Einfach losfahren
die bürokratischen Dinge abgesprochen: Nachname des Kindes, Taufe und derlei mehr. Was erledigt werden musste, wurde erledigt.
Nach dem Besuch bei ihnen fuhren wir zu Francesca in die Bar. Als wir hineinkamen, lächelte sie mich sofort an, kam mir entgegen, und wir umarmten uns. Es machte mich glücklich, sie wieder so nah zu spüren. Dann entdeckte sie Sophie und Angelica und löste sich von mir, als hätte sie meine Frau und meine Tochter erblickt.
Sie stellte sich vor. »Ich bin Francesca, eine Freundin von Michele.«
»Ich heiße Sophie, und das hier ist Angelica.«
Francesca wandte sich an mich. »Sophie? Doch nicht die Sophie?«
»Doch.«
»Und von wem ist das Kind?«
»Rat mal…«
»Nein, das gibt’s doch nicht!«
»Doch.«
Francesca stiegen Tränen in die Augen, und nach ein paar Sekunden heulte sie los.
Sophie legte ihr Federicos Tochter in die Arme. Francesca herzte sie und wiegte sie, als sollte sie einschlafen.
Am nächsten Abend haben wir zu viert bei mir gegessen. Zu dreieinhalbt, besser gesagt.
Ich war glücklich, dass ich wieder zu Hause war.
Wir haben viel geredet. In den letzten Monaten war mein Französisch ein bisschen besser geworden, vor allem aber Sophies Italienisch.
Als Francesca ging, fühlte ich mich irgendwie komisch. Es war komisch, dass ich mit einer anderen Frau dablieb. Auch wenn beiden die Situation klar war.
Sophie und ich blieben noch eine Zeitlang auf.
Als sie schließlich schlafen ging, sagte Sophie noch: »Francesca ist eine besondere Frau.«
Nach zehn Tagen reiste Sophie zu den anderen Großeltern nach Paris weiter.
Zu Federicos Eltern hatte sie von nun an ein hervorragendes Verhältnis. Sie telefonierten oft miteinander, und Sophie hatte versprochen, vor dem Rückflug auf die Kapverden noch einmal mit Angelica vorbeizukommen. Und die Großeltern wollten sie so bald wie möglich in der Posada besuchen.
Währenddessen musste ich mein Leben neu organisieren. Als Erstes besuchte ich meinen Vater und meine Schwester. Ich war gespannt darauf, welchen Eindruck mein Brief hinterlassen hatte. Unabhängig davon freute ich mich auf den Besuch bei ihnen. Ich hatte Lust, sie zu sehen, meine Familie zu sehen.
Als ich die Werkstatt betrat und mein Vater mich sah, lächelte er. Er freute sich, das war offensichtlich. Wir umarmten uns. Das hatten wir ewig nicht mehr gemacht. Keine lange, reglose, stille Umarmung. Eine schnelle Umarmung mit verlegenem Schulterklopfen, aber trotzdem schön. Meine Schwester sah mich durch die Scheibe des Büros und kam heraus, um mich ebenfalls zu begrüßen. Ich glaube, dieser Empfang hatte nichts mit dem Brief zu tun, sondern damit, dass wir uns so lange nicht gesehen hatten. In einer Ecke der Werkstatt entdeckte ich, halb unter einer Plane verborgen, mein Auto. Mein Vater hatte es repariert. Als ich es hergebracht hatte, hatte es lauter Kratzer, Beulen und ein kaputtes Rücklicht gehabt, jetzt sah es aus wie neu. Papa versteht was von seiner Arbeit, und das sage ich nicht, weil ich ihn liebe. Unter anderem versteht er deshalb was von seiner Arbeit, weil die Werkstatt der Ort ist, in den er sich immer geflüchtet hat. Er hat stets auch samstags und sonntags gearbeitet, weil ihm das leichter fiel, als mit mir und meiner Schwester oder den Großeltern zu Hause zu sein. Mit meinem Wagen hatte er ordentlich was zu tun, ich gebe es gern zu, dass ich von diesen Dingen keine Ahnung habe. Er sagte, er habe ihn nicht verkauft, aber wenn ich immer noch dazu entschlossen sei, dann werde er ihn kaufen, ansonsten könne ich ihn gleich wiederhaben. Dies war gewiss ein Liebesbeweis. Ich sagte, dass ich abends zum Essen zu ihnen kommen würde, und erzählte ihnen, dass Federicos Freundin und Tochter derzeit bei mir wohnten.
»Seine Tochter?«
Ich erzählte ihnen die ganze Geschichte. Meine Schwester weinte.
Obwohl ich beschlossen hatte, das Auto nicht mehr zu verkaufen, ließ ich es bei meinem Vater in der Werkstatt und nahm das Fahrrad.
Beim Abendessen befanden wir, dass ihre Wohnung dringend mal wieder geweißelt werden musste und hier und da kleinere Reparaturen nötig waren. Nach meiner Erfahrung mit der Posada kam ich mir fast vor wie ein Fachmann, obwohl mein Vater in allem Handwerklichen begabt ist und sicher keinen Lehrmeister brauchte, sondern jemanden, der ihm zur Hand ging.
Am darauffolgenden Samstag und Sonntag machten wir uns gemeinsam an die Arbeit. Es war wirklich schön, den ganzen Tag mit ihm zusammen zu sein. Es war so lange her,
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