Einfach Himmlisch
meinem ... meinem Körper." Er beugte sich weiter vor.
Ein Kuss konnte doch nicht schaden, oder?
Es war wirklich keine große Sache, nur eine kurze Berührung der Münder. Ihre Lippen fühlten sich weich und warm an. A.J. schloss die Augen nicht. Er auch nicht.
Aber seine Hand bebte.
Er zog sich wieder zurück und ließ die Hand sinken. Und er sah ihr betroffen in die Augen, in denen sich sein eigener Schock spiegelte.
Was hatte er getan?
4. KAPITEL
Die Sonne stand hoch am Himmel und erzeugte schwüle Hitze.
Michael und A.J. bewegten sich jetzt zwischen Büschen, Eichen und Ocotino-Pinien, nicht mehr durch Regenwald. Sonnenstrahlen erreichten an manchen Stellen den Erdboden. Papageien kreischten, Affen schnatterten, und Insekten huschten durch das verrottende Blattwerk auf der Erde.
Schweiß brannte A.J. in den Augen und in der Schramme, die sie sich beim Klettern an einem Felsen zugezogen hatte.
Die Feuchtigkeit war am schwersten zu ertragen. A.J. hatte Kopfschmerzen und einen trockenen Mund, während sie hinter Michael den Abhang hinunterrutschte. Wenigstens war die Regenzeit schon vorüber. An den Nachmittagen war es schlimmer als in einem Dampfbad.
Eine Zeit lang waren sie einem seichten Fluss gefolgt. Dort waren sie leichter voran gekommen. A.J. blieb stehen und wischte sich den Schweiß vom Gesicht. Vielleicht sollte sie Michael um die Wassertasche bitten, einen Plastikbehälter, der in einer der vielen Taschen steckte.
Sie konnten kein Wasser abkochen, aber Michael hatte Jod bei sich, das angeblich Wasser und Wunden desinfizierte. Damit hatte er Flusswasser behandelt. Leider schmeckte es so scheußlich wie es aussah.
Er wandte sich jetzt nach links und ging am Hang entlang anstatt weiter nach unten. Seufzend folgte sie ihm.
Das Bein schmerzte ihn bestimmt höllisch. Er war still geworden. Schweiß lief ihm über den Nacken, und das Haar klebte ihm am Kopf. Sie wünschte sich, dieses Haar zu berühren, das Salz auf seiner Haut zu schmecken, und ... sie wollte nicht mehr an den Kuss denken.
Ein Kuss sollte eigentlich harmlos sein, doch seither sehnte sie sich nach Michael. Dabei wollte sie solche Gefühle nicht mehr, schon gar nicht hier und nicht bei diesem Mann. Dan hätte es gar nicht gefallen, dass sie vor jeder Beziehung zurückschreckte.
Natürlich hatte der Soldat bei dem Kuss nicht an eine Beziehung gedacht, sondern schlicht und einfach an Sex. Allerdings hatte sie den Ausdruck in seinen Augen nach dem Kuss nicht vergessen.
Vielleicht war es für ihn doch nicht so schlicht und einfach gewesen. Und vielleicht war er auch nicht wegen der Schmerzen so schweigsam.
„Was macht Ihr Bein?" fragte sie.
„Es geht." Er warf einen Blick zurück. „Was ist mit Ihnen? Sie sind sehr still."
„Wenn ich den Mund halte, jammere ich wenigstens nicht."
„Neigen Sie überhaupt dazu? Bisher haben Sie nicht gejammert. Heben Sie sich das vielleicht für später auf, wenn es schwierig wird?"
„Ach, ist eine Steigerung überhaupt möglich?" Der Pfad wurde so breit, dass sie neben dem Lieutenant gehen konnte. „Jammern kostet nur unnötig Energie, und davon habe ich nicht mehr viel übrig. Außerdem kann ich mich nicht beklagen. Im Vergleich zu gestern geht es mir doch wunderbar."
„Klar, dass eine Geistliche für jeden Gnadenbeweis dankbar ist, zum Beispiel dafür, dass Sie noch auf keine Schlange getreten sind."
„Und auf keinen Bau von Feuerameisen", fügte sie hinzu. Der Biss dieser kleinen Waldameisen war schlimmer als ein Wespenstich. „Noch dazu sind diese Berge nicht sonderlich hoch. Wären wir in den Anden ..."
„Nicht in San Christóbal."
Sie lächelte. „Jedenfalls sind die Berge hier nicht hoch. Verglichen mit den Rockies daheim sind es nur Hügel."
„Sie stammen aus den Rockies?"
„Nein, aus West Texas, aus der Kleinstadt Andrews. Danach habe ich in San Antonio gewohnt. Ich bin dieses ständige Auf und Ab nicht gewöhnt. Dafür sieht es hier herrlich aus, wenn ich mal nicht zu Boden starre. Erde sieht überall wie Erde aus."
„Stimmt. Was führt Sie eigentlich auf diesen speziellen Flecken Erde?"
„Ich habe mich für ein Jahr bei der UCA dienstverpflichtet."
„Jetzt sprechen Sie für mich in Rätseln."
„UCA bedeutet United Churches Agency. Das ist eine Organisation, die nicht an eine bestimmte Kirche gebunden ist. Sie schickt Lehrer nach Mittel- und Südamerika."
„Dann sind Sie Geistliche und Lehrerin. Wieso opfern Sie San Christóbal ein Jahr Ihres
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