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Einfach losfahren

Einfach losfahren

Titel: Einfach losfahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Volo
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zu fassen vermocht. Nun drückte ich mich aus, und damit forderte ich mein Schicksal heraus und stellte mich ihm. Die Erfindungsgabe ist der Ausdruck der Persönlichkeit, sie offenbart dir deine Welt.
    Meine Bestimmung, überlegte ich, war es, durch mein Empfinden zu mir selbst und zum Kern des Lebens vorzudringen, obwohl ich das womöglich nie schaffen würde. Aber selbst wenn ich den Sinn des Lebens nie ergründen sollte, vermag ich doch zumindest meiner Existenz eine Bedeutung zu geben.
    Hätte ich keinen Weg gefunden, meine Gefühle auszudrücken, wäre ich Gefahr gelaufen, am Ende meiner Tage, wenn ich mich umdrehen und zurückschauen würde, nur einen einzigen Tag zu sehen. Den immergleichen.
    Ich war aber nicht nur deshalb erfinderisch, weil ich das Buch schrieb, ich war es in allem, was ich tat. Ich war für alles offen. Ich hatte erfahren, wie gut es tat, etwas herstellen zu können, wie beflügelnd und faszinierend der Schaffensprozess war, selbst wenn es nur ein Tisch ist, ein Stuhl oder eine Zeichnung, die man anfertigt. Es war nicht einfach eine Arbeit. Ob ich nun Talent zum Schreiben hatte oder nicht, zumindest hatte ich entdeckt, dass ich handwerkliches Geschick besaß und es meinen Kopf durchlüftete, Dinge mit den Händen herzustellen. Die Entdeckung, dass ich etwas herstellen konnte, begeisterte mich.
    Jetzt verstand ich auch, was Federico gemeint hatte, als er sagte, Glück bestehe nicht darin, zu tun, was man wolle, sondern darin, das zu wollen, was man tut. Tatsächlich war ich glücklich, weil ich alles, was ich tat, auch tun wollte. Und jeder Tag war anders.

Lieber Papa
    Was mir auf den Kapverden fehlte, war eine gute Flasche Rotwein. Manchmal hätte ich einfach lieber Rotwein getrunken als Bier. Einen Einheimischen, der für ein paar Wochen nach Europa musste, hatte ich gebeten, mir eine Flasche Rotwein mitzubringen, und er hatte tatsächlich daran gedacht. Mit dem Rotwein wollte ich Sophie überraschen, und so lud ich sie zu einem italienischen Abendessen ein: Spaghetti Pomodoro mit Basilikum und dazu Wein aus Apulien, Primitivo di Manduria.
    Sie war sowohl mit dem Essen als auch mit dem Wein zufrieden. Wir tranken die ganze Flasche leer. Besonders ich.
    Auch an diesem Abend redeten wir viel. Wir stellten eine Liste der Bücher zusammen, die wir in der Posada ins Regal stellen wollten. Französische, italienische, englische. Wir wollten für die Gäste eine Ecke mit einer kleinen Bücherauswahl einrichten.
    Tags darauf schrieb ich Francesca einen Brief. Seit dem Tag meiner Abreise hatten wir uns weder gesehen noch gesprochen. Ich schrieb über dies und das: dass es mir gutgehe, dass ich ihr eine Menge zu erzählen hätte, dass ich bei Federicos und Sophies Posada mit anpackte, dass ich bald zurückkehren würde und dass es eine große Neuigkeit gebe. Mit der Neuigkeit meinte ich natürlich Angelica. Dann erwähnte ich noch, dass Sophie in einer Ecke der Posada eine kleine Bibliothek einrichten wolle und dass sie, Francesca, da doch genau die Richtige sei, um eine Liste geeigneter Bücher zusammenzustellen. Ich bat sie, die Bücher zu besorgen und hierherzuschicken; die Auslagen würde ich ihr erstatten, sobald ich wieder in Italien sei. Schließlich fügte ich noch hinzu, ich hätte Lust, sie zu sehen.
    Rund einen Monat später trafen die ersten dreißig Bücher ein.
    Dreißig Bücher und ein Brief für mich, in dem sie mich grüßte und sagte, sie habe ebenfalls Lust, mich zu sehen, obwohl sie nicht viel zu erzählen habe, bei ihr sei nichts passiert. Umso gespannter sei sie zu erfahren, was für Neuigkeiten das wohl sein mochten. Am Schluss dankte sie mir dafür, dass ich sie um die Bücherliste gebeten hatte. Vor allem dankte sie mir für das Vertrauen.
    »Es war ein wunderbarer Tag«, mit diesen Worten endete der Brief.
    An dem Abend, an dem ich Sophie zum Essen eingeladen hatte, redete sie sehr viel, vielleicht wegen des Weins. Nachdem wir uns über dies und das unterhalten hatten, begann sie von ihrer Familie zu erzählen, besonders von ihrem Vater, einem bekannten Arzt, der häufig verreisen musste, zumindest als sie klein war.
    »Er war immer unterwegs, um sich um die Krankheiten anderer zu kümmern, nie hatte er Zeit für mich, ich kam immer hinterher.«
    »Welche Krankheit hattest du denn?«
    »Keine, ich hätte nur gern mehr Zeit mit ihm verbracht. Ich hab mir ein Bein ausgerissen, um seine Aufmerksamkeit zu wecken. Wenn in meinem Leben eine wichtige Entscheidung anstand, fragte

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