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Einfach losfahren

Einfach losfahren

Titel: Einfach losfahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Volo
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wahnsinnige Kraft gehabt. Er ist nicht besonders muskulös, aber er ist zäh, und vor allem hat er den richtigen Charakter für Schlägereien. Denn dazu bedarf es meiner Meinung nach nicht nur der körperlichen Voraussetzungen. In der Schule wurde er mal als »Problemkind« bezeichnet. Er hatte wie ich einen Elternteil verloren, und vielleicht war das der Grund dafür, dass er mich immer gut leiden konnte. Wir hatten etwas gemeinsam. Irgendwann war ich nicht mehr mit ihm ausgegangen, weil er eine wandelnde Bombe war. Man ging ein Bier trinken, und sofort entstand eine unerträgliche Spannung. Ein Blick von jemandem, den er nicht mochte, oder ein Kompliment an seine Freundin genügte, und der Zirkus ging los. Er prügelte sich so gern, dass er oft auf dem Parkplatz vor der Disco Dehnübungen machte, bevor er hineinging. Nun aber, o Wunder der Evolution, ist er ein ruhiger Zeitgenosse und sogar ein guter Vater geworden.
    Eines Morgens bei der Arbeit erzählte mir Filippo, dass seine Frau wahrscheinlich geschlafen habe, als sie ihr Kind zeugten. Ich musste lachen. Sie war Krankenschwester, und wenn ihre und seine Arbeitszeiten nicht zusammenpassten, ging sie schon vor ihm ins Bett, steckte aber immer nur ein Bein in die Hosen des Schlafanzugs und ließ das andere nackt, damit Filippo, wenn er zurückkam und Lust hatte, Sex haben konnte, ohne sie ganz aufzuwecken. Im Halbschlaf vögeln: Die Geschichte vom Schlafanzug beweist die außergewöhnlichen Fähigkeiten des menschlichen Erfindungsgeists.
    Danach arbeitete ich in einer kleinen Fabrik, wo ich Duftkerzen in Gläser einsetzte. Daneben nahm ich mir mein phantastisches Notizbuch vor, und mit Hilfe diverser Freundschaften aus früheren Tagen gelang es mir, hier und da ein Interview oder einen Artikel unterzubringen. Mein Notizbuch war ein Füllhorn der Möglichkeiten, und wenn ich es mal verlor, war das eine echte Tragödie. Zum Glück habe ich es immer wiedergefunden.
    Ich begann das Buch zu schreiben, und irgendwann rief ich Elsa Franzetti an und fragte sie, ob sie noch daran interessiert sei, das Manuskript zu lesen. Sie bejahte, und einen Monat später überreichte ich ihr die erste Fassung. Eine vorläufige Fassung, vieles musste noch geändert und korrigiert werden. Aber das Buch gefiel ihr, und sie veröffentlichte es. Damit ging für mich ein Traum in Erfüllung, und es war mir egal, ob ich damit Erfolg haben würde. Hauptsache, ich hatte es geschrieben.
    Es war nicht einfach nur ein Traum gewesen, ein Buch zu schreiben. Es war eins der Dinge, die ich im Leben machen wollte; jetzt gab es aber noch viele andere. Aus meinen Träumen wurden Projekte.
    »Schreib einfach die Wörter hin, die in dir sind, und möglicherweise merkst du dabei, dass du in Wirklichkeit gar kein Buch, sondern ein Lied schreiben willst«, hatte Federico gesagt, und er hatte recht gehabt. Das Eigenartige war, dass meine neue Art zu sein und mich zu geben überzeugend wirkte. Wenn ich eine Idee oder ein Projekt vorschlug, wurde selten etwas abgelehnt. Ich habe nie begriffen, wieso: Vielleicht waren die Projekte einfach gut, oder es lag daran, dass die Leute zu jemandem, dem es offensichtlich gutgeht, Zutrauen fassen und sein Glück ein bisschen teilen wollen.
    Vielleicht hatte auch Jesus recht: »Bitte, und dir wird gegeben.«
    Ich hatte jetzt also ein Buch geschrieben, in ein paar Tagen werde ich das zweite beenden, und ansonsten veröffentliche ich Artikel und Interviews.
    Ich bin gelassen. Ich lebe. Manchmal habe ich auch schon mal ein paar Tage lang gar nichts gemacht. Wenn ich genug Geld hatte, arbeitete ich nicht. Ich hatte nicht vor, mich krummzulegen, um Dinge zu kaufen, die ich nicht brauchte. Ich rechnete genau und hatte genügend Freiraum. Ich war ein Zeitkünstler geworden.
    Früher hätte irgendetwas Schlimmes passieren müssen, damit ich nicht zur Arbeit ging: Arztbesuche, Untersuchungen, Beerdigungen, eine Diebstahlanzeige, Unfälle. Nur wenn mir etwas Negatives widerfahren war, durfte ich ein paar Stunden fehlen. Nie verließ ich mal meinen Arbeitsplatz, weil ich besonders glücklich war und einen Spaziergang machen wollte oder weil ich Lust auf Sex hatte. Ich musste schon mindestens auf eine Grippe hoffen. Auf eine Beerdigung gehen – ja, zur Geburt eines Kindes – nein.
    Aber diese Haltung führte dazu, dass viele eine ganz andere Vorstellung von mir bekamen: Für sie bin ich einer, der nicht arbeiten will, ein Nichtsnutz, der den Rücken nicht krumm macht, ein

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