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Einfach losfahren

Einfach losfahren

Titel: Einfach losfahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Volo
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schließlich Kinderärztin und wusste selbst am besten, was zu tun war. An den folgenden Tagen konnte ich praktisch an nichts anderes denken.
    Das Leben war ein ständiges Auf und Ab. Kaum meinte ich, ein paar Gewissheiten zu haben, da hatte es erneut einen Zipfel des Tischtuchs gepackt und schon wieder alles umgeworfen.
    Doch eigenartig, ich begann Gefallen daran zu finden.

Mulher do abraço
    Die Zeit verging, aber von Sophies Bauch war kaum etwas zu sehen, weil sie ihn geschickt unter ihrer Kleidung verbarg. Der vierte Monat ging vorbei. Der fünfte auch. Ab und zu malte ich mir aus, wie es sein würde, wenn die zukünftigen Großeltern davon erführen. Ich versuchte mir ihre Gesichter und Reaktionen vorzustellen. Unterdessen lernte ich immer neue Dinge über mich. Wie Sophie versuchte auch ich, dem Leben ein neues Geschöpf zu geben. Dank Sadi war ich inzwischen Maurer, Elektriker und Installateur geworden. Ich machte alles, zumindest versuchte ich es.
    Von Sadi habe ich viel gelernt. Leute, die eine Sache gut machen, habe ich schon immer bewundert. Und geschickten Händen zuzusehen hat mich schon immer bezaubert, egal, was sie taten. In Boa Vista fing ich auch an, mich körperlich zu betätigen. Bei meiner Ankunft war ich bleich und schwabbelig gewesen. Jetzt ging ich nach Feierabend laufen und sprang anschließend ins Meer. Eine verblüffende Erfahrung: Mit erhitztem Körper war das Wasser noch kälter, einfach göttlich. Bei Sonnenuntergang zu baden war meine Wellnessoase. Aufgrund meiner Geschichte war ich von klein auf dazu gezwungen gewesen, mir einen Panzer zuzulegen, um zu überleben, und daher war ich auch physisch erstarrt, ich war nie beweglich oder gelenkig gewesen. Ich hatte noch nie bei gestreckten Beinen meine Zehen mit den Fingern berührt. Dass ich gelenkiger geworden bin, hat mir sehr geholfen.
    Manchmal machte ich, statt zu joggen, einen Spaziergang zum Dorfplatz. Einmal ging ich mit nacktem Oberkörper hin und musste feststellen, dass das verboten war. Im ersten Moment dachte ich, ich sei das Opfer eines Scherzes. Aber es stimmte. Zwei Polizisten hielten mich an und wollten mir eine Ordnungsstrafe aufbrummen. Dann glaubten sie mir aber, dass ich es nicht gewusst hatte, und ließen mich laufen.
    Immer so gegen sieben wurde auf dem Platz Fußball gespielt. In den ersten Tagen stand ich nur da und schaute zu, dann nahm ich meinen Mut zusammen und ging hin, um bei einer der beiden Mannschaften mitzumachen, die gerade eingeteilt wurden. Ich liebe es, Fußball zu spielen. Jedes Mal nehme ich mir dann vor, öfter zu spielen, und vergesse es wieder.
    Neben dem improvisierten Platz lag eine kleine Bar, in der ständig das Radio lief. Die Musik, die sie spielten, gefiel mir sehr. Es war fast schon zum Ritual geworden, nach dem Spiel ein eiskaltes Bier zu trinken. Das Mädchen hinter der Theke strahlte mich immer an, und manchmal, wenn ich mich zu ihr umdrehte, entdeckte ich, dass sie mich anschaute. Ich hatte das Gefühl, dass ich ihr gefiel, aber ich wollte dem nicht nachgehen. Mir gefiel es, wie sie mich ansah. Das genügte mir.
    Ich war nie ein göttlicher Fußballer gewesen, aber insgesamt auch keine Niete. Wenn wir in der Mittelschule die Mannschaften bildeten, war ich nicht der Letzte, der gewählt wurde. Das war immer Giovanni Gaffurini. Die arme Sau. Wenn er spielen wollte, musste er meistens seinen eigenen Ball von zu Hause mitbringen. Sein Spitzname war »Kapitän«, weil er genau das Gegenteil war.
    Eines Tages ging ich wieder auf den Platz, und alles war wie immer. Die jungen Frauen am Spielfeldrand, die gemächlich streunenden Hunde, die Musik aus der Bar, das Lächeln des Mädchens hinter der Theke, ein paar Windböen, die den vertrauten Geruch von gegrilltem Fisch herantrugen. Just in dieser stinknormalen Situation geschah das Wunder. Cilas, ich glaube, er schreibt sich so, ein Kollege von der Baustelle, bekam vom Torwart den Ball, passte ihn im Mittelfeld auf mich, und ich, in einem Anfall göttlicher Inspiration, trickste drei Gegner aus, passte den Ball auf einen Mitspieler außen, der flankte zurück in die Mitte, wo ich abhob und den Ball mit einem phantastischen Fallrückzieher ins Tor drosch.
    Ein Treffer, der selbst dem Gegner Applaus abnötigte. Ein paar schüttelten mir sogar die Hand. Ich tat so, als wäre das für mich die normalste Sache der Welt, stand auf und ging zurück in die Spielfeldmitte, als ob nichts wäre. Nur ein aufmerksamer Beobachter hätte mitbekommen, dass

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