königlich preußischen Staatsdomäne, in der DDR war es ein Schweinezuchtbetrieb, nun stand es leer, nachdem die Schweinezucht dort aufgegeben worden war. Ein guter Platz, um mit der Landwirtschaft anzufangen, zumal das Land Brandenburg Fördermittel geben wollte. Das tat es schließlich doch nicht, die Freunde gingen lieber nach Mecklenburg-Vorpommern, Peter Huth aber entschloss sich, zu bleiben. Er baute den Hof auf, konnte ihn schließlich kaufen und 1999 endlich seinen eigenen Betrieb gründen. Heute hat er 25 Hektar Land für den Feldbau, eine kleine Schweinemast, eine bescheidene Schafherde mit zehn Muttertieren, Hühner, Enten, einen Garten. Fleisch und Gemüse vermarktet er, das meiste nach Berlin, gibt es also ab in den Kreislauf des Lebensmittelmarktes.
Dann bleibt da aber noch genug für ihn selbst und seine Familie. »Schweine-, Enten- und Lammfleisch ist eine 100-prozentige Selbstversorgung«, sagt er. Dazu hat er Gemüse aus eigenem Anbau und den Garten. Für ihn ist die Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln nicht etwa nur ein schöner Nebeneffekt eines gut funktionierenden Hofbetriebes. »Es spielt schon eine Rolle, ob ich mein eigenes Kotelett auf dem Teller habe«, betont Huth. Etwas zu einem Eigenen zu machen, indem er es nicht bloß passiv erwirbt, sondern selbst herstellt, ist ihm sehr wichtig.
Im Oderbruch ist er mit dieser Einstellung nicht allein. Peter Huth hat guten Kontakt zu den Menschen in seinem Dorf und in der ganzen Region. »Es ist schon erstaunlich, wie viele Leute in unserer Gegend Wert darauf legen, ihre eigenen Tomaten zu haben. Es soll aus dem eigenen Garten oder Gewächshaus kommen. Besonders bei den Kartoffeln spielt dashier noch eine große Rolle.« Huth ist froh über diese Lebenshaltung. Als sie ihren Hof
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