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Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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Arbeitszimmer.«
    Als sie eintraten, gingen sie an Miss Watson vorüber, die sich ihre Handschuhe für die Kirche zuknöpfte, und sie hörten von unten Putnams Stimme, der immer noch dem Koch eine Vorlesung über die Kochkunst hielt. Im Arbeitszimmer und Kuriositätenkabinett des Majors stießen sie plötzlich auf einen Dritten, mit seidenem Zylinder und im Ausgehanzug, der am Rauchtisch über einem offenen Buch brütete – ein Buch, das er geradezu schuldbewußt fallen ließ, als er sich umdrehte.
    Cray stellte ihn höflich genug als Dr. Oman vor, aber in seinem Gesicht zeigte sich eine solche Abneigung, daß Brown vermutete, die beiden Männer seien, ob Audrey das nun wußte oder nicht, Rivalen. Und der Priester war dem Vorurteil keineswegs abgeneigt. Dr. Oman war wirklich ein tadellos gekleideter Herr; mit gutgeschnittenen Zügen, obwohl fast so dunkel wie ein Asiate. Doch Father Brown mußte sich energisch zureden, daß man auch solchen gegenüber Nächstenliebe zu empfinden habe, die ihren Spitzbart wichsen, die schmale, behandschuhte Hände haben und die mit vollkommen modulierter Stimme sprechen.
    Cray schien an dem kleinen Gebetbuch in Omans dunkel behandschuhter Hand etwas besonders Irritierendes zu finden. »Ich wußte nicht, daß das auf Ihrer Linie liegt«, sagte er ziemlich grob.
    Oman lachte leicht und unbeleidigt. »Das hier ist es mehr, ich weiß«, sagte er und legte die Hand auf das dicke Buch, das er hatte fallen lassen, »ein Wörterbuch der Drogen und ähnlicher Dinge. Aber es ist viel zu groß, als daß man es in die Kirche mitnehmen könnte.« Dann schloß er das größere Buch, und wieder schien da ein feinster Hauch von Hast und Verwirrung zu sein.
    »Ich nehme an«, sagte der Priester, der das Thema offenbar gerne wechseln wollte, »daß all diese Speere und anderen Sachen aus Indien sind?«
    »Von überall her«, antwortete der Doktor. »Putnam ist ein alter Soldat und war soviel ich weiß auch in Mexiko und Australien und auf den Kannibalen-Inseln.«
    »Ich hoffe, er hat nicht auch auf den Kannibalen-Inseln«, sagte Brown, »die Kunst des Kochens erlernt.« Und er ließ seine Blicke über die Schmortiegel und die anderen fremdartigen Geräte an den Wänden wandern.
    In diesem Augenblick schob das fröhliche Subjekt ihres Gesprächs sein lachendes hummeriges Gesicht ins Zimmer. »Nun komm schon, Cray«, rief er. »Dein Essen wird gerade aufgetragen. Und die Glocken läuten für die Kirchgänger.«
    Cray verschwand nach oben, um sich umzuziehen; Dr. Oman und Miss Watson verfügten sich feierlich inmitten anderer Kirchgänger die Straße hinab; aber Father Brown bemerkte, daß der Doktor sich zweimal umsah und das Haus beobachtete; und daß er sogar bis zur Straßenecke zurückkam, um es erneut zu überblicken.
    Der Priester sah verwirrt aus. » Er kann nicht am Müllbehälter gewesen sein«, murmelte er. »Nicht in dem Anzug. Oder war er heute schon früher da?«
    Father Brown war, was andere Menschen anging, so feinfühlig wie ein Barometer; heute aber schien er so feinfühlig zu sein wie ein Nilpferd. Keine gesellschaftliche Anstandsregel, sei sie nun von der strikten oder von der unausgesprochenen Art, ließ sein Verweilen beim Mahle der angloindischen Freunde zu; und doch verweilte er, wobei er seine Position durch einen Schwall amüsanter aber völlig überflüssiger Konversation verschleierte. Das war um so rätselhafter, als er keinerlei Anteil an der Mahlzeit wünschte. Als nacheinander die exquisitest gewürzten Curry-Reisspeisen vor die beiden anderen hingestellt wurden, begleitet von den zugehörigen Weinen, wiederholte er nur, daß dies einer seiner Fasttage sei, und knabberte an einem Stück Brot und nippte an einem Glas kalten Wassers, das er dann aber nicht mehr anrührte. Dafür war sein Redestrom überwältigend.
    »Ich will Ihnen sagen, was ich für Sie tun werde«, rief er; »ich werde Ihnen einen Salat anmachen! Ich darf ihn zwar nicht essen, aber ich werde ihn anmachen wie ein Engel! Da haben Sie ja einen Kopfsalat.«
    »Das ist unglücklicherweise das einzige, was wir haben«, antwortete der Major gutgelaunt. »Erinnern Sie sich, daß Senf, Essig, Öl und so weiter mit dem Gewürzständer und dem Einbrecher verschwunden sind.«
    »Ich weiß«, erwiderte Brown unbestimmt. »Ich habe immer befürchtet, daß das geschehen würde. Deshalb trage ich auch immer einen Gewürzständer mit mir. Ich liebe eben Salat.«
    Und zum Erstaunen der beiden Männer zog er einen

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