Einfach losfahren
Faulpelz.
Das stimmt. Dafür werde ich, wenn ich mich morgen beim Aufwachen ein bisschen down fühle und erkenne, dass es ein Scheißtag wird, den ganzen Tag arbeiten, Ehrenwort.
Morgen stehe ich als Papa auf… Hm, das scheint mir ein guter Grund, nicht arbeiten zu gehen.
Und wie
Auf den Kapverden konnte ich vormittags auch mal eine Pause machen, um einkaufen zu gehen. Obst, Gemüse, Fisch, Reis… etwas fürs Mittagessen. Ich lernte kochen. Wagte mich an neue Gerichte. Es gefiel mir, verschiedene Gewürze auszuprobieren, Rezepte zu erfinden. Mir Zeit zum Kochen zu nehmen: Auch damit habe ich erst dort angefangen. Paprika schneiden, Zucchini, Zwiebeln, Knoblauch, Petersilie, Basilikum. Fisch filettieren, Salat anmachen. Kochen ist etwas Schönes, all die herrlichen Farben und Aromen! Und als Abrundung im Hintergrund Musik und ein eiskaltes Bier oder Rotwein. Eines Abends machte ich ein Foto: das Weinglas neben dem Hackbrett mit dem in Scheiben geschnittenen Gemüse und der dampfenden Pasta im Nudelsieb.
Auch das Essen selbst mag ich sehr.
Und noch etwas habe ich in meiner Zeit auf Boa Vista entdeckt: beim Duschen die Wäsche waschen. Zwei Fliegen mit einer Klappe, sozusagen. Und sie vor dem Aufhängen dann ordentlich ausschlagen und die Tröpfchen am Körper spüren… darauf fuhr ich völlig ab. Ich hatte die Namen der Winde gelernt, was eigentlich zu nichts nutze war, aber es war trotzdem schön, zu wissen, wer meine Wäsche trocknete.
Ich muss gestehen, unter der Dusche erledige ich viele Dinge. Zähneputzen, zum Beispiel, Rasieren oder Pinkeln. Die Dusche in meiner Wohnung ist nicht sehr groß, deshalb ist es schwer, dort die Wäsche zu waschen. Aber zum Zähneputzen und Pinkeln reicht es. Allerdings nicht gleichzeitig.
Auch wenn ich früher mal in einer fremden Wohnung duschte, etwa bei der Frau, mit der ich gerade zusammen war, machte ich das, wenn ich mal musste. Natürlich hatte ich immer Angst, sie würde plötzlich zu mir in die Dusche steigen wollen und das gelbe Bächlein zu meinen Füßen sehen. Sehr unangenehm finde ich übrigens, wenn eine fremde Dusche keine Glastür, sondern einen Plastikvorhang hat. Man wäscht sich, und permanent bleibt am Ellbogen oder am Rücken oder an der Wade der Vorhang kleben. Nervig. Da lasse ich ihn lieber offen und wische hinterher den Boden.
Mir gefällt es, an einem Ort gewesen zu sein, wo ich über einen so langen Zeitraum hinweg keine Schuhe getragen habe. Und weil ich so lange ohne Socken herumgelaufen bin, musste ich die Fußnägel mit der Schere schneiden und konnte nicht, wie gewohnt, störende Stückchen vor dem Schlafengehen mit den Fingernägeln abknipsen. Wenn man Schuhe und Strümpfe trägt und abends auszieht, sind nämlich die Füße feucht und die Nägel weich, und man kann die harten Daumennägel für die Operation benutzen. Aber wenn der Fuß wie auf den Kapverden nie von einem Schuh umschlossen ist, bleibt er trocken: Die Nägel sind hart, und wenn man versucht, sie mit dem Daumennagel abzuknipsen, bleibt der große Zeh stets Sieger. Ohne Schuhe werden auch die Füße ganz hart, nicht nur die Nägel. Anfangs hielt ich es tagsüber auf dem heißen Sand nicht aus. Nach einem Monat trat ich sogar Zigaretten mit dem Fuß aus.
Am Sommer mag ich, dass man morgens im Nu angezogen ist: T-Shirt, Shorts, Flip-Flops; obwohl, den Winter mag ich eigentlich auch. Weniger der Kälte wegen, aber wenn ich abends leicht durchfroren und durchnässt von der Arbeit nach Hause komme, dann weiß ich meine Wohnung umso mehr zu schätzen. Türe schließen, Jacke ausziehen. Lampen und Anlage einschalten, ein heißes Bad einlaufen lassen, mich gründlich waschen, bequeme Kleidung anziehen und etwas Warmes kochen. Das gefällt mir. Genauso gefällt mir, das zu essen, was normalerweise nur alte Leute essen, Brühe, Grießbrei, Graupen. Ich liebe Suppen. Ich streue so viel Käse drüber, dass er auf dem Tellerboden und am Löffel kleben bleibt und ich ihn mit den Zähnen abschaben muss. Und wenn ich das Geschirr nicht sofort spüle, muss ich einen Maurer rufen, damit er ihn wieder losmeißelt.
Ich mag Suppen, sogar im Krankenhaus. Da bin ich der Einzige, ich weiß, aber für Suppe und Püree aus dem Krankenhaus könnte ich sterben. Ich stehe auch total auf Tee mit massig Zitrone, wie er da nachmittags serviert wird. Ob es den hier in dieser Klinik auch gibt? Außerdem wird im Krankenhaus um sechs gegessen, und das ist im Winter einfach wunderbar.
Im Krankenhaus wird
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