Einfach verrückt!: Roman (German Edition)
stark und beherrschend wirkt. Auch wenn wir alle, wie ich glaube, hin und wieder einen Dämpfer gut vertragen können.«
War das nun ein Kompliment? Chloe hatte keine Ahnung.
»Es hat mich gefreut, Sie kennen zu lernen«, sagte Serena und gab Chloe damit eindeutig zu verstehen, dass sie jetzt entlassen war. »Mir ist aufgefallen, dass Sie gerade auf dem Weg nach draußen waren, als der Tumult entstand. Vielleicht sollten Sie sich jetzt ankleiden.«
»Grandmère«, sagte Sterling barsch.
Seine Großmutter blickte ihn herrisch an, während Chloe über und über rot wurde.
»Ich muss jetzt wirklich gehen.«
Als Sterling sie zurückhalten wollte, stürmte sie in die Küche und verschwand durch die Hintertür. Sie brauchte Luft zum Atmen. Und aus unerfindlichen Gründen begriff sie, dass ihr die Kontrolle über die Situation umso mehr entglitt, je mehr sie sie zu erlangen versuchte.
Die Prescotts sahen ihr hinterher. Kaum war die Hintertür mit lautem Knall zugefallen, legte Serena Prescott den Kopf in den Nacken und schaute zu ihrem älteren Enkeln hoch. Dann warf sie ihm einen wütenden Blick zu. »Wie ich höre, hast du dich ›Trey‹ genannt«, sagte sie in gebieterischem Tonfall.
Dieser starke Mann, der fast jeden in seiner Umgebung einschüchterte, schnitt eine Grimasse. »Ich kann dir das nicht erklären.«
»Aber du wirst es noch müssen. Doch als Erstes muss ich mich ein wenig frisch machen. Ben wollte mich in einem Hotel einquartieren, aber ich habe darauf bestanden, vorher dich zu treffen. Wenn du hier in diesem Haus wohnst, sehe ich keinen Grund, warum ich nicht bei dir bleiben kann. Das heißt, es sei denn, du hättest dir frühmorgendliche Rendezvous mit dieser Frau, die da gerade zur Tür hinausgestürmt ist, zur Gewohnheit gemacht.«
»Grandmère«, sagte er mit Entschiedenheit, »was ich mit Chloe tue, geht dich nichts an. Ich muss dich respektvoll bitten, dich aus dieser Sache herauszuhalten.«
»Hmmm, du widersprichst mir also. Die Frau muss dir mehr bedeuten, als ich vermutet habe.«
Mit diesen Worten ging sie den Flur hinunter, als ob ihr das Haus gehörte, bis sie schließlich vor Chloes Zimmer stehen blieb. »Gütiger Himmel, was ist denn mit dem Bett passiert?«
Sie wartete eine Antwort gar nicht erst ab, sondern verschwand im Bad. Ben verschwendete keine Zeit.
»Was sollte ich denn machen?«, fragte er leise. »Du weißt doch, wie Grandmère ist.«
»Ja, natürlich. Ich bin nur dankbar, dass sich nicht auch noch Diana entschlossen hat, hier aufzukreuzen.«
»Wart’s ab.«
»Na toll.«
»Hör zu«, sagte Ben. »Ich habe herausgefunden, warum Chloe bei ihrer Großmutter gewohnt hat.«
Sterling sah ihn konzentriert an.
»Die Mutter, Nell Sinclair, hat auf dem Sozius der Harley irgendeines Bikers gesessen, nachdem Chloes Vater ausgezogen war. Nell war sechsundzwanzig, trug keinen Helm. Der Fahrer auch nicht. Sie fuhren mit hoher Geschwindigkeit nach Paisano runter, verloren die Kontrolle und prallten gegen einen Baum. Ihr Tod wurde noch am Unfallort festgestellt.«
Sterling ließ es sich nicht anmerken, wie überrascht er war. Gleichzeitig unterdrückte er den Gedanken, wie Chloe wohl den jähen, unerwarteten Verlust eines Elternteils verarbeitet hatte. Dies würde er sich für später aufsparen, wenn er allein war und über die Gefühle, die nur Chloe Sinclair bei ihm hervorzurufen vermochte, in Ruhe nachdenken konnte.
Als Sterling weiter nichts sagte, fuhr Ben fort und ging die Details aus der Akte von Hughes Security durch. Über die Mutter und den Vater, über die Behörden, die das Kind bei der Großmutter untergebracht hatten.
Sterlings runzelte die Stirn. »Das heißt also, dass Chloe unehelich ist.«
»Ja«, erwiderte Ben knapp.
Gefühle versuchten, sich einen Weg durch seine angestrengte Selbstbeherrschung zu erkämpfen. Sterling hasste, was er soeben gehört hatte. Er hasste die Kenntnis, dass Chloes Eltern nie geheiratet hatten, hasste, was dies, selbst heutzutage, für Chloe bedeutete.
Hatte es ihr deshalb so sehr widerstrebt, über ihre Familie zu sprechen? Hatte sie deshalb persönliche Dinge für sich behalten?
Doch Sterling hatte auch eines dieser ganz fremdartigen Gefühle, die ihn überkamen, seit er Chloe kennen gelernt hatte. Nämlich das unwiderstehliche Verlangen, ihr die Familie zu geben, die sie nie gehabt hatte. Er wollte ihr Kinder schenken; er wollte ihr sich selbst schenken – wenn sie ihn denn haben wollte -, mithin das Einzige, was er
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