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Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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ihn aus dem Fenster streckte. Erinnern Sie sich nicht an Wilson, seinen großen Diener, ein Mann von riesiger Stärke, während Wynd so klein und leicht wie eine Krabbe war? Ist nicht Wilson in die Etage darüber gestiegen, um eine Flugschrift zu holen, aus einem Zimmer voller Gepäck, das mit Stricken über Stricken verschnürt war? Hat man Wilson seit jenem Tag noch einmal gesehen? Ich glaube nicht.«
    »Sie meinen«, fragte der Sekretär, »daß Wilson ihn sich direkt aus dem Fenster geangelt hat wie eine Forelle an der Angelschnur?«
    »Ja«, sagte der andere, »und ließ ihn dann wiederum aus dem anderen Fenster hinab in den Park, wo der dritte Komplize ihn in einen Baum hing. Erinnern Sie sich, daß die Straße immer leer war; erinnern Sie sich, daß die gegenüberliegende Wand völlig kahl ist; erinnern Sie sich, daß alles knapp 5 Minuten, nachdem der Ire mit der Pistole das Zeichen gegeben hatte, vorüber war. Natürlich waren sie zu dritt; und ich frage mich, ob Sie sie nicht alle erraten können.«
    Alle drei starrten das einfache viereckige Fenster und die kahle weiße Wand dahinter an; und niemand antwortete.
    »Übrigens«, fuhr Father Brown fort, »denken Sie nicht, daß ich Ihnen Vorwürfe machte, weil Sie so schnell zu übernatürlichen Schlußfolgerungen fanden. Der Grund dafür ist wirklich sehr einfach. Sie haben alle geschworen, daß Sie in der Schale hartgesottene Materialisten seien; und in Wirklichkeit balancierten Sie alle am Rande des Glaubens – des Glaubens an fast alles. Tausende balancieren heute so; aber es ist eine sehr scharfe und unbequeme Kante, wenn man daraufsitzt. Sie werden keine Ruhe finden, ehe Sie nicht irgend etwas glauben; deshalb ist Mr. Vandam die neuen Religionen mit einem Läusekamm durchgegangen, und deshalb zitiert Mr. Alboin die Bibel im Dienste seiner Religion der Atemübungen, und deshalb grollt Mr. Fenner demselben Gott, den er leugnet. Darin sind Sie alle gespalten; es ist natürlich, ans Übernatürliche zu glauben. Es erscheint nie natürlich, nur Natürliches anzunehmen. Und obgleich es nur eines kleinen Anstoßes bedurfte, um Sie in diesen Dingen ins Widernatürliche zu stoßen, waren diese Dinge doch nur natürliche Dinge. Sie waren nicht nur natürlich, sie waren auch fast unnatürlich einfach. Ich glaube, es hat niemals eine Geschichte gegeben, die so einfach wie diese war.«
    Fenner lachte und sah dann verwirrt aus. »Eins verstehe ich nicht«, sagte er. »Wenn es Wilson war, wie kam dann Wynd dazu, sich einen Mann unter so intimen Umständen zu halten? Wie kam es, daß ihn ein Mann umbrachte, den er seit Jahren täglich gesehen hat? Er war berühmt für seine Beurteilung von Menschen?«
    Father Brown stieß seinen Regenschirm mit einer Heftigkeit auf den Boden, die man selten an ihm sah.
    »Ja«, sagte er fast wütend, »deshalb wurde er umgebracht. Genau dafür wurde er umgebracht. Er wurde umgebracht, weil er ein Verurteiler von Menschen war.«
    Sie alle starrten ihn an, aber er fuhr fort, fast so, als seien sie gar nicht anwesend.
    »Was ist denn der Mensch, daß er der Beurteiler von Menschen wäre?« fragte er. »Die drei waren diese Landstreicher, die einst vor ihm standen und blitzschnell zur Rechten und zur Linken auf diesen oder jenen Platz gewiesen wurden; als ob es für sie keine Höflichkeit, keine Stufen der Vertrautheit, keinen freien Willen zur Freundschaft gäbe. Und 20 Jahre konnten die Empörung nicht erschöpfen, die aus jener bodenlosen Beleidigung in jenem Augenblick entstand, da er sich erdreistete zu glauben, er könne sie auf einen Blick erkennen.«
    »Ja«, sagte der Sekretär, »ich verstehe… und ich verstehe, wieso Sie alle Arten Dinge verstehen.«
    »Ich aber will verflucht sein, wenn ich verstehe«, schrie der lärmige Westmensch stürmisch. »Ihr Wilson und Ihr Ire scheinen mir nur ein paar gurgelschlitzender Mörder zu sein, die ihren Wohltäter umgebracht haben. Ich habe keinen Platz für solche verräterischen und blutigen Meuchler in meiner Moral, ob sie nun eine Religion ist oder nicht.«
    »Er war ein verräterischer und blutiger Meuchler, kein Zweifel«, sagte Fenner ruhig. »Ich verteidige ihn nicht; aber ich nehme an, daß es Father Browns Geschäft ist, für alle Menschen zu beten, selbst für einen Mann wie – «
    »Ja«, stimmte Father Brown zu, »es ist mein Geschäft, für alle Menschen zu beten, selbst für einen Mann wie Warren Wynd.«

Der Fluch des Goldenen Kreuzes
     
    M enschen saßen um einen kleinen

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