Einfach losfahren
Michi hässlich, vielleicht? Oder gar Michi hübsch ? Die Geschmäcker sind verschieden.
In den Telefonbüchern von Frauen, die verheiratet waren oder einen festen Freund hatten, war ich manchmal unter einem Frauennamen abgespeichert: Luisa, Roberta, Francesca. Einmal firmierte ich sogar als Kosmetikerin.
Ich schaltete das Handy aus, nahm die SIM -Karte heraus, und als Sadi zurückkam, schenkte ich es ihm. Ich musste ihm ein bisschen zureden, denn erst wollte er es gar nicht annehmen.
Mit glänzenden Augen ging er davon. Ich rief ihn noch mal zurück, er hatte nämlich etwas Wichtiges vergessen. Etwas, das jetzt unentbehrlich für ihn geworden war: »Sadi… das Ladegerät.«
Schon wieder alles umgeworfen
Auch mit Sophie verbrachte ich viel Zeit, es war schön in ihrer Gesellschaft. Unsere Beziehung beruhte auf vielen kleinen Aufmerksamkeiten. Wenn Sophie einkaufen fuhr, kaufte sie häufig auch Sachen für mich ein. Manchmal revanchierte ich mich. Wenn ich fischen fuhr, brachte ich ihr immer ein bisschen von der Beute mit, oder wenn ich auf meinen Strandspaziergängen etwas Schönes fand, eine Muschel, einen Stein, ein komisch geformtes Stück Holz oder vom Meer abgeschliffene Glasscherben, dann legte ich sie ihr aufs Fensterbrett oder auf die Türschwelle. Allerdings hielten wir auch sorgsam Abstand und respektierten die Intimsphäre des anderen. Die Tatsache, dass wir beide Federico verbunden waren, gab uns nicht das Recht, ins Leben des anderen einzudringen.
Gern fuhr ich mit ihr im Auto durch die Gegend, denn Sophie fand immer Lieder, die meinem aktuellen Gemütszustand entsprachen. Ich fragte mich, ob ich ihre Musikauswahl beeinflusste oder ob die Musik meine Stimmung beeinflusste. Ich weiß nicht mehr, was zuerst da war. Oft fuhren wir ans andere Ende der Insel, an einen endlosen Strand. Dort lag ein gestrandetes Schiff, das schon lange völlig zerfallen war. Das Eisengerippe schnitt wie eine rostige Klinge in den einsam daliegenden Küstenstrich ein. Da es in der Nähe keine Dörfer gab, war es fast ausgeschlossen, hier jemandem zu begegnen.
»Wenn ich Zeit habe, komme ich oft hierher, es tut mir gut.«
Wir waren etwa vierzig Autominuten von der Posada entfernt, und obwohl die Landschaft, die sich meinem Auge bot, bezaubernd war, dachte ich unwillkürlich, dass uns hier niemand finden würde, wenn jetzt das Auto nicht mehr anspränge.
Wir spazierten über den Strand bis zum Wrack, und ich las ab und zu Muscheln auf. Nur solche, die schon ein kleines Loch hatten, damit ich sie auffädeln konnte. Das hatte Stra mir beigebracht.
Nicht, dass ich daraus Halsketten machen wollte; ich wollte sie zusammen mit Holzstöckchen, Korallen und kleinen Steinen auf Fäden aufziehen und sie vors Fenster oder an die Verandatür hängen. Stras Schnüre waren wunderschön. Ich hatte zwar bisher noch keine gemacht, aber ich war frohen Mutes.
»An diesem Ort haben Federico und ich uns zum ersten Mal geküsst«, sagte Sophie, als wir beim Wrack ankamen.
Ich weiß nicht, warum, aber genau das hatte ich ein paar Sekunden vorher gedacht. Nicht dass sie sich ausgerechnet den ersten Kuss gegeben hätten, aber dass sie sich hier geküsst hatten, schon.
In dem Augenblick hätte ich sie umarmen mögen, stattdessen bückte ich mich und las noch eine Muschel auf.
Die Taschen meiner Shorts waren schon ganz voll.
Schweigend blieben wir ein bisschen stehen und gingen dann zum Auto zurück.
Als Sophie den Zündschlüssel drehte, tat das Auto keinen Mucks.
Im Bruchteil einer Sekunde fielen mir all die Dinge ein, die ich bei der Lektüre im schlauen Buch des Fähnlein Fieselschweif gelernt hatte. »Keine Panik, Norden ist da, wo an den Baumstämmen das Moos wächst.« Schade, dass hier nicht mal ein Kopfsalat wuchs.
Zum Glück sprang der Wagen dann doch wieder an. Auf der Rückfahrt hielt Sophie vor einem winzigen Steinhaus. Davor lag ein Hund und schlief. Als er das Motorgeräusch hörte, begann er so laut zu bellen, dass ich mit dem Aussteigen lieber noch wartete.
»Was wollen wir hier?«
»Wir kaufen Ziegenkäse.«
Ein Junge kam aus dem Haus gelaufen und verkaufte uns sechs kleine Kugeln.
Zum Abschied rief er mir zu: »Ciao, Baggio!«
Ich grinste zufrieden. Sophie sah mich fragend an, aber ich sagte nur, das sei ein Freund von mir. In Wirklichkeit hatte er ein paar Tage zuvor eine fußballerische Glanztat von mir mitbekommen. Es war reiner Zufall, dass ich ihm hier wiederbegegnete, so weitab vom Dorf.
Es gefiel mir, den
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