Einfach losfahren
wenigstens eine Sprache. Vielleicht komme ich dich auf den Kapverden besuchen.«
»Ich freue mich, wenn du mich besuchen kommst, aber lernen tust du bestimmt nicht viel, denn da redest du doch eh nur italienisch mit mir. Du musst irgendwohin fahren, wo du niemanden kennst. Wenn’s um Sprache geht, meide andere Italiener.«
»Stimmt. Sobald ich ein bisschen Geld zusammenhabe, fahre ich los.«
»Du brauchst gar nicht viel. Fürs Reisen braucht man kein Geld. Geld braucht man, wenn man in Urlaub fahren will. Wer reist, passt sich an und macht alles, was so kommt, und es passieren komische Dinge, irgendwie schwer zu erklären. Als ob da ein Universalgesetz wäre, das dich beschützt. Du triffst eine Menge Leute, die dir helfen. Manchmal gibst du einen aus, manchmal sie. Man hilft sich gegenseitig. Du machst die Arbeit, die alle tun, je nachdem, wo du gerade bist: Ich war Tellerwäscher, Kellner, ich habe Kettchen angefertigt und verkauft, Obst geerntet, ich habe am Strand Taucherbrillen und Flossen an Leute verliehen, die schnorcheln wollten. Sogar Dinosauriereier habe ich mal verkauft.«
»Dinosauriereier?«
»Das hatte sich eine Frau ausgedacht, die ich auf Bali am Strand kennenlernte. Wir nahmen Luftballons, bliesen sie auf, tauchten sie in Kleber und wälzten sie dann im Sand. Wie paniert. Natürlich glaubte kein Mensch, dass das wirklich Dinosauriereier waren, aber sie kauften sie trotzdem, vielleicht weil sie die Idee lustig fanden. Sie kosteten einen Dollar pro Stück, und wir haben nicht allzu viele verkauft, aber für eine Woche hat es gereicht. Außerdem waren wir den ganzen Tag am Strand… Monica!«
»Wer ist Monica?«
»Die Frau, mit der ich auf Bali war und die diese Idee hatte… sie war Italienerin.«
»Ach, und wie habt ihr euch unterhalten?«
»Auf Französisch! In Costa Rica habe ich mal ein Mädchen aus Kanada kennengelernt, genauer gesagt eine Frau, denn sie war schon zweiundvierzig. Nachdem wir eine Woche zusammen gewesen waren, fragte sie mich, ob ich Lust hätte, mit ihr nach Kanada zu gehen. Sie war reich, sie zahlte alles, sogar die Reise, und ich ging mit.«
»Du hast dich aushalten lassen?«
»Ja, das war toll. Sie hatte eine super Wohnung in Toronto. Ging dauernd in irgendwelche Wellnessoasen und nahm mich immer mit. Ich habe eine Menge Saunas, türkische Bäder und Massagen abbekommen. Einmal habe ich sogar eine Hydrokolontherapie gemacht…«
»Hydrowas?«
»Hydrokolontherapie. Etwas grob ausgedrückt, schieben sie dir da einen Schlauch in den Hintern und drehen den Wasserhahn auf. Das Wasser fließt in die Biegungen und Falten des Darms und beseitigt alle Unreinheiten, die sich dort festgesetzt haben.«
»Bist du irre, wieso hast du das gemacht?«
»Na ja… ich hatte nicht genau verstanden, worum es dabei ging.«
»War’s wenigstens eine scharfe Braut, die ihn dir reingeschoben hat?«
»Ach, es ist ziemlich egal, wer die Therapie durchführt, bei mir war es ein Herr um die sechzig, aber angenehm wäre es selbst bei Candy Candy persönlich nicht gewesen.«
»Ich hab das noch nicht richtig verstanden… Sie schieben dir einen Schlauch in den Hintern und lassen Wasser einlaufen… und dann?«
»Dann lassen sie es wieder rauslaufen. Der Schlauch enthält zwei kleine Schläuche, einen, durch den das Wasser reinfließt, und einen, durch den es hinausläuft. Dieser zweite mündet in ein Glasrohr, so dass man die ganze Suppe sehen kann. Ein bisschen so wie bei den Geräten aus dem Teleshopping, mit denen sie völlig verdreckte Autofelgen sauber kriegen. Was da alles durch dieses Glasrohr geflossen ist: eine Tüte Chips und die wasserdichte Swatch, die ich damals auf dieser Party verloren habe, weißt du noch?«
»Das ist wieder mal eine von deinen doofen Geschichten, wie die mit dem Schamanen neulich Abend.«
»Also, das mit der Tüte Chips und der Uhr schon, zum Glück, aber die Darmspülung habe ich wirklich gemacht. Stundenlang habe ich Wasser gekackt, wie ein Kühlschrank mit eingebautem Enteiser.«
In dem Moment kam unser Essen.
»Mahlzeit.«
Wir wechselten das Thema, und er erzählte mir von seiner Idee, eine Zeitlang auf den Kapverden zu leben, und vor allem von Sophie. Wenn er von ihr sprach, veränderte sich sein Gesichtsausdruck.
»Und wie läuft es mit Francesca?«
»Ich glaube, wir haben uns getrennt. Es ist immer dasselbe, du kennst mich ja. Wenn ich eine Weile mit einer zusammen bin, wird es mir öde, und ich fange an, mich zu langweilen. Weißt du, als
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