Einfach losfahren
Meinungen vertrittst, die bereits allen klar waren, und mich wie eine Idiotin dastehen lässt, so dass ich mich sogar von einem Typen bemitleiden lassen muss, der angezogen ist wie ein Zirkuspinguin.
Mich ärgert nicht das, was du sagst und von dem du auch noch denkst, es wäre nett, mich ärgert, dass du nicht merkst, dass man bestimmten Leuten gegenüber vorsichtig sein muss mit dem, was man sagt. Die verstehen das nämlich nicht alle richtig, und ich habe keine Lust, mit Leuten am Tisch zu sitzen, deren Blicke vor Mitleid überquellen. Ich verlange nicht, dass du mir dauernd Komplimente machst oder Händchen hältst, aber du sollst auch nicht auf meine Kosten den Geistreichen spielen. Ich hätte dich für intelligenter gehalten.«
Sie hatte recht. Tatsache war, dass wir einander überdrüssig geworden waren und ich keine Gelegenheit ausließ, uns daran zu erinnern.
»Und wo ich schon mal dabei bin, reinen Tisch zu machen: Ich verstehe wirklich nicht, weshalb Carlotta den Strauß ausgerechnet mir zugeworfen hat, denn das hat sie ja, wie ich gehört habe, absichtlich getan.«
»Ich weiß nicht, was sie damit bezweckte.«
»Du hast mit ihr geschlafen.«
»Ich? Nein!«
»Erzähl keinen Unsinn.«
Sie sah mir in die Augen, wie es nur Frauen in derartigen Situationen können. Ich hätte eine Ohnmacht simulieren können. Aber das schien mir nicht angebracht. Ich konnte nicht lügen.
»Ja!«
»Wann?«
»Vor ungefähr einem Jahr.«
»Dann warst also du der Auslöser für ihre Krise.«
»Die Krise war schon da. Sie wollte heiraten, ich nicht, also haben wir eine Lösung gefunden, mit der beide zufrieden waren.«
»Weißt du, was mich wirklich nervt? Wenn ich jetzt nicht wieder mit dir reingehe und mich neben dich setze, dann glauben die, ich wäre beleidigt, weil du mich nicht heiraten willst. Ach, was soll’s… das lässt sich ertragen. Grüß schön von mir.«
Francesca ging. Ich blieb noch eine Weile draußen stehen und dachte über alles nach, dann ging auch ich nach Hause, ohne noch mal an unseren Tisch zurückzukehren.
Es hätte keinen Sinn gehabt
Eines Vormittags interviewte ich Elsa Franzetti vom Verlag Franzetti Editrice. Es war ein schönes Gespräch, eine jener Begegnungen, derentwegen ich meine Arbeit mag. Wir unterhielten uns über Bücher. Elsa Franzetti war eine interessante und außergewöhnlich schöne Frau, und vor lauter Faszination begann ich irgendwann totalen Stuss zu erzählen. Ich erfand ein Ich, das ich nie gewesen war, weil ich nicht den Mut dazu aufgebracht hatte, und plapperte munter drauflos: »Ich habe auch schon ein Buch geschrieben, es aber niemanden lesen lassen, weil ich es nicht gelungen finde. Früher oder später werde ich mich vielleicht aber doch überwinden und es tun.«
»Jetzt haben Sie mich aber neugierig gemacht. Ich würde Ihr Buch sehr gern lesen, und wenn es gut ist, könnte ich mir durchaus vorstellen, es zu veröffentlichen.«
Diese Antwort kam unerwartet und brachte mich etwas aus dem Konzept; wahrscheinlich entsprang sie der Vertrautheit, die im Lauf unseres Gesprächs entstanden war. Ich schielte nach unten auf meine Nase, um zu überprüfen, ob sie länger geworden war, und meinte dann: »Um ehrlich zu sein, einige Teile überzeugen mich noch nicht, ich muss sie umschreiben. Aber sobald das Manuskript fertig ist, schicke ich es Ihnen.«
»Streichen Sie nicht zu viel darin herum: Schriftsteller sind mit ihren Werken nie zufrieden und verschlimmbessern sie häufig durch allzu viele Korrekturen. Wenn Sie es umschreiben müssen, tun Sie das, aber wenn Sie einverstanden sind und mir vertrauen, werfe ich gern einen Blick darauf und gebe Ihnen auch ein paar Ratschläge.«
»Ich werde es Ihnen so bald wie möglich zuschicken.«
Als ich ihr Büro verließ, fühlte ich mich so high, als hätte ich das Buch tatsächlich geschrieben. Immerhin hatte sie mich den »Schriftstellern« zugeordnet.
Nach Feierabend holte ich Federico ab. Ich sollte ihn nach Livorno fahren, wo er den Container mit all den Sachen für die Posada verschiffen wollte. Der Lastwagen mit der Ware war bereits eingetroffen. Das Motorrad seines Vaters eignete sich gut für kurze Strecken in der Stadt oder für Spritztouren ins Umland, aber nicht für eine Fahrt nach Livorno. Ich hätte ihm mein Auto leihen können, aber die Gelegenheit erschien mir günstig, um noch einmal gemeinsam auf Reisen zu gehen, wie in alten Zeiten, denn ein paar Tage später würde auch er abreisen. Da wir am
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