Einfach verrückt!: Roman (German Edition)
die Zuschauer von KTEX ausschließlich aus El Paso, daran gab es nichts zu rütteln.
»Aber eine Bevölkerung von fast achthunderttausend ist auch kein Pappenstiel«, konterte sie.
»Keine Frage. Aber angesichts der geografischen Verhältnisse gibt es kein Wachstumspotenzial.«
»Las Cruces ist nicht so weit entfernt. Und direkt hinter der Grenze liegt Juárez.«
»Las Cruces ist ein kleiner Markt. Und was Juárez betrifft – planen Sie denn, auf Spanisch zu senden und zu werben?«
Sie konnte es nicht ausstehen, aber da hatte er Recht.
Er studierte einige seiner Unterlagen. »Auf der Grundlage der mir vorliegenden Informationen müssen Sie schleunigst den Turnaround schaffen, sonst geraten Sie zu tief in die roten Zahlen, um da realistischerweise wieder herauszukommen.«
»Viele Unternehmen schreiben irgendwann mal rote Zahlen«, erwiderte Chloe trotzig. »Wir kommen da wieder raus. Wir haben Zeit. Oder etwa nicht, Julia?«
Alle Blicke richteten sich auf Julia, die aber keine Antwort gab.
Lucy klopfte an. »Verzeihen Sie die Störung, aber der Konferenzraum wurde für elf Uhr reserviert, die Teilnehmer sind gerade eingetroffen.«
Kate wandte sich an Julia. »Reservierungen für den Konferenzraum?«
Julia erhob sich von ihrem Platz am Kopfende des Tisches, die Männer folgten ihrem Beispiel. Sie lächelte ein wenig nervös. »Das wär’s wohl fürs Erste. Mr. Tanner, Lucy wird Sie in mein Büro bringen. Ich komme gleich nach.«
Und damit zog sie von dannen.
Kate stand sichtlich geschockt da und schüttelte ihm die Hand. »Es hat mich gefreut, Sie kennen zu lernen.« Dann verschwand auch sie.
Wie auch Ben, der sagte, er müsse unbedingt telefonieren. Chloe bemühte sich, die in ihr aufsteigende Unsicherheit zu unterdrücken. Sie hatte jedoch nichts mehr mit den Ereignissen des Abend zuvor zwischen ihr und diesem Trey Tanner zu tun. Vielmehr war sie durch die plötzliche Befürchtung aus dem Gleichgewicht gebracht worden, dass sie nicht begriff, welche Kräfte durch seine Ankunft in Gang gesetzt worden waren. Julia hatte sich an Prescott Media gewandt, ohne sie darüber zu informieren.
Chloe nahm kaum wahr, dass Trey Tanner seine Aktentasche genommen hatte und zur Tür ging. Und als sie es bemerkte, war sie so erleichtert darüber, dass sie kaum bemerkte, wie er sich im letzten Moment umwandte.
»Ach, was ich ganz vergessen habe.«
Der Satz riss Chloe aus ihrem Gefühl der Erleichterung, und sie blickte auf. Zum ersten Mal seit ihrem törichten Intermezzo in dem Hotel trafen ihre Blicke einander tatsächlich. Er lächelte, dass sie geradezu dahinschmolz und ganz weiche Knie bekam. Wieder begann sich das Kaleidoskop zu drehen. Bilder. Sehnsüchte. Die Erinnerung an seinen Mund, wie er sich über ihrer Brust schloss. An seine Hände, die ihre Schenkel hinaufglitten.
Eigentlich konnte sie nur dankbar dafür sein, dass er sie nicht wiedererkannt hatte, als sie das Konferenzzimmer betrat. Sie hatte ihre unbedachte Handlung vergessen wollen, kaum dass sie geschehen war. Außerdem war ihr inzwischen klar, dass sie für ihn nichts empfinden durfte, wenn sie eine Chance haben wollte, den Sender vor Prescott Media zu retten.
Dann aber griff Trey Tanner, ehe er ihr die Hand entgegenstreckte, in seine Aktentasche, und die Welt kam zum Stillstand, als Chloe die kleine, strassbesetzte Abendtasche in seiner großen Hand liegen sah.
Plötzlich lachte er und sagte: »Das haben Sie vergessen, als Sie gestern Abend verschwunden sind.«
An: Chloe Sinclair
Von: Katherine Bloom
Thema: Nein!
Ich glaub es einfach nicht! Trey Tanner ist der Mann von gestern Abend?!!! Julia wird ausflippen. Hast du es ihr schon gesagt? Kate
Katherine C. Bloom
Nachrichtenmoderatorin, KTEX TV WEST-TEXAS
An: Katherine Bloom
Von: Chloe Sinclair
Thema: Noch nicht
Ich hatte bisher noch keine Gelegenheit dazu. Sie spricht gerade mit dem Mann, an den sie das Konferenzzimmer vermietet hat. Wie wird sie es aufnehmen, was glaubst du? Julia ist ja immer Miss Modern – außer wenn es um Fragen geht, die mit dem Sender zu tun haben.
Chloe Sinclair
Geschäftsführerin des preisgekrönten KTEX TV
An: Chloe Sinclair
Von: Katherine Bloom
Thema: Warnung
Ich finde, du musst sie warnen, das wäre das Mindeste, damit sie über die Situation Bescheid weiß, wenn sie mit dem Mann verhandelt.
Kate
An: Katherine
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