Einfach Königlich2
verläuft? Wie konntest du jemals dreiundzwanzig –“
„Fünfundzwanzig.“
„- Jahre alt werden, ohne zu lernen, dass manche Dinge niemals nach Plan verlaufen?“
Sie öffnete zwar den Mund, doch nichts kam heraus.
„Siehst du, und deshalb bin ich der Klügere von uns beiden“, sagte er selbstgefällig.
„Bist du nicht. Die Reihenfolge in der Klugheitsskala ist: Ich, David, Kathryn, Nicky, Alexander. Dann erst kommst du.“
„Ach was! Ihr kleinen Scheißer.“
„Und man kann Dinge durchaus planen“, beharrte Alex. „Es muss nicht alles immer so chaotisch sein.“
„Ist alles meine Schuld“, klagte der König. „So sollten Kinder nicht heranwachsen.“
„Jetzt fang nicht so an!“
„Immer winken und lächeln und Dokumente unterzeichnen und Sektflaschen zerdeppern, und um Punkt acht Uhr Käseomelettes mit dem US-Präsidenten und um neun dann Besuch der neuen Grundschule, die nach deiner Mutter benannt ist …“
„Dad, hör schon auf! So ist es nun mal. Deine Kindheit war so und die von Grandpa ebenfalls. Und du kannst nicht bestreiten, dass unser Leben auch Vorteile hat: Zum Beispiel müssen wir uns nie Sorgen um die Stromrechnung machen.“
„Alex, dir ist doch klar, dass du an jenem Tag überhaupt nichts falsch gemacht hast?“
„Ja –“
„Ich meine, ist es dir auch wirklich klar? Denn du warst ein besonders tapferes Mädchen, und deine Tat war patriotisch. Dieser Feigling hat es verdient, und wenn du es nicht getan hättest, wäre dein Bruder eingesprungen.“
„Welcher?“
„Beide. Dr. Pohl hat gesagt –“
„Nichts, hoffe ich doch. Immerhin ist sie an das Arztgeheimnis gebunden.“
„Es war ja auch nur hypothetisch gemeint.“
„Ach so, hypothetisch. Dass ich nicht lache!“
„Jedenfalls sagt sie, du habest zwar keine äußeren Folgen zu tragen gehabt – wie zum Beispiel verhaftet zu werden oder so –, aber das bedeute nicht, dass es nicht doch Konsequenzen geben könnte, unter denen du zu leiden hättest.“
„Etwas in der Art hab ich schon mal gehört“, gab Alex zu. „Aber wie um alles in der Welt sind wir jetzt darauf gekommen? Vor wenigen Minuten hast du mir noch Vorträge wegen meines Liebeslebens gehalten.“
„Süße, wenn dir noch nicht klar ist, dass all das zusammenhängt, bist du wirklich nicht die Klügere von uns beiden. Überhaupt nicht.“
„Wir sprachen doch darüber, wie dumm ich war, Shel gehen zu lassen“, sagte sie mit dumpfer Stimme.
„Das Wort dumm habe ich nicht gebraucht. Und du musst aufhören, dich für das zu bestrafen, was im letzten Jahr geschehen ist. Sieh doch nur, was es dich kostet! Die Schlaflosigkeit war schon schlimm genug, die Albträume waren auch schon schlimm genug, und dass du keine Stunde vergehen lassen konntest, ohne nach dem Baby zu sehen, war ebenfalls schlimm genug.“
„Dad –“
„Und jetzt läufst du davon, und wofür? Damit du wieder Albträume haben und dich zu Tode sorgen kannst, wann das nächste Attentat kommt? Damit du Dr. Pohl lauter Mist erzählen kannst, obwohl du doch ganz genau weißt, wo das Problem liegt. Du willst dem Problem nur nicht entgegentreten, ist es nicht so?“
„Ich kann es aber im Moment nicht lösen, Dad.“ Alex bedeckte ihre Augen mit der Hand. Seit seinem Krankenhausaufenthalt hatte sie nicht mehr vor ihm geweint. Und nun sollte ihr zum zweiten Mal an diesem Tag passieren, dass sie vor Männern weinen musste, die sie eigentlich beeindrucken wollte? Nein, nein und nochmals nein. „Ich kann es wirklich nicht.“
„Sieht so aus, als müsstest du auch nicht. Denn du sitzt ja bald im Flieger, während der Junge hier bleibt. Alles läuft streng nach Programm: sicher und sauber und kontrolliert.“
„Er würde ohnehin nicht mitkommen, Dad. Und ich hab ja auch nicht gerade einen Job, den ich jederzeit kündigen kann.“
„Nein“, gab der König zu, „aber hast du Shel überhaupt mal gefragt, ob er mit dir kommen würde?“
„Glaub mir: Er würde es nicht tun.“
„Tja, da kann man wohl nichts machen.“
Alex spähte zwischen ihren Fingern hervor. Ihr Vater machte einen täuschend treuherzigen Eindruck. „Genau“, sagte sie. „Da kann man nichts machen.“
König Al zog ein Stück Zahnseide aus der Tasche, und Alex rollte sich zur Seite, fort von all dem Elend. Nun war sie am absoluten Tiefpunkt angekommen, an jenem Punkt, wo es keine Rückkehr gab: am schlimmsten Tag des Jahres. Und am zweitschlimmsten Tag ihres Lebens.
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„Oh. Mein. Gott.“ Mit
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