Einfach mal die Schnauze halten! - Rick ; Bd.3
zu
machen. Mit oder ohne Abwischen. Dann gab's halt Rallyestreifen
in der Unterhose.
Aber dieser Tag – dieser selten blöde Tag – war einfach
nicht meiner! Ich hatte gerade die Lurchpforte wieder zugezogen
und zum Sprung über den Jägerzaun angesetzt, da
verhakte sich mein bekloppter Schnürsenkel in der oberen
Zaunspitze. Bevor ich es schnallte, knallte ich schon volle
Kanne auf den Bürgersteig, während mein linker Fuß oben
im Zaun festhing.
»Aaaarrghh!«, schrie ich. Dann küsste ich auch schon das
Pflaster.
Wie ein Irrer fummelte ich an meinem Schnürsenkel
herum, um mich so schnell wie möglich zu befreien. Und
dabei konnte ich nur eines denken: WEG HIER! Und nienieniemals
wiederkommen. NIEMALS!
Zu Hause schleppte ich mich sofort vor den Badezimmerspiegel,
um mein lädiertes Gesicht unter die Lupe
zu nehmen. Alter Falter, als ob ich einen der Klitschko-
Brüder schief von der Seite angemacht hätte! Stirn, Nase
und Kinn hatten als Bremsbeläge herhalten müssen, als ich
über den Asphalt geschlittert war. Der schrammfreie Rest
meines Gesichts war schmutzig.
Und so war ich durch die halbe Stadt gerannt. Quasi als
Zwillingsbruder von Quasimodo.
Als ich mich einigermaßen verarztet hatte, stand Finn
mit einem Mal schnaufend im Türrahmen.
»Sag mal, spinnst …«, motzte er los. Doch dann fiel ihm
wohl mein zerschrammtes Gesicht auf und er bekam vor
Schreck nichts mehr raus.
»Willkommen in der Kirche. Der Herr segne und behüte
dich«, sagte ich lässig.
»Die anderen sind auch gleich da«, japste Finn. »Ich bin
vorgerannt, um dich zu warnen. Dein Vater kocht vor Wut,
weil du einfach abgehauen bist.«
»Na und? Mir doch völlig wurscht«, entgegnete ich schulterzuckend.
Meine Schultern hatten noch nicht zu Ende gezuckt, da
stürmten auch schon Pa, Linda und Mary, gefolgt von der
keuchenden Helena, in die Wohnung und stierten mich an
wie ein Rudel Jagdhunde ein Kaninchen.
Ich blickte in die Runde und merkte plötzlich, wie meine
Entschlossenheit wuchs.
»Ich werde auf keinen Fall in dieses bekloppte Haus einziehen!
Ich! Bleibe! Bei! Wutz! Und! Gismo!«
Und weil Pa gleich wieder zu meckern anfangen wollte,
knallte ich ihm einfach die Badezimmertür vor der Nase
zu.
Während draußen lautstark gestritten wurde, pflanzte
ich mich drinnen auf den Badewannenrand und dachte
über mein total verkorkstes Leben nach. Irgendwann hörte
ich Türen zuscheppern und danach herrschte endlich astreine
Stille in der WG.
Schließlich wagte ich mich aus dem Bad. Beim Rausgehen
fiel mein Blick auf Lindas hässliche Öko-Clogs neben
der Tür. Ich schnappte mir Pas Superweiß-Mach-Zahnpasta
und verteilte den Inhalt großzügig in den Schuhen.
Danach ging es mir ein kleines bisschen besser.
Zum Abendessen waren wir ausnahmsweise mal unter
uns. Na ja, bis auf Wutz, der seit Tagen topsecret im Einsatz
war.
Gismo lag mit Depri-Miene im Körbchen und ließ aus
Frust in regelmäßigen Abständen eine seiner berühmtberüchtigten
Stinkbomben los. Er hatte den Schock, dass
Helena mehrere Wochen bei uns gewohnt hatte, wohl noch
immer nicht richtig verarbeitet, weshalb Wutz sogar schon
darüber nachgedacht hatte, ihn zu einem Katerpsychiater
zu bringen.
»Wir müssen reden«, brummte Pa, während er sein Butterbrot
mit drei dicken Scheiben Kochschinken belegte.
»Wenn das Linda sieht«, zog ich ihn auf. Sein Schatzi war
nämlich eine überzeugte Vegetarierin.
Pa knurrte etwas Unverständliches und biss in sein Brot.
Kauend sah er mich an, und nach einer Weile, in der ich
schon gehofft hatte, dass er es sich anders überlegt hätte,
begann er dann doch zu reden.
»Die Sache ist beschlossen, Rick. Wir werden das Haus
kaufen.«
Super! Vielen Dank auch, lieber Vater! Das hast du mir
echt schonend beigebracht!
Ich ließ mein Würstchen zurück auf den Teller plumpsen
und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ich bleibe bei Wutz!«
»Blödsinn!«
Hallo? Vermutlich hatte ich mich nicht verständlich genug
ausgedrückt. Also versuchte ich es gleich noch einmal:
»ICH ZIEHE NICHT UM! TAUSENDPROZENTIG!«
Pa musterte mich kühl. Kein bisschen wie ein verständnisvoller
Papi, der sich um seinen geliebten Sohn sorgte. Hinzu kam, dass er so ein komisches Knurren von sich gab.
Ich wich seinem Blick aus und starrte einfach nur stur auf
das Würstchen vor mir auf dem Teller.
Eigentlich war er ja gar kein so übler Vater. Im Vergleich
zu den verspießerten Vätern meiner Kumpel war er immer
echt gut weggekommen. Doch
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