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Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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Annahme, daß Sie es nicht sind.«
    »Was meinen Sie damit?« fauchte Cray reichlich bissig.
    »Wirklich Verrückte«, erklärte Father Brown, »ermutigen stets ihre Krankhaftigkeit. Sie kämpfen nie dagegen an. Sie aber bemühen sich, die Spuren eines Einbrechers zu finden, selbst wenn es keine gibt. Sie kämpfen dagegen an. Sie wollen, was kein Verrückter je will.«
    »Und was ist das?«
    »Sie wollen widerlegt werden«, sagte Brown.
    Während dieser letzten Worte war Cray auf die Füße gesprungen, oder besser getaumelt, und starrte den Geistlichen mit bewegten Blicken an. »Zum Teufel, das ist ein wahres Wort!« schrie er. »Alle hier reden auf mich ein, daß der Bursche lediglich hinter dem Silber her sei – als ob ich nicht nur zu erfreut wäre, wenn ich das auch glauben könnte! Sie redet auf mich ein«, und er warf seinen zerzausten schwarzen Kopf in Richtung auf Audrey herum, aber der andere bedurfte dieses Hinweises nicht, »sie redete heute auf mich ein, wie grausam es von mir sei, auf einen harmlosen Einbrecher zu schießen, und daß ich vom Teufel gegen die harmlosen Eingeborenen besessen sei. Und dabei war ich einst ein gutmütiger Mann – so gutmütig wie Putnam.«
    Nach einer Pause sagte er: »Hören Sie, ich habe Sie noch nie gesehen; aber Sie sollen die ganze Geschichte beurteilen. Der alte Putnam und ich waren in der gleichen Offiziersmesse Freunde; aber aufgrund bestimmter Vorfälle an der afghanischen Grenze bekam ich weit früher mein Kommando als die meisten anderen Männer; nur wurden wir verwundet für eine Weile nach Hause geschickt. Ich hatte mich da draußen mit Audrey verlobt; und so reisten wir alle zusammen zurück. Aber auf der Rückreise kam es zu Vorfällen. Zu eigenartigen Vorfällen. Als Ergebnis davon wünscht Putnam, daß die Verlobung aufgelöst werde, und selbst Audrey läßt sie in der Schwebe. Ich weiß, wofür sie mich halten. Und Sie auch.
    Nun gut, hier sind die Tatsachen. An unserem letzten Tag in einer indischen Stadt fragte ich Putnam, wo ich Trichinopoli-Zigarren bekommen könne; er verwies mich an ein kleines Geschäft gegenüber seiner Wohnung. Inzwischen habe ich herausgefunden, daß er völlig recht hatte; aber ›gegenüber‹ ist ein riskantes Wort, wenn einem anständigen Haus fünf oder sechs verkommene gegenüberstehen; und ich muß mich in der Tür geirrt haben. Sie öffnete sich nur sehr schwer, und dann in völlige Dunkelheit; aber als ich zurückgehen wollte, fiel die Tür hinter mir zu und rastete mit einem Geräusch von unzähligen Riegeln an ihrem Platz ein. Mir blieb nichts anderes übrig, als vorwärts zu gehen; und das tat ich auch, durch Gang nach Gang, in pechschwarzer Dunkelheit. Schließlich kam ich an Treppenstufen und dann an eine Geheimtür, die mit einem Riegelwerk der ausgeklügeltsten orientalischen Schloßmacherkunst verschlossen war, das ich nur durch Tasten untersuchen, aber schließlich doch öffnen konnte. Und wieder geriet ich in Düsternis, die unten durch eine Vielzahl kleiner aber stetig brennender Lampen in ein grünliches Zwielicht verwandelt wurde. Sie machten lediglich den Fuß oder den Sockel irgendeiner riesigen und leeren Architektur sichtbar. Unmittelbar vor mir war etwas, das wie ein Gebirge aussah. Ich gestehe, daß ich fast über die große steinerne Plattform stürzte, auf die ich herausgekommen war, als ich erkannte, daß es sich um ein Götzenbild handelte. Und am schlimmsten, es stand mit dem Rücken zu mir.
    Es war kaum menschenähnlich, kam mir vor; jedenfalls wenn ich nach dem kleinen platten Kopf urteilte, und mehr noch nach einem Ding wie einem Schwanz oder einem zusätzlichen Glied, das hinten hochstand und wie ein ekelhafter Riesenfinger auf ein Symbol hinwies, das in die Mitte des weitläufigen steinernen Rückens eingegraben war. Ich hatte in dem matten Licht begonnen, nicht ohne Schrecken an der Hieroglyphe herumzurätseln, als etwas noch Schrecklicheres geschah. Eine Tür öffnete sich lautlos in der Tempelwand hinter mir, und ein Mann kam heraus mit braunem Gesicht und schwarzer Jacke. Er hatte ein eingraviertes Lächeln in seinem Gesicht aus kupfernem Fleisch und elfenbeinenen Zähnen; aber ich glaube, das Widerlichste an ihm war seine europäische Kleidung. Ich war, glaube ich, auf verhüllte Priester oder nackte Fakire vorbereitet. Das aber schien zu bezeugen, daß Teufelswerk die ganze Erde erobert habe. Wie ich dann herausfand, war es auch so.
    ›Wenn du nur des Affen Fuß gesehen hättest‹,

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