Einfach losfahren
merkte sofort, dass Francesca das gar nicht lustig fand. Aber sie sagte nichts.
»Das ist aber schade, ihr seid so ein schönes Paar«, erwiderte die Frau.
»Die Ärmste, dabei habe ich ganz den Eindruck, als würde sie sich nichts sehnlicher wünschen, als mit dir verlobt zu sein«, sagte ihr Begleiter.
Francesca hob den Kopf und lächelte gequält. Die Atmosphäre am Tisch war nun gespannt, aber das hatte weniger mit dem zu tun, was sie empfand, als mit dem, was sie in der Phantasie der anderen zu empfinden hatte.
Wir wechselten das Thema.
Die Frischvermählten gingen hinaus in den Park, um Fotos zu machen, und als sie wiederkamen, musste Carlotta den Brautstrauß werfen.
Um die hundert Frauen waren anwesend, und wer hat ihn gefangen? Francesca!
Sie hatte gar nicht darauf geachtet, er fiel ihr einfach in den Schoß. Sie hielt ihn hoch, und alle riefen: »Ein Jahr und du wirst heiraten, ein Jahr und du wirst heiraten…«
Die Leute sahen mich an, und ich rettete mich wieder mit einer erstklassigen Bemerkung: »Wie schön, ein Jahr und du wirst heiraten! Du lädst mich doch zur Hochzeit ein, hoffe ich.«
Vielleicht lag es an dem Gesicht, das ich dabei machte, jedenfalls lachte niemand.
Ein Junge fing an zu weinen. Zwischen den Tischen waren dickliche, wie Erwachsene gekleidete Kinder verschwitzt und mit geröteten Gesichtern herumgerannt. Alle waren fast gleich groß außer dem Letzten, dem Kleinsten, der hinter den anderen herlief, als sie plötzlich die Richtung wechselten und er mit ihnen zusammenstieß und hinfiel. Und losplärrte. Da riefen alle Mütter ihre Kinder zu sich und schimpften sie aus. Alle. Es war wie beim Streit unter Geschwistern, wenn die Mutter zur Tür hereinkommt und an alle Ohrfeigen verteilt, ohne zu fragen, wer der Schuldige ist.
Später kam die Braut an unseren Tisch. Sie war ein wenig beschwipst. Nachdem sie alle begrüßt hatte, kam sie zu mir, küsste mich auf die Wange und flüsterte mir ins Ohr: »Den Brautstrauß habe ich absichtlich ihr zugeworfen, dann lernst du es vielleicht jetzt mal, du Heiratsmuffel.«
Aber Carlotta flüsterte ein wenig zu laut. Francesca hörte es und ging gleich darauf hinaus, um eine Zigarette zu rauchen.
»Warum willst du eigentlich nicht heiraten?«, fragte die Frau, die mir gegenübersaß.
Es war deutlich, dass sie mich nicht leiden konnte. Alte Nervensäge, lass mich bloß in Frieden, wer hat dich denn gefragt. »Tja… ich denke nicht, dass ich heiraten werde, ich glaube einfach nicht, dass die Ehe das Richtige für mich ist.«
Nach dieser dämlichen Antwort ging es richtig los: »Das sagen sie alle. Die Leute, die so reden wie du, sind die ersten, die heiraten. Sie wollen nicht, weil sie keine feste Freundin haben, aber sobald sie eine finden, heiraten sie.«
Ein Typ mischte sich ein und fügte hinzu: »Man sieht doch, dass du einfach noch nicht die Richtige gefunden hast, aber wenn du sie findest, dann wirst du deine Meinung schon noch ändern…«
Dann sagte eine Frau zu einer anderen: »Er muss eine schmerzliche Erfahrung gemacht haben, deshalb redet er so, er muss enttäuscht worden sein, wahrscheinlich hat er Angst, sich wieder zu verlieben…«
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, und mein Schweigen wurde so interpretiert, als hätten ihre Worte ins Schwarze getroffen, als hätten sie mich erwischt. Komisch, dass niemand sagte, ich sei wohl zu selbstverliebt und wolle mich deshalb nicht verloben.
Als Carlotta gegangen war, wandte sich die Frau gegenüber erneut an mich: »Ich glaub, deine Bettgeschichte ist beleidigt.«
»Wer, Francesca? Du irrst dich, dafür ist sie nicht der Typ.«
»Glaub mir.«
Ich glaubte ihr und ging Francesca nach.
»Was ist, bist du sauer?«
Sie gab keine Antwort.
»Komm schon, du weißt doch, dass ich das nicht ernst meine, dieses Verhalten kenne ich gar nicht von dir.«
Sie nahm einen tiefen Zug aus der Zigarette und sagte: »Wozu hast du mich eigentlich mitgenommen? Glaubst du etwa, ich bin beleidigt, weil du sagst, ich wäre nicht deine Verlobte oder du wolltest mich nicht heiraten? Für wen hältst du mich eigentlich, für eine verblödete Frusttante? Wer will sich schon mit dir verloben? Und nur, damit du es weißt: Ich würde dich selbst dann nicht heiraten, wenn du der letzte Mann auf Erden wärst. Hier geht es um etwas anderes. Es ist weniger das, was du gesagt hast, als die Hartnäckigkeit, mit der du, seit wir hier sind, Barrieren aufbaust und Pflöcke einschlägst, indem du
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